Personale Vielfalt als Wirtschaftsmotor

Merzig · In Merzig leben Menschen aus 74 verschiedenen Nationen. Von über 30 000 Einwohnern hat fast jeder Sechste einen Migrationshintergrund. Wie lokale Unternehmen von einer Belegschaft aus teils sehr unterschiedlichen Menschen profitieren können, zeigte ein Vortragsabend im Rathaus.

 Infoabend zum Thema Diversity-Management in Merzig. Auf dem Podium von rechts: Beigeordneter Manfred Kost, Dr. med. Volker Rettig-Ewen, Udo Zenner, Karin Meißner, Efe Icten, SZ-Redakteur Wolf Porz. Foto: Rolf Ruppenthal

Infoabend zum Thema Diversity-Management in Merzig. Auf dem Podium von rechts: Beigeordneter Manfred Kost, Dr. med. Volker Rettig-Ewen, Udo Zenner, Karin Meißner, Efe Icten, SZ-Redakteur Wolf Porz. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal

Merzig als Ort der Vielfalt - dazu gehört aus Sicht der IHK Saarland, der Kreisstadt Merzig und des IQ Netzwerk Merzig, dass Unternehmen in einer bunten Belegschaft aus unterschiedlichen Mitarbeitern eine Stärke sehen. Diese Stärke sollen Arbeitgeber positiv nutzen, um so durch die personale Vielfalt zum Beispiel neue Sichtweisen, Problemlösungen, Produkte und Zielgruppen zu gewinnen. So machen sich Arbeitgeber zudem attraktiv für Mitarbeiter, erklärt Andreas Merx vom Netzwerk IQ (Integration durch Qualifizierung), das die Arbeitsmarktchancen für Migranten in Deutschland verbessern will.

Die ethnische Herkunft eines Mitarbeiters sei einer der Unterschiede in einer bunt besetzten Belegschaft, auch sein Lebensstil oder andere Merkmale wie Religion und sexuelle Orientierung. In der Personalpolitik heißt dieser positive Umgang mit den Unterschieden und Gemeinsamkeiten eines heterogenen Teams "Diversity Management". Merx nennt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft der Männer als Beispiel: "Bei der Weltmeisterschaft 2010 hatte fast die Hälfte des Kaders einen Migrationshintergrund."

Ziel des Vortrags- und Diskussionsabend am Dienstagabend im Rathaus Merzig war es nach Worten von Manfred Kost, Beigeordneter der Stadt Merzig, "dieses Thema an Menschen heranzubringen und sie zu sensibilisieren". Oliver Groll von der IHK sieht den positiven Nutzen einer vielfältigen Firmenbelegschaft auch darin, so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Als erfolgreiches Beispiel für den produktiven Umgang mit einem bunten Strauß Mitarbeiter nennt Caroline Gisch vom IQ Netzwerk Merzig die Ford-Werke in Saarlouis. Efe Icten, Prozessbegleiter für Diversity Management, berichtet von dort: "Nach den guten Erfahrungen, die wir im Kölner Ford-Werk mit ausländischen Mitarbeitern gemacht haben, haben wir Diversity Management gezielt vorangetrieben. Diese Mitarbeiter zeichneten sich besonders aus durch Fleiß, Zuverlässigkeit und eine sehr gute Teamfähigkeit." Das Unternehmen mache keine Unterschiede zwischen Mitarbeitern, die einen Migrationshintergrund hätten, und den anderen Team-Mitgliedern.

"Das kann ich nur bestätigen!", sagt Ford-Mitarbeiter Giuseppe d'Auria, der unter den Zuhörern saß. Er hat italienische Wurzeln, lebt sei 40 Jahren in Deutschland und arbeitet bereits viele Jahre bei Ford in Saarlouis. Aber auch Udo Zenner, Geschäftsführer von Zenner Aluminiumbau in Merzig, kann erfolgreich umgesetztes Vielfaltsmanagement vermelden: "Vier von meinen 30 Mitarbeitern haben einen Migrations-Hintergrund, davon sind zwei Auszubildende", erzählt er. "Außerdem arbeiten bei uns Männer und Frauen in jedem Alter und drei Schwerbehinderte, die körperlich eingeschränkt sind." Als Vorteil dieses heterogenen Teams sieht er den Austausch von Wissen unter den Kollegen. Nicht nur die älteren bildeten die jüngeren aus, sondern die jüngeren gäben umgekehrt zum Beispiel ihre Kenntnisse im Umgang mit neuen Medien weiter. Davon profitiere die Firma. Einfach sei es nicht, sagt Zenner: "Früher waren sich die Mitarbeiter ähnlicher, sie hatten zum Beispiel eine vergleichbare soziale Herkunft und Bildung." Heute sei das anders. So gebe es oft Kommunikationsschwierigkeiten im Team, dann müsse er als Mediator zwischen Kollegen vermitteln. Seine Strategie: "Möglichst viele mit ins Boot holen und mir die nötige Zeit nehmen", sagt Zenner. Was Mitarbeiter aus seiner Sicht tun könnten, damit ein buntes Team funktioniert: Sie sollten akzeptieren, dass alle verschieden seien.

Im Jahr 2012 hatten 13 Prozent der Merziger Einwohner einen Migrationshintergrund, 2014 sind es rund 19 Prozent (5740 Personen). Damit liegt der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund leicht über dem saarländischen Durchschnitt von 18,2 Prozent. Karin Meißner von der Fachstelle Antidiskriminierung und Diversity Saar sieht Nachholbedarf im Umgang mit unterschiedlichsten Menschen im Merziger Arbeitsmarkt: So berichtet sie, dass im Jobcenter Merzig-Wadern nun Schulungen zu Diversity Management starten.

"Unsere Gesellschaft ist vielfältiger geworden. Die Kunden des Jobcenters, die einen Migrationshintergrund haben, brauchen Förderungen, Maßnahmen und Jobs, die zu ihnen passen." So wollten sie die Mitarbeiter des Jobcenters wegführen von Klischees und sie dazu bewegen, bestimmte Bilder zu hinterfragen - dass zum Beispiel eine Kundin mit Kopftuch nicht gleichzeitig mangelhafte deutsche Sprachkenntnisse haben müsse.

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