Bürgermeister verärgert über eigene Fraktion

Beckingen · Der Beckinger Bürgermeister Erhard Seger (CDU) hat sich gegenüber der SZ für die Realisierung des umstrittenen Windparks Primsbogen rund um den Litermont stark gemacht. Auch dementierte er Gerüchte, wonach er wegen eines Disputes mit seiner eigenen Mehrheitsfraktion im Gemeinderat aus der Partei ausgetreten sei. Zumindest soll er darüber nachdenken, ist hinter den Kulissen zu hören. Weshalb Seger am Montag ein Krisengespräch unter Beteiligung von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und der CDU-Kreisvorsitzenden Helma Kuhn-Theis haben wird.

 CDU-Landeschefin Annegret Kramp-Karrenbauer und die Kreisvorsitzende Helma Kuhn-Theis (nicht im Bild) sollen im Konflikt zwischen Beckingens Bürgermeister Erhard Seger und seiner eigenen Ratsfraktion vermitteln. Foto: Rolf ruppenthal

CDU-Landeschefin Annegret Kramp-Karrenbauer und die Kreisvorsitzende Helma Kuhn-Theis (nicht im Bild) sollen im Konflikt zwischen Beckingens Bürgermeister Erhard Seger und seiner eigenen Ratsfraktion vermitteln. Foto: Rolf ruppenthal

Foto: Rolf ruppenthal

Gibt es Krach zwischen Beckingens Bürgermeister Erhard Seger und seiner eigenen Mehrheitsfraktion im Gemeinderat wegen des Windparks Primsbogen? Der baden-württembergische Energiekonzern EnBW will rund um den Litermont acht Windräder mit einer Gesamthöhe von 230 Metern errichten. Zwei dieser Anlagen sollen auf Gebiet der Gemeinde Beckingen stehen, vier auf Nalbacher Territorium, die übrigen beiden auf Flächen, die zur Gemeinde Schmelz gehören. Gegen das Projekt, das Ende April auf einer Bürgerversammlung in Düppenweiler und am Dienstag in Piesbach (siehe Seite C3) öffentlich vorgestellt worden war, regt sich in den anliegenden Ortschaften massiver Widerstand. In Düppenweiler hat eine Bürger-Initiative (BI) innerhalb kurzer Zeit rund 600 Unterschriften gesammelt.

Auch die Fraktionen von CDU und SPD im Gemeinderat sowie die Kandidaten beider Parteien für die Bürgermeisterwahl im September haben sich zuletzt von dem Projekt in der aktuellen Form distanziert. Dass auch die eigene Fraktion öffentlich davon abrückt, hat Seger nach eigenen Worten "verärgert". Seger: "Ich habe deswegen um ein Gespräch mit der Fraktion gebeten, an dem auch die Kreisvorsitzende und die Landesvorsitzende der CDU teilnehmen werden." Dieses Gespräch soll am Montag stattfinden. Es soll darum gehen, zwischen Bürgermeister und Ratsfraktion zu vermitteln und einen Kompromiss zu finden, mit dem beide Seiten leben könnten. "Die Glaubwürdigkeit von Politik und von Politikern darf keinen Schaden nehmen", betonte Seger. Er wies Kritik zurück, wonach den Gemeinderatsmitgliedern die tatsächliche Dimension des Windparks im Vorfeld ihrer Entscheidung nicht bekannt gewesen sei. "Die einzige Abweichung ist, dass bei der Änderung des Flächennutzungsplanes, der Grundlage für das Interessenbekundungsverfahren war, von einer maximalen Nabenhöhe von 150 Metern ausgegangen wurde." Jetzt plane EnBW Anlagen mit einer Nabenhöhe von 164 Metern.

Seger erklärte weiter: "Wenn der Gemeinderat im Juni beschließen sollte, den Nutzungsvertrag mit EnBW nicht abzuschließen, dann könnte der Investor auch versuchen, mit privaten Land-Eigentümern Pachtvereinbarungen abzuschließen und die Windräder dann dort bauen." In dem Falle würden der Gemeinde allerdings die Pachteinnahmen entgehen, die ihr nach jetzigem Stand für die beiden Anlagen auf Düppenweiler Gebiet, die sich im Eigentum der Kommune befinden, zukommen sollen. Nach Informationen unserer Zeitung handelt es sich um 80 000 Euro im Jahr. Seger sagte, er erwarte über die Gesamt-Laufzeit des Nutzungsvertrages von 30 Jahren Einnahmen aus Pacht sowie Gewerbesteuer von über drei Millionen Euro.

Der Beckinger Rathauschef ging auch auf die Kritik der Windpark-Gegner ein, wonach für die beiden im Wald geplanten Räder ein zu massiver Eingriff in die Naturlandschaft am Litermont notwendig sei: "Es war von Anfang an jedem an diesem Verfahren Beteiligten klar, dass bei uns Wald geopfert werden muss." Die einzigen möglichen Flächen in Gemeindebesitz für die Errichtung von Windrädern befinden sich im Wald. Seger wies darauf hin, dass die EnBW im Zuge des Genehmigungsverfahrens zu ökologischen Ausgleichsmaßnahmen (etwa Wiederaufforstung) verpflichtet werden dürfte.

Die Gemeinde hatte gemeinsam mit Nalbach und Schmelz ein Interessen-Bekundungsverfahren zur Erschließung des Windkraft-Vorranggebietes umgesetzt und darüber Vorschläge von Windkraft-Betreibern für den Windpark rund um den Litermont eingeholt. Wie Seger erklärte, seien unter den zwölf Angeboten, die im Rahmen dieses Verfahrens eingereicht worden waren, auch Vorschläge dabei gewesen, die 18 oder 19 Anlagen in dem Gebiet vorgesehen hätten. "Das haben wir auf Ebene der drei Bürgermeister aber von vorneherein ausgeschlossen und uns auf maximal zwölf Anlagen festgelegt." EnBW habe in seinem Konzept dann acht Anlagen vorgeschlagen, letztlich habe dieses Konzept auch die Zustimmung durch den Bau- und Umweltausschuss der Gemeinde bekommen. Der Beckinger Verwaltungschef betonte zudem: "Sollte die Gemeinde die Pachtvereinbarung abschließen, dann wäre zumindest auf Beckinger Gebiet der Bau weiterer Windräder im Vorranggebiet ausgeschlossen." Auch die Linkspartei im Beckinger Gemeinderat lehnt den Windpark Primsbogen strikt ab.

Der Kreisvorsitzende Elmar Seiwert, der auch im Gemeinderat sitzt, erklärte, seine Partei könne Windrädern nur zustimmen, wenn beim Mindestabstand zu bebauten Ortslagen die in Bayern gültige "10-H-Regelung" eingehalten werde. Diese sehe vor, dass der Abstand eines Windrades zu Ortschaften mindestens das Zehnfache seiner Gesamthöhe betragen muss. Im Fall der Anlagen am Litermont wären das 2300 Meter. Die Linke habe bereits 2014 im Landtag beantragt, dass dieses bayerische Gesetz vom Saarland übernommen werden soll, ergänzte die Beckinger Landtagsabgeordnete und Gemeinderätin Dagmar Ensch-Engel . Das sei aber abgelehnt worden.

"Es geht hier nur ums Geld. Natur- und Landschaftsschutz oder die Lebensqualität der betroffenen Bürger stehen hinter den finanziellen Interessen einiger Profiteure", sagte Ensch-Engel.

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