Spannend, jedoch nicht überraschend

Blieskastel/Mandelbachtal/Gersheim · Wie fallen die Reaktionen der Kommunalpolitiker auf das Wahlergebnis aus? Ein Blick hinter die Kulissen des Wahlabends.

 Jutta Schmitt-Lang, Annelie Faber-Wegener und Jens Welsch (rote Krawatte, von links) sehen gespannt auf die Blieskasteler Ergebnisse. Foto: Erich Schwarz

Jutta Schmitt-Lang, Annelie Faber-Wegener und Jens Welsch (rote Krawatte, von links) sehen gespannt auf die Blieskasteler Ergebnisse. Foto: Erich Schwarz

Foto: Erich Schwarz

(ers/jma/ott) Der Wahlabend verlief in Blieskastel eher unspektakulär. Zwar ist bei Kommunalwahlen die alte Markthalle sozusagen das Kommunikationszentrum für alle politisch Interessierten, aber bei der Landtagswahl hat man auf den Aufwand verzichtet. Bei Stadtamtsrat Jens Welsch liefen die Ergebnisse aus den städtischen Wahlbezirken zusammen. "Ich habe so ein Interesse für eine Wahlbeteiligung noch nicht erlebt", erzählt der städtische Beamte. Selbst bis kurz vor Schluss gingen noch Briefwahlen ein. Die Leute wollten offensichtlich unbedingt wählen", hatte Jens Welsch festgestellt. Da wurden zum Teil noch Atteste beigebracht, damit man noch per Briefwahl seine Stimme abgeben konnte. Und im Büro von Welsch schaute auch die Bürgermeisterin nach den Wahlergebnissen, ebenso Jutta Schmitt-Lang (CDU), die für den Landtag kandidierte. Sie saß mit einem Teil ihrer Wahlkampftruppe von der Jungen Union ebenfalls gebannt vor dem städtischen Bildschirm. Um 18 Uhr, kurz nach Schließung der Wahllokale hatte man sich "gefreut wie Bolle" über das für die CDU unerwartet hohe Wahlergebnis, "aber ich weiß noch nicht, ob ich drin bin", antwortete Jutta Schmitt-Lang auf die Frage nach ihrem Sitz im Landtag. "Es ist mir zunächst nicht so ganz wichtig, ob ich nun drin bin oder nicht. Ich freue mich riesig, dass sich der Aufwand gelohnt hat und dass hier in meiner Heimat die CDU so gut abgeschnitten hat", unterstrich die Landtagskandidatin. Und später hat sie sich sicherlich doppelt gefreut, denn die junge Studienrätin hat den Sprung in den saarländischen Landtag schließlich doch geschafft.

Für Lukas Paltz (Grüne) ist die Sache "dumm gelaufen, einfach schlecht für uns". Aber er gab sich realistisch: "Das war eigentlich abzusehen", so seine Einschätzung. Woran es lag? "Die Parteiführung hat sicherlich auch ihren Beitrag dazu geleistet", stellte Paltz ironisch fest. Aus Sicht der Blieskasteler Grünen sei der Rücktritt des saarländischen Grünen-Chefs Hubert Ullrich "längst überfällig" gewesen. Auch die gesamte Kampagne sei nicht gut gelaufen. "Auf den Plakaten war keine grüne Handschrift erkennbar, die waren viel zu intellektuell", unterstrich Paltz. Es sei einfach nur schade, die AfD sei drin, die grüne Kraft sei draußen: "Das fehlt", so der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Blieskasteler Stadtrat. Blieskastels Bürgermeisterin Annelie Faber-Wegener war erfreut über den Wahlausgang: "Ich freue mich, dass die Bürgerinnen und Bürger die gute Arbeit von Annegret Kramp-Karrenbauer mit ihrer Wahl honoriert haben. Dies ist ein wirklich unerwartet gutes Ergebnis für meine Partei", stellte die Blieskasteler Verwaltungschefin heraus.

Petra Linz, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion im Stadtrat und Ortsvorsteherin von Niederwürzbach sieht im Wahlergebnis "die äußerst hohe Zufriedenheit der Wähler mit der Arbeit der Großen Koalition" widergespiegelt. Nach der Festlegung der SPD für eine eventuelle rot-rote Koalition habe man in der Partei "die Zeche mit der Abgabe der Stimmen an die CDU und an die Linke bezahlt". Und weiter: "Alle Wahlvorhersagen bis kurz vor der Wahl waren für die Katz, das Geld hätte man sich sparen können. Die Bürgerinnen und Bürger haben entschieden, und das ist auch genau richtig so", kommentierte Petra Linz. Manch ein politischer Experte hatte für den Sonntagabend einen regelrechten Wahlkrimi prophezeit. Demoskopen sprachen gar von einem Kopf-an-Kopf-Rennen von Anke Rehlinger (SPD) und Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) um die Macht in der Saarbrücker Staatskanzlei.

Davon merkte man am Sonntagabend im Sitzungssaal des Ormesheimer Rathauses, kurz nach Schließung der Wahllokale in den acht Ortsteilen, nichts. Um 18.15 Uhr hatte dort Bürgermeister Gerd Tussing (CDU) zunächst noch ein Problem mit dem Laptop bei der Übertragung der TV-Sendungen. In Anwesenheit einer am Wahlausgang interessierten Bürgerin wirkte der Verwaltungschef fast schon ein wenig einsam. Doch das Problem war schnell im Griff, als Gerhard Niederländer kam. Das CDU-Gemeinderatsmitglied ging daraufhin schnell wieder nach Hause und kam mit zwei PC-Lautsprecherboxen zurück. Die borgte er der Gemeinde. Von Anspannung im Sitzungssaal keine Spur.

Tussing hatte angesichts der Fernsehprognose über den CDU-Sieg gute Laune und wirkte gelöst. Er erzählte fast jedem, der im Laufe des Abends erschien, dass er die Wette mit seiner Frau Sigrid gewonnen habe. Ein Bier sei der Wetteinsatz gewesen. Gerd Tussing war sich sicher, dass die Union mit einer "4" im Wahlergebnis vorne in den Landtag einziehen würde. Nach und nach waren die zwölf Stimmbezirke ausgezählt. Etwas mehr als eine Stunde nach Schließung der Wahllokale treffen einige interessierte Bürger ein. Blickte man in ihre Gesichter, schien sich dort eine Mischung aus Zufriedenheit und Erleichterung abzuzeichnen. "Das Ergebnis freut mich. Die Ansprechpartner in Saarbrücken bleiben gleich. Die Arbeit lässt sich fortführen", kommentierte Bürgermeister Gerd Tussing das Ergebnis.

Das Thema Rot-Rot habe sich hochgeschaukelt und auch mobilisiert, glaubt das Gemeindeoberhaupt. Er verneinte den Eindruck, dass bei der Union die Nerven blank gelegen hätten. "Es ist schön, dass man sich über das Ergebnis freuen kann. Auch in Erfweiler-Ehlingen, wo ich Ortsverbandsvorsitzender bin", sagte Tussing stolz. Eine hohe Wahlbeteiligung sei ein Hinweis für die Zustimmung zur bisherigen Regierung. Auch biete die Fortführung der Großen Koalition die Chance, Dinge umzusetzen, die sonst nicht so einfach sind, ist er überzeugt. Er widersprach jedoch dem Eindruck, dass dies ein Hinweis auf eine bevorstehende Verwaltungsreform sei. "Ich denke nicht in Reformen. Ein Zusammenschluss etwa mit Gersheim löst keine Probleme. Ich bin kein Freund von Experimenten. Dafür von stabilen Verhältnissen. Wir können jetzt die geplanten Sachen fertig machen", sagt der Bürgermeister motiviert, ehe er sich auf den Weg zur Wahlparty der Landes-CDU in die Saarbrücker Luminanz machte.

88 Helfer hatten in den zehn Wahllokalen der Gemeinde Gersheim und im Rathaus dafür gesorgt, dass die Landtagswahl reibungslos über die Bühne ging, das organisatorische gut erledigt wurde. Unterschiedlich fallen die Reaktionen der Kommunalpolitiker aus, die am Sonntagabend ihre Einschätzungen abgaben.

Bürgermeister Alexander Rubeck, der auch als CDU-Gemeindevorsitzender, analysierte: "Aus Sicht der Gemeinde Gersheim ein gutes Ergebnis, weil es sich dadurch ankündigt, dass es weiterhin eine große Koalition unter Führung von Annegret Kramp-Karrenbauer geben wird. Dies ist bei unserer prekären Finanzlage besonders wichtig, weil ich jetzt umso mehr auf die Zusage der Ministerpräsidentin im Wahlkampf setze, uns mit einer langfristigen Regelung zu helfen.

Als Parteivorsitzender zeigte sich Rubeck sehr zufrieden, da es noch über dem Landesdurchschnitt liegt. "Es bedeutet, dass wir auf Gemeindeebene um 6,6 Prozent zulegen konnten."

Jürgen Wack (CDU) stellte fest, dass er mit einem solchen Ergebnis nicht gerechnet habe. "Das Gemeindeergebnis zeigt, dass die CDU-Gersheim zulegen konnte, weiterhin die führende Kraft darstellt." Christine Streichert-Clivot (SPD) fand das Wahlergebnis für die SPD in Gersheim enttäuschend. "Wir stellen uns auf harte Koalitionsaussagen ein."

Mario Fontana (Die Linke) stellte fest: "Obwohl ich mir einen Politikwechsel gewünscht habe, bin ich mit dem Wahlergebnis zufrieden. Die Linke ist drittstärkste Kraft im Land, was sich auch im Wahlergebnis in unserer Gemeinde wiederfindet." Ina Dittscheid (Bündnis 90/Die Grünen) sagte: "Offensichtlich konnten wir die Grünen-Inhalte um Umwelt, Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit und Bildung auf Landesebene nicht ausreichend kommunizieren. Teilweise lag das sicher an der unsicheren politischen Gesamtsituation, die auch auf Landesebene dazu geführt haben dürfte, dass viele Wähler Kontinuität den Vorzug vor aktuellen Problemen gegeben haben."

Gersheimer Vertreter im Kreistag hatten folgende Statements abgegeben. Peter Nagel, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion: "Ich bin hoch erfreut, dass Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer die Möglichkeit hat weiter zu regieren. Die Wähler haben Kontinuität gewollt, sprachen sich dafür aus die große Koalition fortsetzen. Ich denke, dass am Ende die Person der Ministerpräsidentin das Ergebnis ausgemacht hat. Auch auf Gemeindeebene hat sich ausgezahlt, dass sie durch ihre authentische Art dazu beigetragen konnte, dass in Gersheim noch zugelegt werden konnte."

Michael Clivot (SPD) teilte mit: "Enttäuschend vor allem, dass die AfD in Gersheim über dem Landesdurchschnitt liegt. Wir haben im Wahlkampf keine Fehler gemacht. Bestimmte Punkte müssen aus unserer Sicht im Koalitionsvertrag stehen, dafür werden wir streiten."

Hans-Jürgen Domberg (Bündnis 90/Die Grünen), Ortsvorsteher von Herbitzheim und Beigeordneter im Saarpfalz-Kreis, sprach von einem sehr engagierten Wahlkampf. "Auch deshalb bin ich dementsprechend enttäuscht. Doch wir müssen uns sehr schnell auf einen Neuanfang besinnen, denn so wie es war sollte es nicht weiter gehen. Wir müssen mit neuen Köpfen starten. In der Wahl wurde schon ein Anfang gemacht, was jedoch noch einer Konkretisierung bedarf."

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 Im Reinheimer Gasthaus Lux wird aufmerksam die Wahlberichterstattung des Fernsehens verfolgt. Am Tisch sind unter anderem CDU-Gemeinderatsmitglied Peter Rung (links), Ortsvorsteher Jürgen Wack (2. Von links), CDU-Gemeinderatsmitglied August Nagel (5. Von links) und der CDU-Ortsvorsitzende Reinheims, Hermann Lembert (rechts). Foto: Wolfgang Degott

Im Reinheimer Gasthaus Lux wird aufmerksam die Wahlberichterstattung des Fernsehens verfolgt. Am Tisch sind unter anderem CDU-Gemeinderatsmitglied Peter Rung (links), Ortsvorsteher Jürgen Wack (2. Von links), CDU-Gemeinderatsmitglied August Nagel (5. Von links) und der CDU-Ortsvorsitzende Reinheims, Hermann Lembert (rechts). Foto: Wolfgang Degott

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 Im Sitzungssaal des Ormesheimer Rathauses verfolgten am Sonntagabend Interessierte die eintreffenden Wahlergebnisse unter ihnen auch Bürgermeister Gerd Tussing (zweiter von links). Foto: Jörg Martin

Im Sitzungssaal des Ormesheimer Rathauses verfolgten am Sonntagabend Interessierte die eintreffenden Wahlergebnisse unter ihnen auch Bürgermeister Gerd Tussing (zweiter von links). Foto: Jörg Martin

Foto: Jörg Martin

In Blieskastel waren es 17 527 Wahlberechtigte, gewählt haben 16 472 Bürger. Das entspricht einer Wahlbeteiligung von 75,9 Prozent. Gersheim hatte 5302 Wahlberechtigte, gewählt haben 4078 Bürger. Das entspricht einer Wahlbeteiligung von 76,9 Prozent. Von den 9136 Wahlberechtigten Mandelbachtaler Bürgern haben 7215 am Sonntag (79 Prozent) von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Der Durschnitt im ganzen Saarland war knapp zehn Prozent (69,7 Prozent) geringer.

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