Seelische Gesundheit ist immer häufiger in Gefahr

Berus · Immer mehr Arbeitnehmer werden in den Landkreisen Merzig-Wadern und Saarlouis wegen psychischer Probleme krankgeschrieben. Hier sind die Ergebnisse des DAK-Gesundheitsreportes im Überblick.

Depressionen und Erkältungen haben den Krankenstand in den Landkreisen Merzig-Wadern und Saarlouis im Jahr 2013 steigen lassen. Das geht aus dem DAK-Gesundheitsreport hervor, den Walter Balzer, Leiter des Service-Zentrums Saarlouis , und Psychologe Dr. Josef Schwickerath gestern in der AHG-Klinik Berus vorstellten. Für den Report wurden die Daten von rund 14 000 Versicherten in den Kreisen Merzig-Wadern und Saarlouis ausgewertet.

Demnach ist die Zahl der Krankgeschriebenen in den beiden Landkreisen im Vergleich zum Vorjahr in 2013 um 0,3 Prozent auf 4,6 Prozent (Landesdurchschnitt 4,5 Prozent) gestiegen. Von 1000 Arbeitnehmern waren im Schnitt pro Tag 46 krankgeschrieben, drei mehr als im Vorjahr. Die beiden Kreise hatten damit nach Neunkirchen und St. Wendel den höchsten Krankenstand im Saarland.

Den größten Anstieg um knapp ein Viertel auf 14,8 Prozent gab es bei den Atemwegserkrankungen wie Erkältungen oder Bronchitis, die damit aber nur auf Platz drei landen. "Die Zahlen gehen auf die große Grippewelle, die uns im ersten Quartal 2013 richtig erwischt hat, zurück", erklärt Balzer. Die meisten Fehltage verursachte aber noch immer das Muskel-Skelett-System, also beispielsweise Rückenschmerzen oder Bandscheibenschaden, mit 19,3 Prozent des Krankenstands.

Direkt an zweiter Stelle, mit 18,8 Prozent (2012: 17,4 Prozent) und 315 Fehltagen pro 1000 Versicherten, stehen psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angstzustände. Wenige Langzeitkranke, vor allem bedingt durch psychische Erkrankungen, machen dabei fast die Hälfte aller Fehltage aus. Balzer erklärt das so: "Während Kurzzeit-Krankheiten wie Erkältungen für Arbeitgeber in der Regel leichter zu bewältigen sind, bedeuten längere Erkrankungen wie seelische Leiden meist größere Probleme."

Dieser Trend zeichnet sich auch im gesamten Saarland ab: Seit dem Jahr 2000 sind die Fehltage durch psychische Erkrankungen um 208 Prozent gestiegen. Und wieso diese Entwicklung?

Dr. Schwickerath von der AHG-Klinik führt sie neben anderen Faktoren zurück auf die immer stärker werdende Beschleunigung in der Arbeitswelt: "Die Arbeitswelt wird immer anspruchsvoller, differenzierter und geht mit vielen Forderungen wie beispielsweise Flexibilität einher." Dem gegenüber stünden aber oft relativ starre Arbeitsbedingungen. "Wenn der Druck zu groß wird und man die eigenen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen kann, dann entsteht ein chronischer Stress", resümiert der Psychologe.

Wie kann man dem entgegenwirken? Da seien zwei Parteien gefordert, Arbeitgeber wie Arbeitnehmer, sind sich Balzer und Schwickerath einig. Der Arbeitgeber könne mit Familienkonzepten, flexiblen Arbeitsmodellen und einem effektiven betrieblichen Gesundheitsmanagement seinen Beitrag leisten. Wichtig sei es aber, dass jeder Einzelne auf sich selbst achtet. Schwickeraths Botschaft: "Jeder sollte sich und seinen Körper ernst nehmen, um Krankheiten präventiv entgegenzuwirken." "Zwischen 30 und 40 muss alles passieren: heiraten, Kinder kriegen, sich im Job etablieren", sagt Walter Balzer von der DAK-Gesundheit zur so genannten Rush-Hour-Generation - den 25- bis 39-Jährigen. Die Krankenkasse hat bundesweit 3100 Frauen und Männer zwischen 25 bis 40 Jahren befragt, ob diese Gruppe stärker unter Stress steht als andere Altersgruppen.

Fazit: Obwohl viele Männer und Frauen in dieser Lebensphase wegen Mehrfachbelastung unter Druck stehen, wirkt sich das nicht bei den Krankschreibungen aus. Die Studie ergibt außerdem: Erwerbstätige Eltern leiden nicht mehr unter chronischem Stress als Berufstätige ohne Kinder. Allerdings, sagt Balzer, dürfe "der niedrige Krankenstand in dieser Gruppe nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich in diesem Alter bereits erste Ansätze für chronische Krankheiten bilden".

Meinung:

Handeln, bevor es zu spät ist

Von SZ-RedakteurinLaura Blatter

Ja, ich kann so einiges für meine Gesundheit tun: Ich kann mich gesund ernähren, Sport treiben - mein persönliches Gleichgewicht finden. Aber was nutzt es mir, wenn's mir zu Hause gut geht, mich die Arbeit aber krank macht?

Dass sich die Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen im Saarland in nur 13 Jahren verdreifacht haben, spricht ja schon für sich. Will der Arbeitgeber das wichtigste Gut seines Unternehmens - die Arbeitskraft seiner Mitarbeiter - erhalten, muss er etwas dafür tun. Und zwar bevor es zu spät ist.

Auch wenn's kostet. Denn irgendwann zahlt es sich aus.

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