„Stille Nacht“ und Kanonendonner

Am selben Tag meldete die Merziger Zeitung aber auch folgendes: "Merzig bekommt Kartoffeln ! - Die Stadtverwaltung hat 500 Zentner gute Speisekartoffeln durch Vermittlung des Bürgermeisters von Losheim erstanden und gibt 300 Zentner zu 4,00 Mark pro Zentner an die hiesige Einwohnerschaft ab. 200 Zentner verbleiben für die Stadtarmen. Da die Kartoffeln bereits unterwegs sind, möge man sich auf dem Bürgermeisteramt gleich melden. Weitere große Lieferungen folgen in kurzen Abständen. Die Bürgerschaft ist der Stadtverwaltung und dem Bürgermeister von Losheim zu Dank verpflichtet." Der Donner der Geschütze war nun immer häufiger zu hören, wie der Meldung der Merziger Zeitung vom 7. November zu entnehmen ist: "Von hier aus kann man deutlich den Kanonendonner bei Verdun vernehmen; es sind meistens schwere Geschütze, die man hört. Wenn unsere ‚dicken Brummer' einmal dort in Stellung gebracht sind, wird es Verdun ergehen wie Lüttich und Antwerpen, denn der ‚Dicken Bertha' (Anm.: Soldaten-Jargon für eine spezielle Kanone) und ihren gleichnamigen Schwestern kann nichts Stand halten." Am 20. November lautete eine Notiz: "Am letzten Sonntag wurde hier wieder heftiger Kanonendonner sogar von der Wohnung aus gehört. Der Schall wird von Verdun hergekommen sein (Luftlinie 80 - 90 Kilometer). Die Festung soll jetzt fast ganz umzingelt sein und bald wird die ‚Dicke Bertha' ihr gewichtiges Wort sprechen." "Schwer- und leicht Verwundete kamen gestern an, in Beckingen , Merzig und Mettlach je 60 Mann. Die im hiesigen Kreiskrankenhaus noch befindlichen leicht Verwundeten machten dem neuen Trupp gestern Abend Platz. Sie marschierten so gut es ging, singend nach dem Anstaltslazarett", meldete das Merziger Blatt am 25. November. Am 9. Dezember 1914 hieß es: "Vorgestern kamen wieder 60 Verwundete hier an, welche auf das Kreiskrankenhaus, die Kinderbewahrschule und die Anstalt verteilt wurden. - Wie bekannt, hat vor einigen Wochen der älteste Sohn unseres Herrn Bürgermeisters, der Fahnenjunker und Referendar Edgar Thiel den Heldentod fürs Vaterland erlitten. Er soll bei einem Sturmangriff von 5 oder 6 Kugeln getroffen worden sein. Seine Tapferkeit wurde nachträglich zur Verleihung des Eisernen Kreuzes anerkannt, welches den betrübten Eltern gestern zugesandt worden ist. - Bis jetzt haben 710 Israeliten das Eiserne Kreuz 2. Klasse erhalten, 3 dasjenige 1. Klasse. Mehrere Vizefeldwebel der Reserve avancierten zu Offizieren infolge Tapferkeit." Tags darauf berichtete der Dillinger Anzeiger über folgendes Ereignis: "Beckingen , 8. Dezember - Ein eigenartig rührendes, zugleich ehrendes Schauspiel hatte viele Zuschauer angezogen. Durch einen Sonderzug waren 400 Zivilisten, französische alte Männer, Frauen und Kinder als Schutzgefangene in den Kreis und ein Teil auch nach hier verbracht worden, um auf einige Bürgermeistereien verteilt Unterkunft zu finden. Dieselben stammen aus Orten des Kampfgebietes her, welches sie verlassen mussten, um wenigstens ihr Leben zu retten. Mit größter Opfer- und Bereitwilligkeit hatten sich Leute genug gemeldet, sich der Armen anzunehmen und ihnen Unterkunft und Pflege zu gewähren. Von auswärts liegenden Orten kamen sie auf eigens hergerichteten Wagen ihre neue Pfleglinge abzuholen, um edle werktätige Nächstenliebe an ihnen zu üben. Gott lohne es ihnen! Ob unsere Gegner im umgekehrten Verhältnisse auch so edel handeln würden, die uns Barbaren nennen wollen?" Die in den ersten Kriegswochen in Merzig stationierte Landsturm-Kompanie muss wohl Ende September oder im Oktober 1914 an die Ostfront abkommandiert worden sein. Dies ist jedenfalls der folgenden Meldung der Merziger Zeitung zu entnehmen, wo es heißt: "Eine ansehnliche Sendung Weihnachtsgaben ging vor einigen Tagen an unsere Landsturm-Kompanie im Osten ab. Sie bestand hauptsächlich aus 250 Einzelpaketchen, jedes hübsch verpackt in buntem Seidenpapier und geschmückt mit dem weihnachtlichen Tannenreis und einem Postkartenbildchen der Heimatstadt. Inhalt: große und kleine Wollsachen, Taschentücher, Schokolade und Pfeifchen, Süßigkeiten und kleine Zugaben, wie Briefpapier, Bleistifte, Notizbücher und Nähzeuge. Außerdem konnten wir mehrere Kisten mit großen Mengen Zigarren, Tabak, Zigaretten, Keks, Lebkuchen und Pfeffernüssen, sehr schönem Weihnachtsbackwerk, teils sogar hausgebacken, Wein, Rum und Punschessenz senden. Sogar für Weihnachtskerzen und Christbaumschmuck war gesorgt. Der Überschuss an Geld wurde auf Wunsch eines Spenders Herrn Hauptmann Deuster zur Verfügung gestellt, damit er etwa bedürftige Leute im Laufe des Winters davon unterstützen könne. Wir dürfen gewiss sein, echte Weihnachtsfreude mit diesen Liebesgaben zu bereiten. Deshalb sei hier noch einmal der gebefreudigen Merziger Bürgerschaft aufs Herzlichste gedankt." Der Nachschub an Verwundeten für die Lazarette im Kreisgebiet riss auch in den Herbstmonaten nicht ab, wie einer Vielzahl von Meldungen zu entnehmen ist. Am 16. Dezember notierte die Merziger Zeitung beispielsweise: "Gestern, ab Spätabend kam wieder ein Trupp verwundeter Krieger auf hiesiger Station an, von wo aus 30 in das Anstaltslazarett und 15 per Wagen ins Kreiskrankenhaus verbracht wurden. Die Verwundeten kommen aus der Gegend hinter Metz. Dort ist wieder ein mächtiger Kampf entbrannt. Man sieht von Metz aus sogar Rauch aufsteigen. Es wird bei Pont-á-Mousson sein." Auch der Kanonendonner von der Front war in diesen Tagen und Wochen immer wieder zu hören. Am 18. Dezember meldete die Merziger Zeitung: "Gestern den ganzen Tag über und bis in die Nacht hinein konnte man schweren Kanonendonner, Richtung Metz, Pont-à-Mousson, hören. Bald wird vielleicht einmal die ‚Dicke Bertha' dort zum Sprechen kommen und dem Artillerie-Duell ein Ende machen." Zwei Tage vor Heiligabend waren die Kämpfe an der Front unverändert im Gang. Denn am 23. Dezember meldete die Merziger Zeitung: "Gestern den ganzen Tag, bis spät in die Nacht hinein, hörte man von Westen her Kanonendonner, darunter auch ganz schwere Geschütze, deren Dröhnen in exponierten Häusern die Fensterscheiben erzittern ließ. Heute früh ging der Tanz gleich wieder los. Wir lassen den Franzosen keine Ruh, denn ‚Beharrlichkeit führt zum Ziel!'. Es handelt sich um Kämpfe bei Verdun, nicht bei Pont-à-Mousson, wie manche glauben. Der eiserne Ring um Verdun zieht sich immer fester zusammen. Das merken die Feinde und machen verzweifelte Versuche, die Deutschen abzuweisen, aber sie werden es nicht fertig bringen. Die starke Festung wird bald mit ihrer ganzen Besatzung in unsere Hände fallen. Hätten wir nur mal ‚den Verduun aus dem Dragonerwäldchen', wie die Bauersfrau sagte. - 1870/71 dauerte die Belagerung dieser Festung zwei Monate und letztere war lange nicht so stark wie jetzt nach 44 Jahren; wir hatten aber damals keine so weittragenden, vernichtenden Geschütze wie heute. - Es ist ein sonderbares Gefühl, dass man in unserer Gegend französische Kanonen hört. Verdun ist in Luftlinie circa 100 km von hier entfernt. 70 hörten wir die Kanonen von Spichern und Diedenhofen." Angesichts der vorstehend zitierten Meldungen vom Herbst 1914, wo es um Kampfhandlungen an der Front, um Verwundete und sonstige Dinge geht, die mit dem Krieg zu tun haben, vermittelt die nachfolgende Meldung der Merziger Zeitung vom 16. Dezember 1914 doch irgendwie etwas von Normalität, wenn es darin heißt: "Es werde Licht! - Die Ortschaften, Merchingen, Hargarten, Erbringen, Reimsbach, Oppen, Harlingen und Bietzen werden jetzt mit elektrischem Licht gespeist. Nun darf das Petroleum noch so teuer werden - was liegt den Bewohnern obiger Ortschaften daran!" Lazarette voll belegt

 Im Lazarett in Beckingen wurden auch leicht verwundete Soldaten von Ärzten und dem Pflegepersonal versorgt. FOTO: ARCHIV ERICH KAISER

Im Lazarett in Beckingen wurden auch leicht verwundete Soldaten von Ärzten und dem Pflegepersonal versorgt. FOTO: ARCHIV ERICH KAISER

Am selben Tag meldete die Merziger Zeitung aber auch folgendes: "Merzig bekommt Kartoffeln ! - Die Stadtverwaltung hat 500 Zentner gute Speisekartoffeln durch Vermittlung des Bürgermeisters von Losheim erstanden und gibt 300 Zentner zu 4,00 Mark pro Zentner an die hiesige Einwohnerschaft ab. 200 Zentner verbleiben für die Stadtarmen. Da die Kartoffeln bereits unterwegs sind, möge man sich auf dem Bürgermeisteramt gleich melden. Weitere große Lieferungen folgen in kurzen Abständen. Die Bürgerschaft ist der Stadtverwaltung und dem Bürgermeister von Losheim zu Dank verpflichtet."

Der Donner der Geschütze war nun immer häufiger zu hören, wie der Meldung der Merziger Zeitung vom 7. November zu entnehmen ist: "Von hier aus kann man deutlich den Kanonendonner bei Verdun vernehmen; es sind meistens schwere Geschütze, die man hört. Wenn unsere ‚dicken Brummer' einmal dort in Stellung gebracht sind, wird es Verdun ergehen wie Lüttich und Antwerpen, denn der ‚Dicken Bertha' (Anm.: Soldaten-Jargon für eine spezielle Kanone) und ihren gleichnamigen Schwestern kann nichts Stand halten."

Am 20. November lautete eine Notiz: "Am letzten Sonntag wurde hier wieder heftiger Kanonendonner sogar von der Wohnung aus gehört. Der Schall wird von Verdun hergekommen sein (Luftlinie 80 - 90 Kilometer). Die Festung soll jetzt fast ganz umzingelt sein und bald wird die ‚Dicke Bertha' ihr gewichtiges Wort sprechen."

"Schwer- und leicht Verwundete kamen gestern an, in Beckingen , Merzig und Mettlach je 60 Mann. Die im hiesigen Kreiskrankenhaus noch befindlichen leicht Verwundeten machten dem neuen Trupp gestern Abend Platz. Sie marschierten so gut es ging, singend nach dem Anstaltslazarett", meldete das Merziger Blatt am 25. November.

Am 9. Dezember 1914 hieß es: "Vorgestern kamen wieder 60 Verwundete hier an, welche auf das Kreiskrankenhaus, die Kinderbewahrschule und die Anstalt verteilt wurden. - Wie bekannt, hat vor einigen Wochen der älteste Sohn unseres Herrn Bürgermeisters, der Fahnenjunker und Referendar Edgar Thiel den Heldentod fürs Vaterland erlitten. Er soll bei einem Sturmangriff von 5 oder 6 Kugeln getroffen worden sein. Seine Tapferkeit wurde nachträglich zur Verleihung des Eisernen Kreuzes anerkannt, welches den betrübten Eltern gestern zugesandt worden ist. - Bis jetzt haben 710 Israeliten das Eiserne Kreuz 2. Klasse erhalten, 3 dasjenige 1. Klasse. Mehrere Vizefeldwebel der Reserve avancierten zu Offizieren infolge Tapferkeit."

Tags darauf berichtete der Dillinger Anzeiger über folgendes Ereignis: "Beckingen , 8. Dezember - Ein eigenartig rührendes, zugleich ehrendes Schauspiel hatte viele Zuschauer angezogen. Durch einen Sonderzug waren 400 Zivilisten, französische alte Männer, Frauen und Kinder als Schutzgefangene in den Kreis und ein Teil auch nach hier verbracht worden, um auf einige Bürgermeistereien verteilt Unterkunft zu finden. Dieselben stammen aus Orten des Kampfgebietes her, welches sie verlassen mussten, um wenigstens ihr Leben zu retten. Mit größter Opfer- und Bereitwilligkeit hatten sich Leute genug gemeldet, sich der Armen anzunehmen und ihnen Unterkunft und Pflege zu gewähren. Von auswärts liegenden Orten kamen sie auf eigens hergerichteten Wagen ihre neue Pfleglinge abzuholen, um edle werktätige Nächstenliebe an ihnen zu üben. Gott lohne es ihnen! Ob unsere Gegner im umgekehrten Verhältnisse auch so edel handeln würden, die uns Barbaren nennen wollen?"

Die in den ersten Kriegswochen in Merzig stationierte Landsturm-Kompanie muss wohl Ende September oder im Oktober 1914 an die Ostfront abkommandiert worden sein. Dies ist jedenfalls der folgenden Meldung der Merziger Zeitung zu entnehmen, wo es heißt: "Eine ansehnliche Sendung Weihnachtsgaben ging vor einigen Tagen an unsere Landsturm-Kompanie im Osten ab. Sie bestand hauptsächlich aus 250 Einzelpaketchen, jedes hübsch verpackt in buntem Seidenpapier und geschmückt mit dem weihnachtlichen Tannenreis und einem Postkartenbildchen der Heimatstadt. Inhalt: große und kleine Wollsachen, Taschentücher, Schokolade und Pfeifchen, Süßigkeiten und kleine Zugaben, wie Briefpapier, Bleistifte, Notizbücher und Nähzeuge. Außerdem konnten wir mehrere Kisten mit großen Mengen Zigarren, Tabak, Zigaretten, Keks, Lebkuchen und Pfeffernüssen, sehr schönem Weihnachtsbackwerk, teils sogar hausgebacken, Wein, Rum und Punschessenz senden. Sogar für Weihnachtskerzen und Christbaumschmuck war gesorgt. Der Überschuss an Geld wurde auf Wunsch eines Spenders Herrn Hauptmann Deuster zur Verfügung gestellt, damit er etwa bedürftige Leute im Laufe des Winters davon unterstützen könne. Wir dürfen gewiss sein, echte Weihnachtsfreude mit diesen Liebesgaben zu bereiten. Deshalb sei hier noch einmal der gebefreudigen Merziger Bürgerschaft aufs Herzlichste gedankt."

Der Nachschub an Verwundeten für die Lazarette im Kreisgebiet riss auch in den Herbstmonaten nicht ab, wie einer Vielzahl von Meldungen zu entnehmen ist. Am 16. Dezember notierte die Merziger Zeitung beispielsweise: "Gestern, ab Spätabend kam wieder ein Trupp verwundeter Krieger auf hiesiger Station an, von wo aus 30 in das Anstaltslazarett und 15 per Wagen ins Kreiskrankenhaus verbracht wurden. Die Verwundeten kommen aus der Gegend hinter Metz. Dort ist wieder ein mächtiger Kampf entbrannt. Man sieht von Metz aus sogar Rauch aufsteigen. Es wird bei Pont-á-Mousson sein."

Auch der Kanonendonner von der Front war in diesen Tagen und Wochen immer wieder zu hören. Am 18. Dezember meldete die Merziger Zeitung: "Gestern den ganzen Tag über und bis in die Nacht hinein konnte man schweren Kanonendonner, Richtung Metz, Pont-à-Mousson, hören. Bald wird vielleicht einmal die ‚Dicke Bertha' dort zum Sprechen kommen und dem Artillerie-Duell ein Ende machen."

Zwei Tage vor Heiligabend waren die Kämpfe an der Front unverändert im Gang. Denn am 23. Dezember meldete die Merziger Zeitung: "Gestern den ganzen Tag, bis spät in die Nacht hinein, hörte man von Westen her Kanonendonner, darunter auch ganz schwere Geschütze, deren Dröhnen in exponierten Häusern die Fensterscheiben erzittern ließ. Heute früh ging der Tanz gleich wieder los. Wir lassen den Franzosen keine Ruh, denn ‚Beharrlichkeit führt zum Ziel!'. Es handelt sich um Kämpfe bei Verdun, nicht bei Pont-à-Mousson, wie manche glauben. Der eiserne Ring um Verdun zieht sich immer fester zusammen. Das merken die Feinde und machen verzweifelte Versuche, die Deutschen abzuweisen, aber sie werden es nicht fertig bringen. Die starke Festung wird bald mit ihrer ganzen Besatzung in unsere Hände fallen. Hätten wir nur mal ‚den Verduun aus dem Dragonerwäldchen', wie die Bauersfrau sagte. - 1870/71 dauerte die Belagerung dieser Festung zwei Monate und letztere war lange nicht so stark wie jetzt nach 44 Jahren; wir hatten aber damals keine so weittragenden, vernichtenden Geschütze wie heute. - Es ist ein sonderbares Gefühl, dass man in unserer Gegend französische Kanonen hört. Verdun ist in Luftlinie circa 100 km von hier entfernt. 70 hörten wir die Kanonen von Spichern und Diedenhofen."

Angesichts der vorstehend zitierten Meldungen vom Herbst 1914, wo es um Kampfhandlungen an der Front, um Verwundete und sonstige Dinge geht, die mit dem Krieg zu tun haben, vermittelt die nachfolgende Meldung der Merziger Zeitung vom 16. Dezember 1914 doch irgendwie etwas von Normalität, wenn es darin heißt: "Es werde Licht! - Die Ortschaften, Merchingen, Hargarten, Erbringen, Reimsbach, Oppen, Harlingen und Bietzen werden jetzt mit elektrischem Licht gespeist. Nun darf das Petroleum noch so teuer werden - was liegt den Bewohnern obiger Ortschaften daran!"

Lazarette voll belegt

Auch über die Weihnachtsfeiertage waren die Lazarette im Kreisgebiet voll belegt mit Verwundeten. Es verwundert daher auch nicht, dass Weihnachtsfeiern in den Einrichtungen stattfanden. Aus Merzig wurde in diesem Zusammenhang am 24. Dezember berichtet: "Eine erhebende Weihnachtsfeier fand gestern für die verwundeten Krieger im hiesigen Kreiskrankenhaus statt. Ein großer Christbaum war den Tapferen prächtig geschmückt worden, um ihnen auch fern der Heimat ein Weihnachtsfest zu bereiten. Nach dem von den Helferinnen gesungenen Lied "Stille Nacht" wurden den Verwundeten die zahlreichen praktischen und schönen Geschenke überreicht und der Cäcilien-Verein trug einige Weihnachtslieder stimmungsvoll vor. - Hierauf hielt Herr Pastor Müller eine ergreifende und zu Herzen gehende Ansprache über das Weihnachtsthema ‚Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden, die eines guten Willens sind!'. Zum Schluss der Feier sang der Kirchenchor das bekannte Lied ‚Menschen, die ihr wart verloren'. Für die Verwundeten und die Spitzen der Behörden fand dann ein Abendessen in dem patriotisch geschmückten Festsaal statt, wobei die Helferinnen aufwarteten. Herr Pfarrer Reiners brachte in erhebender Weise den Kaisertoast zum Ausdruck. Das vorzüglich bereitete Mahl fand allseitig den größten Beifall. Namens der Verwundeten dankte Fähnrich Erich Deuster und eine Hauptfreude bereitete Herr Medizinalrat Dr. Bieson, in dem er einen mehrtägigen Urlaub für eine große Anzahl der Krieger mitteilen konnte. Verschiedene von den Verwundeten mit Begeisterung gesungene patriotische Lieder beschlossen die wohl gelungene Festlichkeit, welche für unsere Krieger wohl für lange Zeit eine schöne und angenehme Erinnerung bleiben wird. Es sei hier noch lobend erwähnt, dass der Cäcilien-Verein für jeden Verwundeten eine Tüte Leckeres extra gestiftet hat. Welch guten Eindruck die Feier auf die Verwundeten machte, geht aus den Herzensergüssen einiger dieser Leute hervor. Einer sagte zu einer Helferin in höchster Ekstase: ‚Und wenn ich 130 Jahre alt werde, so vergesse ich die Weihnachtsfeier in Merzig nicht!' Ein anderer hüpfte, so gut es sein zerschossenes Bein eben ermöglichte, im Kreise herum mit dem Ausspruch: ‚Oh, welche Lust Soldat zu sein!' Solche Worte sind das größte Lob, das der Veranstaltung gespendet werden kann und es liegt auch ein herzlicher Dank darin."

Nicht anders war es im Beckinger Lazarett, wie einem Bericht der Merziger Zeitung vom 28. Dezember zu entnehmen ist: "Auf Veranlassung des Roten Kreuzes und unter der Leitung des Herrn Fabrikbeamten Bill fand im hiesigen Krankenhaus für die verwundeten Krieger eine erhebende Weihnachtsfeier statt. In dem festlich geschmückten Saal hatten sich neben anderen Eingeladenen über 100 Soldaten versammelt. Die Feier begann mit einem Marsch, der von Schülern des Dillinger Gymnasiums gespielt wurde. Dann hielt nach dem gemeinsam gesungenen Lied ‚Stille Nacht' Herr Pastor Flech eine ergreifende Ansprache an die Verwundeten, worauf Herr Lazarett-Inspektor Eschwege ein dreifaches Hurra auf seine Majestät ausbrachte. Nun richtete Herr Geheimrat Karcher bewegte Worte an die Soldaten und ermahnte sie, nach ihrer Rückkehr ins Feld tapfer weiter zu kämpfen, dabei aber stets menschlich zu sein und den gefangenen Gegner zu achten. Darauf brachte er ein dreifaches Hoch auf unser siegreiches Heer aus. Es lag eine tiefe Weihnachtsstimmung über der Feier. Mit Wehmut gedachte wohl mancher der Krieger der Lieben daheim und manches Auge wurde feucht - und aus weiter Ferne schallte dumpf der Donner der Geschütze. Durch sein seelenvolles Spiel trug Herr August Walter aus Merzig , der in weiteren Kreisen als vorzüglicher Violinspieler bekannt ist, viel zur Verschönerung des Festes bei. Es folgte nun die Verteilung der nützlichen und schönen Geschenke an die Verwundeten, worauf einer der Krieger in poetischer Form für die gute Pflege und die reichlichen Gaben seinen Dank abstattete. Den Schluss der Feier bildete ein Musikstück, das von Herrn und Frau Dr. Sebastian und Herrn Walter vorzüglich zum Vortrag gebracht wurde. So dürfen die Veranstalter und Mitwirkenden des schönen Festes gewiss sein, unseren verwundeten Kriegern eine erhebende und stimmungsvolle Weihnachtsfeier bereitet zu haben."

Für die Soldaten an der Front waren die Weihnachtstage allerdings nicht so erhebend und stimmungsvoll. Vielmehr notierte die Merziger Zeitung am 29. Dezember 1914: "An den Weihnachtstagen war der Feind im Westen, wie voraus zu sehen war, äußerst rührig. Seine Angriffe wurden aber alle unter schweren Verlusten zurückgewiesen. Auch südöstlich von Verdun, das ist die Gegend, aus der wir das lebhafte Kanonenfeuer hörten, waren die Angriffe für die Franzosen resultatlos. Sie verloren aber eine Menge Tote und Verwundete, so dass sie es lieber hätten bleiben lassen sollen, unseren Soldaten das Weihnachtsfest zu vergellen."

Tags zuvor hatte das Blatt über die Feiertage berichtet: "Das Wetter war während der Feiertage recht befriedigend: knochenhart gefroren, windstill und Sonnenschein, so dass viele Naturfreunde weite Spaziergänge unternahmen. Leider war das Eis auf stehenden Gewässern noch nicht stark genug, um den Schlittschuhsport zu gestatten, was wir der Jugend in den Weihnachtsferien gerne gegönnt hätten. Nun ist seit gestern Abend alle Aussicht auf Eiswetter in das alte Nass zerflossen. Das Ende des ereignisvollen Jahres 1914 werden wir also voraussichtlich bei Sudelwetter erleben müssen. Es ist aber egal - wenn es nur mal hinter uns liegt! Mit neuen Hoffnungen werden wir das neue Jahr begrüßen, welches uns den Frieden bringen wird."

Gerade die am Schluss geäußerte Hoffnung auf Frieden sollte sich jedoch noch fast vier Jahre lang nicht erfüllen. < Schluss.

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