In einer ganz eigenen Mundart

Ballern · Sie macht Heimat nicht an einem Ort, sondern an Menschen fest: Gerda Scheuer, Tochter deutsche Eltern aus Biringen, schildert in ihrem Buch „Schöne Kindertage“ ihre engen Kontakte zu Frankreich.

 In ihrem Buch „Schöne Kindertage“ hat Gerda Scheuer ihre Kindheitserinnerungen zwischen Biringen und Waldwisse schriftlich festgehalten. Foto: Carolin Merkel

In ihrem Buch „Schöne Kindertage“ hat Gerda Scheuer ihre Kindheitserinnerungen zwischen Biringen und Waldwisse schriftlich festgehalten. Foto: Carolin Merkel

Foto: Carolin Merkel

Gerda Scheuer redet, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Oder würde bei ihr nicht viel besser "wie ihr Herz schlägt", zutreffen? Denn Gerda Scheuer, Tochter deutscher Eltern aus Biringen, hat durch ihre regen Kontakte mit den Franzosen über der Grenze vor allem in ihrer Kindheit ihre ganz eigene Mundart entwickelt. "Ich fand das toll, dass ich mit meinem Biringer Platt in Waldwisse einkaufen gehen konnte und mich alle Leute verstanden haben. Schließlich konnte ich damals kein einziges Wort Französisch", erzählt sie und lacht.

Warum sie damals, Anfang der 1960er Jahre, jede Woche über die Grenze ins benachbarte Frankreich gewandert ist, ist für sie lange schon kein Geheimnis mehr. "Ich wurde zum Schmuggeln geschickt. In Biringen gab es gar nichts, drüben in Waldwisse dagegen alles, was das Herz begehrte", erzählt sie. Bis heute herrscht bei ihr Unverständnis darüber, dass plötzlich ein Grenzbaum darüber entschied, bis wohin die Menschen sich bewegen durften.

"Mein Vater hatte einen französischen Schreiner-Kollegen, es gab in der Familie Verheiratungen über die Grenze und selbst meine Hebamme wurde aus Waldwisse gerufen", erzählt sie. Die hat sie auch nach der Einrichtung der Grenze immer wieder in Waldwisse getroffen und ein kleines Schwätzchen gehalten.

Offenheit bewahrt

Diese Offenheit, sagt sie, hat sie sich für ihr Leben bewahrt. "Ich gehe auf die Leute zu und bin bereit, ihnen etwas zu geben. Nur so kann ich auch was zurückbekommen", erklärt die Autorin. Nun sitzt sie in ihrem Wohnzimmer in Merzig-Ballern, in den Händen das druckfrische Buch.

In Ballern, sagt Scheuer, wohnt sie schon seit mehr als 30 Jahren. "Meine Heimat mache ich nicht an einem Ort, sondern an den Menschen, die in meinen Herzen sind, fest. Das könnte durchaus auch in Singapur sein", erklärt sie.

Von ihrer ersten Heimat handelt das Buch "Schöne Kindertage", das Gerda Scheuer, geborene Mohr, nun veröffentlicht hat. Ein Buch zu schreiben, das schien der Malerin und Künstlerin bis vor kurzem noch in weiter Ferne. "Und jetzt sitze ich hier und halte es in meinen Händen", sagt sie.

Es könne durchaus sein, dass es das einzige Buch bliebe, doch die Erinnerungen, die sie auf den gut 90 Seiten in Texten und Fotos festgehalten hat, sind nur ein Bruchteil dessen, was die 1957 geborene Grenzgängerin zu erzählen hat. "Ich habe an vielen Stellen gekürzt, will die Leute ja nicht langweilen", sagt sie. Aufgeschrieben hat sie ihre Erinnerungen an einem Wochenende, nachdem die vier Töchter und deren Freunde sie immer wieder dazu angetrieben haben.

Erfunden hat sie nichts

"Ich habe meinen Kindern und deren Freunden viele Jahre von meinen Erinnerungen erzählt. Einmal hat ein Junge gesagt, es sei aber toll, wie ich so schnell Geschichten erfinden könne", erinnert sich Scheuer. "Nein, erfunden ist an meinen Erinnerungen nichts, ich habe nur manche Dinge weggelassen, ich möchte niemanden in meinen Aufzeichnungen beleidigen." Nun freut sie sich, bei Lesungen in Merzig, aber auch in ihrer alten Heimat Biringen in ihrer unverwechselbaren Mundart die Zuhörer mitzunehmen in die Zeit ihrer Kindheit.

Die Autorenlesung mit Gerda Scheuer ist am Sonntag, 25. September, um 16 Uhr bei Bock&Seip in Merzig, Poststraße. Das Buch "Schöne Kindertage" von Gerda Scheuer erzählt auf 90 Seiten in moselfränkischer Mundart von ihren Erinnerungen aus den 1960er Jahren. Das Buch ist erschienen im BookFab Selfpublishing Verlag, kostet 12,90 Euro und ist unter der ISBN 978-3-945480-22-9 erhältlich.

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