Geld fließt für Sitzungsmuffel

Eppelborn/Saarbrücken · Wer als Ratsmitglied über Jahre hinweg nicht zu Sitzungen kommt, hat trotzdem Anspruch auf eine Aufwandsentschädigung. Zu diesem Urteil kommt die Kommunalaufsicht. Anlass ist ein Fall aus Eppelborn. Dort ist ein AfD-Ratsmitglied seit 2014 nicht mehr aufgetaucht.

Ein Kommunalpolitiker der AfD aus der Gemeinde Eppelborn, der seit mehr als zwei Jahren zum Teil unentschuldigt bei sämtlichen Sitzungen von Ortsrat, Gemeinderat und Kreistag fehlt, muss keine Sanktionen fürchten. Die Kommunalaufsicht des Landes hat den Fall geprüft und kommt zu dem Schluss, dass die Gemeinde ihm die Aufwandsentschädigung weder kürzen noch komplett streichen darf.

Der AfD-Politiker Wolfgang Meiser ist nach Angaben seiner Partei erkrankt, nimmt aber an Parteiveranstaltungen teil und wurde auch bei Festen in der Gemeinde gesichtet. Auf Diskussionen über sein Verhalten lässt er sich nach Angaben von Bürgermeisterin Birgit Müller-Closset (SPD ) nicht ein. Anfänglich legte er Atteste und Entschuldigungen vor, später nicht mehr. Kürzlich ließ er der Verwaltung von einem Fraktionskollegen ausrichten, dass er krankheitsbedingt nicht kommen könne. Dennoch bezieht er für seine drei Mandate weiter Aufwandsentschädigungen von insgesamt 345 Euro im Monat.

Zwar schreibt das Kommunalselbstverwaltungsgesetz (KSVG) vor, dass Ratsmitglieder "die ihnen obliegenden Pflichten gewissenhaft" erfüllen müssen und "insbesondere an den Sitzungen des Gemeinderats teilzunehmen" haben. Allerdings erlaubt das Gesetz keine Sanktionen - "im Gegensatz zu Regelungen in anderen Bundesländern", wie die Juristen der Kommunalaufsicht im Landesverwaltungsamt notierten. "Der saarländische Gesetzgeber hat insoweit dem freien Mandat einen hohen Stellenwert eingeräumt und daher - bislang - keinen Bedarf für Sanktionsmöglichkeiten gesehen."

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte 2010 in einem ähnlich gelagerten Fall und bei ähnlichen landesrechtlichen Regelungen genau anders entschieden: "Entscheidet sich das Ratsmitglied, sein Mandat nicht auszuüben, steht der Grundsatz des freien Mandats der Verweigerung der Aufwandsentschädigung nicht entgegen" (Az. 1 K 8272/09). Deshalb hält der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion , Roland Theis , es auch im Saarland für möglich, einem Ratsmitglied, das ständig fehlt, die Aufwandsentschädigung zu kürzen. Denn wo kein Aufwand für das Mandat betrieben werde, brauche die Gemeinde auch keine Aufwandsentschädigung zu zahlen. "Gerade für einen so eindeutigen Fall wie bei Wolfgang Meiser bedarf es dafür keiner Änderung des KSVG", sagte Theis. "Die Eppelborner Bürgermeisterin Birgit Müller-Closset sollte die Zahlungen an Meiser einfach einstellen."

Müller-Closset hält eine Änderung des KSVG für notwendig, bekommt dafür jedoch auch aus ihrer eigenen Partei im Landtag, der SPD , keine Unterstützung. Fraktionsvize Magnus Jung findet: "Die Forderung, eine Aufwandsentschädigung zu streichen, wenn jemand dauerhaft nichts leistet und nur abkassiert, finden wir grundsätzlich richtig." Dafür müsse aber nicht übereifrig ein Gesetz geändert werden, schließlich werde die Aufwandsentschädigung durch jeden Gemeinderat selbst geregelt. In Eppelborn erhalten Mitglieder monatlich 55 Euro pauschal und darüber hinaus noch 20 Euro je Sitzung. Möglich wäre auch, beides als Pauschbetrag zusammenzufassen.

In anderen Bundesländern sind Sanktionen in den Gemeindeordnungen ausdrücklich vorgesehen: Etwa gegen Ratsmitglieder in Bayern, die "ohne genügende Entschuldigung" bei Sitzungen fehlen, kann der Gemeinderat ein Ordnungsgeld von bis zu 250 Euro verhängen. Fruchtet das nicht, kann der Rat dem Betroffenen sogar das Mandat aberkennen. In Baden-Württemberg sind sogar Ordnungsgelder von bis zu 1000 Euro möglich.

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