Das Auge entscheidet, nicht die Technik

Merzig · Seine Motive fängt François Besch mit dem Smartphone ein. Dafür erhielt der Luxemburger am Sonntag den Monika-von-Boch-Preis.

 Dr. Ingrid Jakobs übergibt den Monika-von-Boch-Preis an François Besch.

Dr. Ingrid Jakobs übergibt den Monika-von-Boch-Preis an François Besch.

Kalte schwarz-weiße Zahnräder und Maschinen an der einen Wand, konträr dazu lebendige knallig-bunte Pilze an der anderen. Der Luxemburger Fotograf François Besch wurde am vergangenen Sonntag mit dem Monika-von-Boch-Preis ausgezeichnet. Bei der Ausstellung, die noch bis Sonntag, 19. April, im Museum Schloss Fellenberg zu sehen sein wird, beweist der Fotograf, dass es nicht auf die Technik, sondern auf das Auge ankommt. Denn seine prämierten Werke erstellte er ausschließlich mit dem Smartphone und der Filtersoftware "Hipstamatic" (wir berichteten).

"Ich habe zusammen mit Dr. Paul Bertemes von mediaArt Luxemburg über zwei Jahre hinweg Künstler gesammelt und nach Fotografen gesucht, die von ihrer Art der Fotografie außergewöhnlich sind", sagte Museumsleiterin Ingrid Jakobs. Den Monika-von-Boch-Preis vergibt das Museum alle zwei Jahre, um das künstlerische Lebenswerk der Fotografin weiter in Erinnerung zu halten. Laut Jakobs ist die Wahl auf François Besch gefallen, weil seine Arbeiten gerade auch für Jugendliche interessant sind.

"Die Jugend fotografiert mit ihren Handys heutzutage so viel. Essen, Trinken, einfach alles", sagte Jakobs weiter. Aus diesem Grund bietet das Museum am Sonntag, 9. April, um 15 Uhr, einen kostenlosen Workshop zusammen mit dem Preisträger, bei dem er seine Technik genauer vorstellt.

"Sehen lernen, sehen können und Gesehenes zielstrebig und punktgenau in einem eigenen Formen- und Farbhaushalt umsetzen", davon zeugen nach der Meinung von Dr. Paul Bertemes die Werke von François Besch, der als Pionier der Fotografie mit dem Smartphone gilt. Bekannt wurde Besch, als die Luxemburgische Post 2013 seine Bilder erwarb und mit fünf seiner Werke die Briefmarkenserie "Le Champignons du Luxembourg" herausgab. Emile Espen, Leiter der "Post Philately" in Luxemburg, entdeckte bei einer Ausstellung in der renommierten Galerie Clairefontaine die farbintensiven Bilder der Reihe "Von Glückspilzen und anderen Lichtwelten". Besonders die kräftigen Farben fielen ihm ins Auge: "Pilze sehen wir oft, aber diese hier sind außergewöhnlich. Nicht so wie die Realität, fast schon falsch. Das hat mir sehr gut gefallen", sagt er.

Auch der für die "Hipstamatic"-App typische schwarze Rand trägt nach seinen Worten zur Komposition der Bilder bei. "Das erzeugt eine gewisse Dramatik." Die Reihe wurde von den Luxemburgern zur "Schönsten Briefmarke des Jahres" gewählt. Nicht nur die Einwohner des Großherzogtums sind begeistert von Beschs Schaffen. Ausstellungsbesucher Gerhardt Kaestle aus Dillingen kann nicht glauben, dass die Bilder tatsächlich nur mit einem Mobiltelefon geschossen wurden: "Die Qualität ist so hoch, das kann man nicht erkennen." Sein Lieblingsbild sei der "Fomes fromentarius", Zunderschwamm zu deutsch. Das Bild, auf dem der hellgraue konsolenförmige Pilz im Kontrast zu dem saftigen grünen Moos und dem braun, gelben Laub steht, sei einfach ein Ausdruck von Herbst.

Auch Hobbyfotograf Manfred Hager aus Schmelz ist begeistert von Beschs Arbeit: "Das Auge, nicht die Technik macht's", sagt er. Besonders das Triptychon hat es ihm angetan, drei Bilder, die eine besondere Spiegelung aufweisen: "Man kennt die ‚Sandwich-Technik' und man kennt die ‚Spiegel-Technik', aber beides zusammen habe ich noch nicht gesehen. Man fragt sich echt, wie er das gemacht hat." Triptychons sind nicht neu. Kunststudentin Petra Julien weiß, dass der Künstler Duccio diese Technik bereits im Mittelalter verwendete. Überrascht sei sie gewesen, wie Besch diese antike Technik mit der modernen Stadt Frankfurt, die auf einem der Bilder zu sehen ist, und dem Smartphone umsetzte.

 Erinnerungsfoto: François Besch Besch in seiner Ausstellung im Museum Schloss Fellenberg. FOTOS: ROLF RUPPENTHAL

Erinnerungsfoto: François Besch Besch in seiner Ausstellung im Museum Schloss Fellenberg. FOTOS: ROLF RUPPENTHAL

Wirken seine Landschaften mit den übertriebenen Farben oder den Spiegelungen eher realitätsverzerrend, so zeigt die Reihe "Street Phoneography" sehr alltägliche Momente. Dazu gehört das Foto einer Muslima mit Kopftuch, die sich gerade mit Hilfe eines Handspiegels schminkt. Im Hintergrund ist ein Werbeplakat zu sehen, auf dem sich eine blonde, freizügigere Frau ebenso ihre Augen nachzeichnet. Besch gab dem Bild die Überschrift "Kulturen". "Angesagt ist das Hinterfragen des Zeitgeistes über komplexe - mitunter provozierende - persönliche visuelle Erzählungen und mit neuen technischen Möglichkeiten", betonte Bertemes. "Angesagt ist letztlich aber insbesondere die künstlerische Transposition von Dingen und Objekten aus ihrem alltäglichen, gewohnten Zusammenhang in eine neue weiterführende Dimension, in eine neue Kunst-Wirklichkeit", sagt Bertemes weiter.

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