„Zweierbeziehung“ zu Gott

Losheim · Was die Reformation für uns heute bedeutet. Ein Beitrag von Dr. Alexander Sudahl, Prädikant der evangelischen Kirchengemeinde Wadern-Losheim.

Zentraler Punkt der reformatorischen Botschaft ist für mich die Freiheit. Das heißt, dass es der Kirche oder dem Staat oder schlicht anderen Menschen nicht zusteht, mir mein Verhältnis zu Gott vorzuschreiben. Dass mein Verhältnis zu Gott eine "Zweierbeziehung" ist. Die Fragen: Ist Gott eine Person? Oder verstehe ich unter Gott alles, was gut und richtig ist auf dieser Welt? Oder halte ich mich an das biblische Gebot, dass ich mir von Gott eben keine Vorstellung machen soll? Wie lebe ich meine Spiritualität? Tägliches Gebet oder gelegentlicher Kirchgang oder ganz ohne Gemeinschaft mit anderen Gläubigen auf eine ganz andere Art und Weise?

Die Antworten hierauf sind in meiner Persönlichkeit begründet. Diese resultiert aus meiner Erziehung, meiner Bildung, dem Umfeld, in dem ich aufgewachsen bin, den guten und schlechten Erfahrungen, die ich im Leben gemacht habe, in der Kultur, in der ich lebe. Und sie sind deshalb einzig, so wie es bin. Deshalb ist meine Beziehung, die eines jeden Menschen zu Gott, meine Spiritualität einzig.

Das große Verdienst der Reformation ist, dass sie der Kirche die Oberhoheit über den persönlichen Glauben entzieht. Auch wie der Glaube zu leben ist, ist mein Ding. Was, wie und wie oft ich bete, in die Kirche gehe oder in der Bibel lese. Oder, welches Bild ich mir von Gott mache. Die Einsicht, dass jeder Mensch Gott nun einmal auf seine eigene Art und Weise "erkennt", das ist für mich die Reformation.

Die Reformation war eine kirchenkrititsche Bewegung. Das merkt man den Protestanten bis heute an. Evangelische Christinnen und Christen akzeptieren mit Mehrheit keine Kirche, die ihnen Vorschriften macht.

Woher weiß ich aber, dass Gott das so gut findet, dass diese Freiheit in Ordnung ist? Das kommt durch die verzeihende Liebe Gottes. Wir nennen das die Gnade und, daraus folgend, die Rechtfertigung des Menschen, die zweite Säule der Reformation. Das heißt, dass Gott uns so akzeptiert, wie wir sind, in all unserer Unvollkommenheit. Und das schließt unsere persönliche Religiosität natürlich voll mit ein.

Gott sei Dank.

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