Benefizkonzert Ein Tag des Dialoges und des Miteinanders

Losheim · Ein Benefizkonzert gegen Fremdenfeindlichkeit und für die Flüchtlinge aus Syrien haben jetzt fünf junge Leute aus dem Landkreis Merzig-Wadern organisiert. Am kommenden Samstag steigt das Konzert mit regionalen Bands im Losheimer Kino.

 Die Syrerin Sivana mit dem Ehepaar Katharina und Kurt Remmel. Foto: Markus Markmeyer

Die Syrerin Sivana mit dem Ehepaar Katharina und Kurt Remmel. Foto: Markus Markmeyer

Foto: Markus Markmeyer

An der Wand des kleinen Nebenraumes in der Niedtalhalle in Siersburg flimmern viele Bilder. Eindrücke aus einem Syrien vor dem Krieg, vor dem Islamischen Staat, vor all der Zerstörung in Aleppo, Damaskus und den vielen anderen Städten.

Alte Kulturdenkmäler , die inzwischen in Trümmern liegen, strahlen hier immer noch in vollem Glanz und als Bilder der syrischen Nationalgerichte an die Wand geworfen werden, geht ein hungriges Raunen durch die Menge der Zuschauer.

Neben dem Beamer stehen zwei junge Syrer, Sivana und Amen, die den versammelten Menschen auf Deutsch und Arabisch die Zusammensetzung und Herkunft der Speisen erläutern. Es ist den beiden ein Anliegen, den gekommenen Deutschen einmal das Syrien vorzustellen, das noch nicht vom Krieg gebeutelt unsere Nachrichten füllt. Den Rahmen für ihren Vortrag bildet das "Begegnungs- und Mitbringfest", das am 4. September in Siersburg stattgefunden hat. Organisiert wurde es von der Initiative "Grenzenlos Miteinander", die sich seit dem letzten Jahr ehrenamtlich für die Flüchtlinge in Siersburg und Umgebung einsetzt.

Eine dieser Flüchtlinge ist auch die junge Sivana, die den Vortrag über Syrien vor dem Krieg hält. Sie kommt aus der Nähe der syrischen Stadt Aleppo. Ihre Reise führte sie, wie viele andere ihrer Landsleute, über die Türkei und Griechenland. Von Athen flog sie nach Rom, dann nach München und landet nach einem kurzen Zwischenstopp in Frankfurt schließlich in der Erstaufnahmeeinrichtung in Lebach.

Dort verbrachte sie einen Monat, bis sie nach Hemmersdorf und zu guter Letzt nach Rehlingen geschickt wurde. Hier kommt ihre Reise, im November letzten Jahres, vorerst zu einem Ende.

Das Ehepaar Katharina und Kurt Remmel hatte bereits vorher ein Heim für einen jungen Eritreer geboten. Da dieser jedoch ausgezogen war, nahmen die beiden Rentner die junge syrische Frau bei sich auf.

Der pensionierte Lehrer und die langjährige Mitarbeiterin des Pfarrsekretariates haben sich früh entschlossen, den vor Krieg und Terror Geflüchteten zu helfen und ihnen ein Heim zu bieten. Ein wichtiges Anliegen sei ihnen das Kennenlernen der Kultur und Lebensweise der Flüchtlinge gewesen. Sivana ist ihnen sehr dankbar und sie sieht viel Positives in ihrer neuen Heimat.

Zuerst stand sie dem Wechsel von der Metropole Aleppo zum kleinen Rehlingen etwas skeptisch gegenüber, jedoch sagt sie nun, dass das Erlernen der Sprache und das Ankommen generell in der Kleinstadt sehr gut verlaufen sei.

Auch im Falle Sivanas mahlen die Mühlen der deutschen Bürokratie langsam und die resolute Syrerin wird schnell ungeduldig. Sie will nicht ewig auf Dokumente warten, sie will arbeiten und schnellstmöglich wieder in ein geordnetes Leben einsteigen. "Sie spricht vor und kümmert sich selbstständig um die Dokumente", sagt Katharina Remmel lächelnd.

In Syrien sozial aktiv

In Syrien arbeitete sie im sozialen Bereich, leitete ein Projekt zur Unterstützung armer Familien. Auch ihr zukünftiger Berufswunsch bewegt sich in diesem Feld, sie kann sich sogar eine Tätigkeit in der humanitären Hilfe vorstellen. Momentan hilft sie mit Übersetzungen in der Bundesagentur für Arbeit , bei der sie bald eine Stelle in Saarbrücken übernehmen wird. Sivana spricht nach nur einem Jahr Deutsch und hat sich gut eingefunden.

Auch das Ehepaar Remmel kann ihrem Engagement viel Positives abgewinnen. Ihr Grundgedanke war von vornherein: "Miteinander - nicht nebeneinander leben". Schon bald nachdem sie ihre Bereitschaft kundgetan hatten, Flüchtlinge aufzunehmen, wurden sie gebeten, sich um einen jungen eritreischen Mann zu kümmern. Yohannis war Bauer, er konnte durch die Kriege und die Militärdiktatur in seinem Heimatland lange keine Schule besuchen. Als er für die Armee rekrutiert werden sollte, floh er. Yohannis blieb einige Zeit bei den Remmels, fand jedoch keine richtige Anbindung und zog am Ende wieder aus. Bald darauf zieht Sivana bei den pensionierten Eheleuten ein.

Für die Remmels kam eine Abgrenzung und das Schließen ihrer Tür nie in Frage. Kurt Remmel betont immer wieder, welche Chancen das Ankommen neuer Menschen birgt. "Wir werfen uns selbst einen Knüppel zwischen die Beine", beschwert er sich über die mangelnde Bereitschaft vieler Deutscher, die Flüchtlinge willkommen zu heißen. Für ihn sei das Miteinanderleben eine wichtige Erfahrung gewesen, die er nicht missen will. Über die vielen Menschen, die alle angekommen Menschen am liebsten wieder zurückschicken wollen, sagt er: "Wir sind nicht auf der Höhe der Zeit. Wir lernen nicht aus der Geschichte."

Gelungenes Begegnungsfest

Diese Seite Deutschlands scheint beim "Begegnungsfest" in Siersburg nicht zu existieren. Wie selbstverständlich spielen deutsche mit syrischen Kindern, eine Tischtennisplatte, ein kleines Tennisnetz und sogar eine Spielecke stehen für die kleinen Gäste bereit. Irgendwann läuft arabische Musik und einige Gäste beginnen zu tanzen. Auf den Tischen am Kopfende der Halle werden syrische und deutsche Speisen aller Art angeboten. "Dialog und Miteinander" waren für eine der Organisatorinnen, Maria Mellinger , auch hier die wichtigsten Zielpunkte. Sie ist seit einem Jahr in der "Grenzenlos Miteinander"-Initiative aktiv und ihr ist wichtig, die Kultur der ankommenden Menschen verstehen und schätzen zu lernen.

Auch Sivana hat an diesem Tag mit ihrem Vortrag dazu beigetragen, dass die Deutschen, die zum Fest gekommen sind, der syrischen Kultur ein Stück näherkommen. Es geht hier nicht um das vielbesprochene "Anpassen" der Syrer an die deutsche Kultur, sondern um ein für beide Seiten bereicherndes Miteinander. "Deutschland wird Deutschland bleiben." Diesen Satz hat Angela Merkel an all die Zweifler gerichtet, die sich seit einem Jahr in sozialen Netzwerken und auf der Straße gegen ihre Flüchtlingspolitik positionieren. Er soll eine Beruhigung darstellen für alle "besorgten Bürger", deren lautstarkes "Merkel muss weg" die politischen Debatten Deutschlands beherrscht. Und nicht zuletzt ist er auch ein Signal an all diejenigen, die die schleichende Islamisierung des Abendlandes befürchten. Deutschland besteht für all diese Menschen jedoch aus christlichen Werten und den typisch deutschen Tugenden, die es zu verteidigen gilt. Dieser Satz der Bundeskanzlerin wirkt fast wie ein Eingeständnis an die Rechtspopulisten, die derzeit überall auf dem Vormarsch sind. Es ist nur ein weiterer Versuch, diesen den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Doch warum wird dieser Satz nicht anders gedeutet? Was war und ist Deutschland denn hauptsächlich abseits all der brennenden Flüchtlingsheime? Offen, tolerant und nicht zuletzt hilfsbereit. Dieses Deutschland sollte so bleiben wie es ist. "Deutschland wird Deutschland bleiben" muss ein Zeichen an alle freiwilligen Flüchtlingshelfer sein, an alle Gegendemonstranten, die sich auf der Straße seit einem Jahr beharrlich "Pegida" und der Alternative für Deutschland in den Weg stellen. Es sollte die längst überfällige klare Distanzierung Merkels von all jenen sein, die das multikulturelle Deutschland als gescheitert ansehen.

Um dabei zu helfen, dass dieses Deutschland so bleibt wie es ist, haben fünf junge Menschen aus der Umgebung von Losheim die "Links am Hass vorbei"-Initiative gegründet. Ihre Motivation ist der gemeinsame Einsatz gegen Fremdenfeindlichkeit und für eine tolerante Gesellschaft. Nach mehreren Treffen war klar, worin das Engagement bestehen sollte: In der Organisation eines "Rock for Refugees"- Benefizkonzertes, um auf die weiterhin schlechte Situation der Flüchtlinge inner- und außerhalb von Europa hinzuweisen. Wir wollten eine Veranstaltung auf die Beine stellen, bei der sich Einheimische und Geflüchtete austauschen und gemeinsam ein Zeichen gegen Rassismus setzen können.

An diesem Samstag, 24. September, ist es nun soweit. Das Losheimer Kino ist ab 17 Uhr geöffnet für alle Interessierten, die Flagge gegen Fremdenhass zeigen wollen. Die Exiled Buskers, Against Remain, Alex Breidt und die Blind Bastards sorgen für die musikalische Unterstützung. Einige Syrer kümmern sich mit landestypischen Gerichten aus ihrer Heimat um die kulinarische Versorgung. Alle Einnahmen des Konzertes gehen an die Losheimer Flüchtlingshilfe.

Zum Thema:

 Exiled Buskers sind eine der Bands, die mit dabei sind. Fotos: VA

Exiled Buskers sind eine der Bands, die mit dabei sind. Fotos: VA

 Ebenfalls auf der Bühne stehen Blind Bastards.

Ebenfalls auf der Bühne stehen Blind Bastards.

 Mit dabei ist Alex Breidt.

Mit dabei ist Alex Breidt.

 Auch Against Remain zeigen Flagge gegen Fremdenhass. Foto: Philip Knoll

Auch Against Remain zeigen Flagge gegen Fremdenhass. Foto: Philip Knoll

Hintergrund Dieser Artikel ist Teil einer Reihe über das Ankommen unter verschiedenen Umständen. Was kann getan werden, um die ersten Schritte im neuen Land zu erleichtern? Es hängt vieles davon ab, wie die Geflüchteten aufgenommen werden. Jeder Einzelne muss hinterfragen, welchen Beitrag er/sie dazu leisten will oder kann. Zusammen mit einigen Freunden hat der Autor in Losheim eine Initiative gegründet, die unter dem Namen "Links am Hass vorbei" (L.A.H.V.) für Toleranz und ein gleichberechtigtes Miteinander eintritt. red Auf Facebook berichtet die Organisation über Ziele und Fortschritte. www.facebook.com/ LAHV4ALL

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