Zahlreiche Männer sterben im Kugelhagel

Merzig · Auch in Étain selbst hatte man die drohende Gefahr, die von den anrückenden deutschen Truppen ausging, erkannt. Am 23. August 2014 hatten sich die letzten französischen Verbände aus der Stadt zurück gezogen. Die Zivilbevölkerung wurde aufgefordert, dies ebenfalls zu tun. Ein großer Teil der Bevölkerung kam dieser Aufforderung auch nach. Einen Tag später wurden die Stadt und vor allem einige strategisch bedeutsame Ziele, wie der Bahnhof und die Kaserne, unter gezieltes deutsches Artilleriefeuer genommen. Dem Beschuss fielen dabei unter anderem fünf Zivilisten zum Opfer. Der letzte Zug, der die Flüchtenden aus der Stadt hinaus brachte, verließ Étain am 24. August um 14.30 Uhr, das heißt, eine Stunde nach dem Einsetzen des deutschen Artilleriebeschusses. Von da an suchten zahlreiche Familien, die ihr Hab und Gut nicht zurücklassen wollten und sich nicht davon machten, Zuflucht in den Kellern ihrer Häuser. Die Kämpfe in und um Étain am 24. und 25. August 1914 wurden später auch als die Schlacht von Étain-Buzy bezeichnet. Zahlreiche Dörfer des Kantons Étain wurden dabei zerstört. Bis zum 25. August hielten die französischen Truppen im Vorfeld der Festung Verdun dem deutschen Druck stand. Dann brach der Widerstand der Franzosen unter dem Hagel der deutschen Granaten zusammen. Auf höheren Befehl mussten sie sich in der Nacht vom 25. auf den 26. August zurückziehen. Zwar konnten die deutschen Truppen am 26. August die Stadt Étain einnehmen. Allerdings gab es bis in den September hinein immer wieder französische Angriffe auf die deutschen Stellungen in der Stadt. Die Deutschen richteten hier militärische Dienststellen ein. Daneben diente der Ort auch den Truppen, die unmittelbar vor der Festung Verdun in Stellung lagen, als Rückzugs- und Erholungsraum, um sich von Zeit zu Zeit von den Strapazen in den Schützengräben zu erholen. Die Deutschen verlegten sogar eigens ein Bahngleis, das Étain mit der Front vor Verdun verband. Auch richteten sie einen Beobachtungsposten im Glockenturm der Kirche St. Martin ein. Die spätgotische Kirche selbst war nach dem Beschuss zur Ruine geworden. Ein dunkles Kapitel der deutschen Besatzung stellt in Étain die Erschießung von 19 Zivilisten im September 1914 dar. Seit dem 26. August waren die letzten verbliebenen Einwohner von Étain gezwungen, mit den deutschen Besatzern zusammen zu leben. Die Einwohner lebten in ständiger Angst und mussten sich häufig wegen des Beschusses der französischen Artillerie in ihre Keller flüchten. Auf deutschen Befehl war es den Étainern allerdings verboten, ohne Erlaubnis die Stadt zu verlassen oder während der Nacht Licht zu machen. Am 13. September 1914 schlugen einige vereinzelte Granaten , die aus den Forts von Verdun abgeschossen worden waren, in der Nähe der Stadt ein. Während des Beschusses hatten die Deutschen bemerkt, dass von Étain aus den französischen Linien Lichtzeichen und Signale gegeben wurden. Sie nahmen daraufhin 19 Einwohner der Stadt als Geiseln und sperrten sie im Rathaus ein. Nachdem am folgenden Tag erneut einige Granaten einschlugen und wieder Lichtsignale gegeben wurden, ließ der deutsche Befehlshaber die Geiseln an der Straße, die nach Longwy führt, an die Wand stellen und zur Abschreckung standrechtlich erschießen. Auch in der Folgezeit geriet Étain immer wieder unter französischen Beschuss. Erst am 11. November 1918 verließen die Deutschen die fast nur noch aus Ruinen bestehende Stadt. Am Ende des Krieges waren auf französischer Seite 112 bei der Verteidigung der Stadt gefallene Soldaten, 5 Zivilisten, die beim Beschuss am 24. August 1914 ums Leben gekommen waren, sowie die 19 im September 1914 erschossenen zivilen Geiseln zu beklagen. Angesichts der geschilderten Vorkommnisse verwundert es nicht weiter, dass alljährlich am 24. August im Kanton Étain und in seinen Ortschaften der Opfer des Massakers von Rouvres gedacht wird. Auch 100 Jahre nach den schrecklichen Ereignissen von damals sind diese in der Erinnerung der Menschen dort immer noch überaus präsent. Siege befeuern KriegsbegeisterungIn Deutschland erlebte die kollektive Mobilisierungseuphorie ihren Höhepunkt in der zweiten Hälfte des Monats August. Unter dem Eindruck des erfolgreichen Vormarsches und der ersten Siege in Belgien und im Elsass verbreitete sich die nationalistisch-patriotische Kriegsbegeisterung in immer weiteren Bevölkerungsteilen. Mitte August und auch noch Anfang September 1914 waren die Deutschen an allen Frontabschnitten im Westen erfolgreich. Die 6. Armee des bayerischen Kronprinzen Rupprecht hatte zwischen dem 20. und 22. August die Angriffe der Franzosen im südlichen Lothringen, die dort versucht hatten eine eigene Offensive zu starten, in einer großen Schlacht erfolgreich abgewehrt. Die Merziger Zeitung meldete am 22. August 1914: "Die von unseren Truppen zwischen Metz und den Vogesen geschlagenen Franzosen sind gestern verfolgt worden. Der Rückzug der Franzosen artete in Flucht aus. Bisher sind mehr als 10 000 Franzosen gefangen genommen und 50 Geschütze erobert worden. Die geschlagenen feindlichen Streitkräfte stellte man mit 8 Armeekorps fest." Gerade in der Schlacht bei Saarburg und Mörchingen (Morhange) im südlichen Lothringen zeigte sich erstmals, was auch in den übrigen sogenannten Grenzschlachten wesentlich sein sollte: Die deutsche Infanterie war auf dem Schlachtfeld überlegen, der Einsatz ihrer Maschinengewehre war überaus effektiv und die Vorliebe der französischen Militärführung für den auf breiter Front vorgetragenen Sturmangriff mit aufgepflanztem Bajonett führte in ihren Einheiten zu furchtbaren Verlusten. Obendrein erwiesen sich die französischen Felduniformen als wenig funktional; sie entsprachen noch ganz dem farbenfrohen Kriegsbild des 19. Jahrhunderts, nicht aber den Erfordernissen des modernen Gefechtsfeldes, das von Schnellfeuerwaffen und weit reichender Artillerie beherrscht war. Von Nachteil waren nicht nur die krapproten Hosen und die zurückgeschlagenen blauen Mäntel der französischen Infanteristen, sondern auch die weißen Handschuhe der Offiziere, die blinkenden Brustharnische der schweren Kavallerie oder die rot-weißen Umhänge der Spahis, der leichten Kavallerie aus den nordafrikanischen Territorien. Es zeigte sich aber auch, dass die französische Feldartillerie der Deutschen mindestens ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen war und die französische 75-mm-Kanone erwies sich infolge ihrer großen Reichweite und hohen Feuergeschwindigkeit als überaus effektive Waffe. Vor allem das Schrapnellfeuer, bei dem Streugranaten über oder vor dem Ziel zur Detonation gebracht wurden und Hunderte von Hartbleikugeln verspritzten, forderte auf beiden Seiten viele Opfer. Schrapnells waren die Nachfolger der freilich nur auf kurze Entfernung wirksamen Kartätschenladung und ein Vorläufer der Streumunition. Mit ihm ließen sich Infanteristen in ihren Bereitstellungsräumen oder beim Angriff bekämpfen, solange sie sich noch außerhalb der Reichweite der Maschinengewehre oder im Schutz von Bodenwellen befanden. In der kurzen Phase des Bewegungskrieges im Westen gewann auf dem Schlachtfeld diejenige Seite das Übergewicht, die den Sturmangriff, das MG-Feuer und den Einsatz der leichten Feldartillerie am Besten zu koordinieren vermochte. Bis zur Marne-Schlacht waren dies die Deutschen, zumal sie Defizite gegenüber den Franzosen bei der leichten Feldartillerie durch den Einsatz ihrer schweren und weit reichenden Artillerie ausgleichen konnten. Insbesondere griffen bei ihnen Aufklärung und Feuerlenkung besser ineinander, wobei die Feindaufklärung in wachsendem Maße von Berittenen zu Flugzeugen wechselte. Bereits in den ersten drei Monaten des Bewegungskrieges waren allerdings auch immense Verluste durch Tod und Verwundung unter den beteiligten Armeen zu beklagen. So starben etwa im Verlauf der ersten Grenzschlachten zwischen dem 20. und 25. August 1914 allein auf französischer Seite rund 40 000 Soldaten, das heißt, durchschnittlich etwa 8000 Männer pro Tag. Während der folgenden Grenzschlachten zwischen August und November 1914 hatten insbesondere die angreifenden deutschen Divisionen Verluste, die an der Westfront im Durchschnitt selbst in den großen Materialschlachten des Jahres 1916 nicht zu verzeichnen waren. Im September 1914 beispielsweise kamen fast 17 Prozent der eingesetzten deutschen Soldaten zu Tode oder wurden verwundet, rund 260 000 Mann - eine barbarisch hohe Zahl. Die hohen Verluste aller Armeen am Anfang des Krieges gingen auf den bedenkenlosen, die Wirkung moderner Artillerie und Maschinengewehre unterschätzenden Einsatz der Männer zurück. Ob West- oder Ostfront: Immer wieder in diesen ersten Monaten des Krieges gingen oder liefen ganze Regimenter in dichten Schwarmlinien den feindlichen Stellungen entgegen, aus denen ihnen ein Geschosshagel aller Kaliber entgegenschlug. Aufgrund der hohen Verluste musste der kämpfenden Truppe an der Front auch wieder Nachschub zugeführt werden. Aus diesem Grund wurden Musterungen durchgeführt, wie der Merziger Zeitung vom 22. September 1914 zu entnehmen ist: "Heute begann vor der königlichen Ersatzkommission das Musterungsgeschäft der unausgebildeten Landsturmpflichtigen im großen Saale des Trierischen Hofes, dahier. Die Musterung dauert bis Dienstag, 29. d. M." Viele Züge mit kriegsgefangenen Franzosen durchfuhren in jenen Tagen den Merziger Bahnhof, wie eine Zeitungsnotiz vom 21. August 1914 berichtet: "Fast täglich passieren jetzt französische Gefangene unsere Station. Heute soll dies besonders der Fall sein. Die Gefangenen werden nach dem Inneren des Landes, meist auf Festungen , gebracht. Dort müssen sie, allerdings gegen Bezahlung, arbeiten." Über die Erfolge der 4. und 5. Armee in den Ardennen und bei Longwy ist bereits berichtet worden. Die 5. Armee rückte nach der Einnahme der Städte Longwy, Montmédy und Longuyon auf die Festung Verdun vor. Bereits in vorhergehenden Abschnitten war, als über den Transport von "Liebesgaben" aus dem Kreis Merzig an die Soldaten im Feld berichtet wurde, die Rede davon, dass zum Beispiel das 30er-Regiment aus Saarlouis in der Nähe von Verdun stand. Aber auch an der Ostfront in Ostpreußen errang die 8. Armee am 31. August 1914 bei Tannenberg unter der Führung Hindenburgs und Ludendorffs einen grandiosen Sieg über die Russen. Bei Kriegsbeginn war die über 900 Kilometer lange Ostgrenze des Reiches nur von einer einzigen deutschen Armee, der 8. Armee unter dem Kommando des Generalobersten Maximilian von Prittwitz und Gaffron, verteidigt worden. Schneller als Moltke und der deutsche Generalstab dies erwartet hatten, überschritten am 15. August 1914 zwei russische Armeen mit insgesamt 650 000 Mann die deutsche Ostgrenze und besetzten weite Teile Ostpreußens. Prittwitz wurde abgelöst, den Oberbefehl über die 8. Armee erhielt der sich bereits im Ruhestand befindende Generaloberst Paul von Hindenburg . Ihm wurde als Stabschef Generalmajor Erich Ludendorff zugeteilt, der sich kurz zuvor bei der Einnahme der Befestigungen von Lüttich ausgezeichnet hatte. Tannenberg: Sieg an der Ostfront

Auch in Étain selbst hatte man die drohende Gefahr, die von den anrückenden deutschen Truppen ausging, erkannt. Am 23. August 2014 hatten sich die letzten französischen Verbände aus der Stadt zurück gezogen. Die Zivilbevölkerung wurde aufgefordert, dies ebenfalls zu tun. Ein großer Teil der Bevölkerung kam dieser Aufforderung auch nach. Einen Tag später wurden die Stadt und vor allem einige strategisch bedeutsame Ziele, wie der Bahnhof und die Kaserne, unter gezieltes deutsches Artilleriefeuer genommen. Dem Beschuss fielen dabei unter anderem fünf Zivilisten zum Opfer. Der letzte Zug, der die Flüchtenden aus der Stadt hinaus brachte, verließ Étain am 24. August um 14.30 Uhr, das heißt, eine Stunde nach dem Einsetzen des deutschen Artilleriebeschusses. Von da an suchten zahlreiche Familien, die ihr Hab und Gut nicht zurücklassen wollten und sich nicht davon machten, Zuflucht in den Kellern ihrer Häuser. Die Kämpfe in und um Étain am 24. und 25. August 1914 wurden später auch als die Schlacht von Étain-Buzy bezeichnet. Zahlreiche Dörfer des Kantons Étain wurden dabei zerstört.

Bis zum 25. August hielten die französischen Truppen im Vorfeld der Festung Verdun dem deutschen Druck stand. Dann brach der Widerstand der Franzosen unter dem Hagel der deutschen Granaten zusammen. Auf höheren Befehl mussten sie sich in der Nacht vom 25. auf den 26. August zurückziehen. Zwar konnten die deutschen Truppen am 26. August die Stadt Étain einnehmen. Allerdings gab es bis in den September hinein immer wieder französische Angriffe auf die deutschen Stellungen in der Stadt. Die Deutschen richteten hier militärische Dienststellen ein. Daneben diente der Ort auch den Truppen, die unmittelbar vor der Festung Verdun in Stellung lagen, als Rückzugs- und Erholungsraum, um sich von Zeit zu Zeit von den Strapazen in den Schützengräben zu erholen. Die Deutschen verlegten sogar eigens ein Bahngleis, das Étain mit der Front vor Verdun verband. Auch richteten sie einen Beobachtungsposten im Glockenturm der Kirche St. Martin ein. Die spätgotische Kirche selbst war nach dem Beschuss zur Ruine geworden.

Ein dunkles Kapitel der deutschen Besatzung stellt in Étain die Erschießung von 19 Zivilisten im September 1914 dar. Seit dem 26. August waren die letzten verbliebenen Einwohner von Étain gezwungen, mit den deutschen Besatzern zusammen zu leben. Die Einwohner lebten in ständiger Angst und mussten sich häufig wegen des Beschusses der französischen Artillerie in ihre Keller flüchten. Auf deutschen Befehl war es den Étainern allerdings verboten, ohne Erlaubnis die Stadt zu verlassen oder während der Nacht Licht zu machen. Am 13. September 1914 schlugen einige vereinzelte Granaten , die aus den Forts von Verdun abgeschossen worden waren, in der Nähe der Stadt ein. Während des Beschusses hatten die Deutschen bemerkt, dass von Étain aus den französischen Linien Lichtzeichen und Signale gegeben wurden. Sie nahmen daraufhin 19 Einwohner der Stadt als Geiseln und sperrten sie im Rathaus ein. Nachdem am folgenden Tag erneut einige Granaten einschlugen und wieder Lichtsignale gegeben wurden, ließ der deutsche Befehlshaber die Geiseln an der Straße, die nach Longwy führt, an die Wand stellen und zur Abschreckung standrechtlich erschießen.

Auch in der Folgezeit geriet Étain immer wieder unter französischen Beschuss. Erst am 11. November 1918 verließen die Deutschen die fast nur noch aus Ruinen bestehende Stadt. Am Ende des Krieges waren auf französischer Seite 112 bei der Verteidigung der Stadt gefallene Soldaten, 5 Zivilisten, die beim Beschuss am 24. August 1914 ums Leben gekommen waren, sowie die 19 im September 1914 erschossenen zivilen Geiseln zu beklagen.

Angesichts der geschilderten Vorkommnisse verwundert es nicht weiter, dass alljährlich am 24. August im Kanton Étain und in seinen Ortschaften der Opfer des Massakers von Rouvres gedacht wird. Auch 100 Jahre nach den schrecklichen Ereignissen von damals sind diese in der Erinnerung der Menschen dort immer noch überaus präsent.

Siege befeuern KriegsbegeisterungIn Deutschland erlebte die kollektive Mobilisierungseuphorie ihren Höhepunkt in der zweiten Hälfte des Monats August. Unter dem Eindruck des erfolgreichen Vormarsches und der ersten Siege in Belgien und im Elsass verbreitete sich die nationalistisch-patriotische Kriegsbegeisterung in immer weiteren Bevölkerungsteilen.

Mitte August und auch noch Anfang September 1914 waren die Deutschen an allen Frontabschnitten im Westen erfolgreich. Die 6. Armee des bayerischen Kronprinzen Rupprecht hatte zwischen dem 20. und 22. August die Angriffe der Franzosen im südlichen Lothringen, die dort versucht hatten eine eigene Offensive zu starten, in einer großen Schlacht erfolgreich abgewehrt. Die Merziger Zeitung meldete am 22. August 1914: "Die von unseren Truppen zwischen Metz und den Vogesen geschlagenen Franzosen sind gestern verfolgt worden. Der Rückzug der Franzosen artete in Flucht aus. Bisher sind mehr als 10 000 Franzosen gefangen genommen und 50 Geschütze erobert worden. Die geschlagenen feindlichen Streitkräfte stellte man mit 8 Armeekorps fest."

Gerade in der Schlacht bei Saarburg und Mörchingen (Morhange) im südlichen Lothringen zeigte sich erstmals, was auch in den übrigen sogenannten Grenzschlachten wesentlich sein sollte: Die deutsche Infanterie war auf dem Schlachtfeld überlegen, der Einsatz ihrer Maschinengewehre war überaus effektiv und die Vorliebe der französischen Militärführung für den auf breiter Front vorgetragenen Sturmangriff mit aufgepflanztem Bajonett führte in ihren Einheiten zu furchtbaren Verlusten. Obendrein erwiesen sich die französischen Felduniformen als wenig funktional; sie entsprachen noch ganz dem farbenfrohen Kriegsbild des 19. Jahrhunderts, nicht aber den Erfordernissen des modernen Gefechtsfeldes, das von Schnellfeuerwaffen und weit reichender Artillerie beherrscht war. Von Nachteil waren nicht nur die krapproten Hosen und die zurückgeschlagenen blauen Mäntel der französischen Infanteristen, sondern auch die weißen Handschuhe der Offiziere, die blinkenden Brustharnische der schweren Kavallerie oder die rot-weißen Umhänge der Spahis, der leichten Kavallerie aus den nordafrikanischen Territorien. Es zeigte sich aber auch, dass die französische Feldartillerie der Deutschen mindestens ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen war und die französische 75-mm-Kanone erwies sich infolge ihrer großen Reichweite und hohen Feuergeschwindigkeit als überaus effektive Waffe.

Vor allem das Schrapnellfeuer, bei dem Streugranaten über oder vor dem Ziel zur Detonation gebracht wurden und Hunderte von Hartbleikugeln verspritzten, forderte auf beiden Seiten viele Opfer. Schrapnells waren die Nachfolger der freilich nur auf kurze Entfernung wirksamen Kartätschenladung und ein Vorläufer der Streumunition. Mit ihm ließen sich Infanteristen in ihren Bereitstellungsräumen oder beim Angriff bekämpfen, solange sie sich noch außerhalb der Reichweite der Maschinengewehre oder im Schutz von Bodenwellen befanden. In der kurzen Phase des Bewegungskrieges im Westen gewann auf dem Schlachtfeld diejenige Seite das Übergewicht, die den Sturmangriff, das MG-Feuer und den Einsatz der leichten Feldartillerie am Besten zu koordinieren vermochte. Bis zur Marne-Schlacht waren dies die Deutschen, zumal sie Defizite gegenüber den Franzosen bei der leichten Feldartillerie durch den Einsatz ihrer schweren und weit reichenden Artillerie ausgleichen konnten. Insbesondere griffen bei ihnen Aufklärung und Feuerlenkung besser ineinander, wobei die Feindaufklärung in wachsendem Maße von Berittenen zu Flugzeugen wechselte.

Bereits in den ersten drei Monaten des Bewegungskrieges waren allerdings auch immense Verluste durch Tod und Verwundung unter den beteiligten Armeen zu beklagen. So starben etwa im Verlauf der ersten Grenzschlachten zwischen dem 20. und 25. August 1914 allein auf französischer Seite rund 40 000 Soldaten, das heißt, durchschnittlich etwa 8000 Männer pro Tag. Während der folgenden Grenzschlachten zwischen August und November 1914 hatten insbesondere die angreifenden deutschen Divisionen Verluste, die an der Westfront im Durchschnitt selbst in den großen Materialschlachten des Jahres 1916 nicht zu verzeichnen waren. Im September 1914 beispielsweise kamen fast 17 Prozent der eingesetzten deutschen Soldaten zu Tode oder wurden verwundet, rund 260 000 Mann - eine barbarisch hohe Zahl. Die hohen Verluste aller Armeen am Anfang des Krieges gingen auf den bedenkenlosen, die Wirkung moderner Artillerie und Maschinengewehre unterschätzenden Einsatz der Männer zurück. Ob West- oder Ostfront: Immer wieder in diesen ersten Monaten des Krieges gingen oder liefen ganze Regimenter in dichten Schwarmlinien den feindlichen Stellungen entgegen, aus denen ihnen ein Geschosshagel aller Kaliber entgegenschlug.

Aufgrund der hohen Verluste musste der kämpfenden Truppe an der Front auch wieder Nachschub zugeführt werden. Aus diesem Grund wurden Musterungen durchgeführt, wie der Merziger Zeitung vom 22. September 1914 zu entnehmen ist: "Heute begann vor der königlichen Ersatzkommission das Musterungsgeschäft der unausgebildeten Landsturmpflichtigen im großen Saale des Trierischen Hofes, dahier. Die Musterung dauert bis Dienstag, 29. d. M."

Viele Züge mit kriegsgefangenen Franzosen durchfuhren in jenen Tagen den Merziger Bahnhof, wie eine Zeitungsnotiz vom 21. August 1914 berichtet: "Fast täglich passieren jetzt französische Gefangene unsere Station. Heute soll dies besonders der Fall sein. Die Gefangenen werden nach dem Inneren des Landes, meist auf Festungen , gebracht. Dort müssen sie, allerdings gegen Bezahlung, arbeiten."

Über die Erfolge der 4. und 5. Armee in den Ardennen und bei Longwy ist bereits berichtet worden. Die 5. Armee rückte nach der Einnahme der Städte Longwy, Montmédy und Longuyon auf die Festung Verdun vor. Bereits in vorhergehenden Abschnitten war, als über den Transport von "Liebesgaben" aus dem Kreis Merzig an die Soldaten im Feld berichtet wurde, die Rede davon, dass zum Beispiel das 30er-Regiment aus Saarlouis in der Nähe von Verdun stand.

Aber auch an der Ostfront in Ostpreußen errang die 8. Armee am 31. August 1914 bei Tannenberg unter der Führung Hindenburgs und Ludendorffs einen grandiosen Sieg über die Russen. Bei Kriegsbeginn war die über 900 Kilometer lange Ostgrenze des Reiches nur von einer einzigen deutschen Armee, der 8. Armee unter dem Kommando des Generalobersten Maximilian von Prittwitz und Gaffron, verteidigt worden. Schneller als Moltke und der deutsche Generalstab dies erwartet hatten, überschritten am 15. August 1914 zwei russische Armeen mit insgesamt 650 000 Mann die deutsche Ostgrenze und besetzten weite Teile Ostpreußens. Prittwitz wurde abgelöst, den Oberbefehl über die 8. Armee erhielt der sich bereits im Ruhestand befindende Generaloberst Paul von Hindenburg . Ihm wurde als Stabschef Generalmajor Erich Ludendorff zugeteilt, der sich kurz zuvor bei der Einnahme der Befestigungen von Lüttich ausgezeichnet hatte.

Tannenberg: Sieg an der Ostfront



Den von Hindenburg kommandierten und von Ludendorff taktisch eingewiesenen drei Armeekorps gelang zwischen dem 26. und 30. August die Einschließung und anschließende Vernichtung der 2. russischen Armee bei Tannenberg. Etwa 40 000 russische Soldaten fielen in der Schlacht, weitere 92 000 gerieten in Gefangenschaft. Nie zuvor hatte es derartige Zahlen an Kriegsgefangenen gegeben. Die "Schlacht von Tannenberg" war der spektakulärste deutsche Sieg während des gesamten Weltkriegs. Zugleich begründete er den nunmehr legendären Ruf Hindenburgs als "Retter Ostpreußens" und "Heros der Deutschen". Schon der Name "Tannenberg" war eine Stilisierung: Die Verknüpfung des Sieges 1914 mit der verlorenen Schlacht von 1410 bei Tannenberg, in der ein überlegenes polnisch-litauisches Heer über die Reiterarmee des Deutschen Ordens triumphiert hatte, schuf ein wirksames Identifikationsangebot, das zugleich fest in preußisch-deutsche Geschichtsmythen eingebunden war.

Immer dann, wenn in diesen ersten Wochen nach dem Kriegsbeginn eine Siegesnachricht in der Heimat eintraf, war der Jubel groß. Die eintreffenden Siegesmeldungen waren so zahlreich, dass die Merziger Zeitung sich am 2. September 1914 genötigt sah, ihre Leser wie folgt zu belehren: "Um die Bedeutung der verschiedenen Siege und die Teilnahme unserer Stadt an jedem einzelnen derselben nicht abzuschwächen, wird die Bürgerschaft gebeten, am Abend nach den Siegesnachrichten die Fahnen wieder einzuziehen, um sie erst bei neuen Siegen wieder zu entfalten.”

Anfang September 1914 schien es, als werde Paris in wenigen Tagen von der 1. deutschen Armee eingenommen. Am Abend des 2. September siedelte die französische Regierung nach Bordeaux um. Riesige Menschenmassen flüchteten aus der französischen Hauptstadt, weil sie glaubten, der Sturm der Deutschen auf die Seinemetropole stünde unmittelbar bevor.

Gerade am 3. September erreichten überaus positive Meldungen die Menschen hier in der Heimat. Die Merziger Zeitung meldete an diesem Tag: "Die mittlere Heeresgruppe der Franzosen, etwa 10 Armeekorps, wurde gestern zwischen Reims und Verdun von unseren Truppen zurückgeworfen. Die Verfolgung wird heute fortgesetzt. Französische Vorstöße aus Verdun wurden abgewiesen. Der Kaiser befand sich während des Gefechts bei der Armee des Kronprinzen und verbringt die Nacht inmitten der Truppen.”

Die Menschen in unserer Region jubelten; sie glaubten der Krieg sei nun bald vorbei. "Die vorgestern und gestern hier eingetroffenen Siegesmeldungen lösten eine überaus freudige Stimmung in der Bevölkerung aus", berichtete die Merziger Zeitung am 4. September 1914. Diese Siegesmeldungen erreichten die Menschen hier in der Heimat am sogenannten Sedanstag, dem Gedenktag, der im Deutschen Kaiserreich jährlich um den 2. September begangen wurde.

Weiter heißt es in dem Bericht: "Schon während des Nachmittags zogen viele froh bewegte Menschen durch die reich beflaggten Straßen und bald hörte man von der beabsichtigten Veranstaltung einer patriotischen Kundgebung am Abend. Nach Dunkelwerden hatte sich dann auch am Stadthaus eine nach Hunderten zählende Menschenmenge eingefunden. Nachdem eine aus dem hiesigen Musikkorps zusammengestellte Kapelle mehrere passende und packende Weisen gespielt hatte, erschien auf der Rathaustreppe Herr Landrat Haniel mit dem Landsturmkompaniechef, Herrn J. Deuster. Letzterer hielt alsdann eine von patriotischem Geiste getragene Ansprache, in welcher er die Taten unserer tapferen Truppen schilderte und mit einem begeistert aufgenommenen Hurrah auf den obersten Kriegsherrn schloss. Hierauf setzte sich der Zug durch die Straßen der Stadt nach dem Kriegerdenkmal in Bewegung. An demselben nahmen die hiesigen Vereine mit Fackeln sowie unsere begeisterte Jugend, Lampions tragend und Vaterlandslieder singend, teil. Am Kriegerdenkmal angelangt, spielte die Kapelle einen Dankchoral, worauf der Zug zum Stadthaus zurückzog und sich dann auflöste. Ähnliche, wenn selbstverständlich auch großartigere, Kundgebungen hatten bereits am Abend zuvor in größeren Städten wie Saarbrücken, Trier usw. stattgefunden. Es scheint demnach, dass die Großstädte in unserer Nachbarschaft zeitiger über kriegerische Ereignisse informiert werden als wir in Merzig."

Tags darauf traf eine weitere erfreuliche Meldung ein. Die Festung Reims hatte sich ergeben und konnte kampflos von deutschen Truppen besetzt werden.

< Wird fortgesetzt.

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