Von Partys, Pannen und Politik

Saarbrücken · Heute vor 50 Jahren, am 30. Januar 1967, wurde die Congresshalle in Saarbrücken eröffnet – damals noch als „Kongreßhalle“. In diesem halben Jahrhundert hat sich die Halle als Treffpunkt von Menschen aus Politik, Wirtschaft, Kunst und Kultur fest etabliert.

 1970 wurde die Congresshalle auch als Verhandlungsort für den Prozess um den Soldatenmord von Lebach genutzt. Der Prozess sorgte für großes öffentliches Interesse. Foto: Hartung

1970 wurde die Congresshalle auch als Verhandlungsort für den Prozess um den Soldatenmord von Lebach genutzt. Der Prozess sorgte für großes öffentliches Interesse. Foto: Hartung

Foto: Hartung

Wer in sie hinein will, muss "ziehen", wer wieder raus will, muss "stossen". So steht es zumindest an den Türen. Und rein wollten schon viele - zu Konzerten und Messen, zu kleinen Feiern und großen Shows. Seit 50 Jahren zieht die Saarbrücker Congresshalle die Besucher an. In dieser Zeit haben die Halle und die vielen Menschen, die sie besuchten, einiges erlebt.

Der Weg durch die Halle ist zugleich ein Weg durch deren Geschichte. Denn an jeder Ecke gibt es etwas zu betrachten, zu bestaunen, zu erzählen. Eine, die besonders viel über die Congresshalle und ihre Geschichte weiß, ist Janine Preiß. Sie begleitet die Congresshalle schon seit Ende der 80er Jahre, kennt sie noch als "Kongreßhalle" und ohne den Erweiterungsbau. 15,2 Millionen Mark hat die Grundversion der Halle gekostet, aber im Lauf der Zeit wurde sie stetig verbessert und erweitert.

Die Kassenhalle gab es schon, als Preiß kam, erzählt sie - und natürlich Münzfernsprecher. Mit Münzen hatte die heute 45-Jährige in ihrer Anfangszeit eh viel zu tun: Denn eine ihrer Aufgaben war es, Eintrittskarten und Geld zwischen der Halle und den Vorverkaufsstellen hin- und herzubefördern.

Preiß kennt nicht nur alle Vorverkaufsstellen in der Stadt, sondern alle Räume der Congresshalle - auch die, die man als Besucher normalerweise nicht sieht. Dazu gehört der Hausleitraum. Hinter dem unscheinbaren Namen verbirgt sich ein Sammelsurium aus Knöpfen und Schaltern, Telefonen und Funkgeräten. Von dort aus werden die Vorgänge in den vielen anderen Bereichen der Halle gesteuert.

Und Bereiche, die der Besucher kennt, gibt es viele: Immerhin können bis zu vier Veranstaltungen parallel in der Congresshalle stattfinden - genauso viele, wie es Eingänge zur Halle gibt. Herzstück ist dabei der Große Saal. Und hier waren schon viele der ganz Großen, aus Musik und Kultur genauso wie aus Wirtschaft und Politik.

Eine Erinnerung hat Preiß zum Beispiel an Oskar Lafontaine . Diese hängt mit dem Messeforum des Marketingclubs anlässlich des 40. Geburtstags der Saarmesse zusammen. Dekoriert war die Bühne mit einer großen "40" - und ebenjene Ziffer "4" in der Dekoration fiel mitten in der Veranstaltung einfach runter. "Als der Oskar geschwätzt hat", erinnert sich Preiß, "hat es plumps gemacht."

Aber trotz kleiner Unfälle ist der Große Saal gut in Schuss. Mehrmals hat er die Farbe gewechselt, aktuell ist er rot mit viel Holz. Vom Regieraum über dem Großen Saal gibt es keinen guten Blick auf den Saal selbst, zu klein sind die Fenster. Aber die Technik hat man dafür bestens im Blick. "Früher war bei Kongressen das Highlight die Doppeldiaprojektion", erinnert sich Preiß. Heute geht's moderner zu - glücklicherweise, so gibt es zumindest keine ärgerlichen Zwischenfälle mit heruntergefallenen Diaschlitten mehr.

Heller als im Großen Saal ist es im Saal Ost sowie im Saal West. "Viele ältere Kollegen sagen dazu immer noch ‚der Neubau'", lacht Preiß. Dabei ist auch der Saal West mit seinen rund 20 Jahren schon längst volljährig. Gestaltet hat ihn damals Miroslav Volf. Heute gehören der Neubau und der "alte" Teil von Dieter Oesterlen zusammen, bieten Gemeinsamkeiten und Kontraste. Denn jeder Raum ist ein bisschen anders. Zusätzliche optische Reize bietet die Kunst an mehreren Stellen der Congresshalle: bunte Quadrate von Daniel Buren und Stahlplatten von Fritz Kühn . Auch irgendwie Kunst ist die bemalte Decke des Parkhauses für Angestellte. Sterne und Herzen auf hellblauem Grund zeugen von der Vergangenheit dieses Raumes als bayerische Umgebung beim Premabüba. Heute ist das Parkhaus nur noch Parkhaus, gefeiert wird aber weiterhin.

Apropos Premabüba: Den sogenannten Presse-Maler-Bühnen-Ball feiern die saarländischen Faschingsfreunde seit Bestehen der Congresshalle dort. Mit dabei waren Unterhaltungsgrößen wie Ivan Rebroff und Mary Roos - und mit Vorhängen versehene Kabuffs für die Gäste. Was da wohl alles passiert ist? Diese Frage spricht Preiß zwar aus, lässt sie aber unbeantwortet.

Hoch her ging es in der Congresshalle nicht nur an Fasching, sondern auch - weniger schön - beim Jahrhunderthochwasser 1993. Die Konferenzräume im Untergeschoss standen damals komplett unter Wasser.

Nicht mit Wasser, aber mit Öl hatte man in einem Flur in den 90er Jahren zu kämpfen: Bei einem Bodybuilding-Wettbewerb ölten sich die Muskelmänner so stark ein, dass die Spuren nicht mehr zu beseitigen waren und der Flur komplett renoviert werden musste. Nicht ganz so arg waren die Spätfolgen eines Auftritts in den 90ern, bei dem ein Künstler mit Hilfe von Ventilatoren Federn ins Publikum blies. "Die haben wir Wochen später noch überall gefunden", schmunzelt Preiß und bemitleidet noch heute die Reinigungskräfte wegen dieses etwas anderen "Highlights".

Nicht nur Unterhaltung, auch Politik stand immer wieder auf dem Programm. Zur Eröffnung war Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger da, zum Katholikentag auch Angela Merkel. Helmut Kohl hat Preiß mal auf dem Trampelpfad zum Parkplatz getroffen - heute undenkbar.

Fotos vieler Ereignisse hängen im Flur des Verwaltungstrakts, wo Preiß als Eventmanagerin schaltet und waltet. Aufgereiht in dem langen Gang, an dessen Ende sich die Künstlergarderoben befinden, gibt es zahlreiche Erinnerungen an weitere Veranstaltungen: Modenschauen, Theaterabende und natürlich der Prozess um den Lebacher Soldatenmord. Auch viele schöne Autos waren bei Ausstellungen schon zu sehen, von Peugeot und BMW zum Beispiel.

Autos gibt es seit 2003, zumindest vor der Halle, quasi keine mehr: Der dortige Parkplatz wich einem Vorplatz mit Wasserspielen. Was sich seit dem Entstehen der Halle nicht geändert hat, sind die eigentlich unscheinbaren weißen Kacheln, die im Innen- und Außenbereich zu finden sind. Das wird auch so bleiben: Denn die Kacheln stehen, wie der Rest des Baus, unter Denkmalschutz.

Zum Thema:Zur Feier des 50. Jubiläums der Congresshalle gibt die Deutsche Radio Philharmonie am Donnerstag, 2. Februar, ein Konzert. Beginn ist um 20 Uhr. Ruhig wird es in der Congresshalle aber auch danach nicht. Der Wilde Westen hält zur zweiteiligen Faschingsparty Einzug, zur Weiberfaasenacht am Donnerstag, 23. Februar, genauso wie zum Premabüba am Samstag, 25. Februar. Im März kommen unter anderem Michelle und Paul Panzer. Der April beginnt mit der Abschiedstour der Wise Guys. Für den Rest des Jahres locken viele weitere Konzerte, Kongresse, Musicals und mehr. bsch

CHRONIK

1957 wird das Saarland das zehnte deutsche Bundes land. Bundeskanzler Konrad Adenauer erklärt, dass die Bundesregierung "zur Erinnerung" an diesen Tag die Mittel für die Errich tung einer Halle zur Verfügung stellt.

1959 gewinnt Dieter Oes terlen den Architekten wettbewerb. Die geplante Halle soll eine Konzerthal le mit Variationsmöglich keiten werden. Außerdem soll es einen Vortragsraum, ein Foyer und einen Erfrischungsraum geben - natürlich mit Rauch-Erlaubnis.

1964 kommt der damalige Vizekanzler Erich Mende (FDP) zum Richtfest nach Saarbrücken.

1965 steht im Zeichen des Namensstreites: Sowohl die Stadtverwaltung als auch der Landessportverband sind dabei, eine Halle zu bauen. Eine davon soll "Saarlandhalle" heißen, nur welche, ist lange nicht klar.

1967 titelt die Saarbrücker Zeitung : "Freude über das gelungene Werk". Die Kongreßhalle meldet erste Veranstaltungen an. Am 30. Januar wird sie offiziell ihrer Bestimmung überge ben. Mit dabei: Kanzler Kurt Georg Kiesinger. Im selben Jahr findet auch zum ersten Mal der Presse-Maler-Bühnen-Ball (Premabüba) dort statt.

1986 bis 1990 finden um fangreiche Verbesserun gen des Brandschutzes statt - nur in den Sommer monaten, um die laufen- den Veranstaltungen nicht zu beeinflussen.

1993 bringt Gutes und Schlechtes: Nach der Planung einer Erweiterung erhält Architekt Miroslav Volf den Zuschlag. Im sel- ben Jahr sorgt jedoch das Jahrhunderthochwasser dafür, dass große Teile der Halle unter Wasser stehen.

1995 beginnen die Baumaßnahmen an der Westseite. Die Saarlandhalle und die Kongreßhalle werden jetzt von einer Gesellschaft betrieben.

1999 ändert sich die Schreibung des Namens: Aus der Kongreßhalle wird die Congresshalle.

2003 wird der Parkplatz zum Vorplatz. Dieser erhält den Namen Johannes- Hoffmann-Platz, benannt nach dem ersten Ministerpräsidenten des Saarlandes (1947-1955).

2007 erhält der Große Saal der Congresshalle ein neues und modernes Farbkonzept. Bei der Renovierung wird auch der Rang zu einer Empore erweitert und die Raumakustik verbessert.

2009 wird das La Touraine, das früher Restaurant Kongreßhalle hieß, in das Restaurant Roma umgebaut.

2010 bis heute finden weiterhin Maßnahmen zur Modernisierung der Congresshalle als Veranstaltungsort direkt an der Saar statt. bsch

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