Angst um die Familie in Nepal

Riegelsberg · Die 27-jährige Nepalesin Binita Tamrakar arbeitet als Au-Pair-Mädchen in Riegelsberg. Ihre Eltern haben das fürchterliche Erdbeben in Nepal mit bisher über 5000 Toten überlebt, doch alles Hab und Gut verloren.

 Die Fotos ihrer Familie schaut Binita immer wieder sorgenvoll an. Foto: Monika Jungfleisch

Die Fotos ihrer Familie schaut Binita immer wieder sorgenvoll an. Foto: Monika Jungfleisch

Foto: Monika Jungfleisch

Seit einem guten halben Jahr lebt Binita Tamrakar bei Familie Seim in Riegelsberg . Als Au-Pair-Mädchen kümmert sich die 27-Jährige um Mia-Lune, die achtjährige Tochter von Iris und Dr. Anders Seim, versorgt die Familie, die Katze und den Haushalt und lernt jeden Tag fleißig Deutsch. Sie träumt davon, vielleicht hier in Deutschland eine Ausbildung in der Alten- und Krankenpflege zu absolvieren, und damit ihre Familie in Nepal zu unterstützen.

Als Binita am vergangenen Samstag Radio hörte, verschlug es ihr die Sprache. "Erdbeben in Nepal". "Mehrere Tausend Tote und Verletzte". "Ganze Dörfer verschüttet". Die Nepalesin brach in Tränen aus: "Was ist mit meiner Familie? Lebt sie noch? Wie sieht es in meiner Heimatstadt aus?"

Binitas Familie wohnt rund eine halbe Autostunde von Kathmandu entfernt in Lalitpur, der drittgrößten Stadt Nepals. Dort leben ihr Vater (64 Jahre alt), ihre Mutter (52) und ihr Bruder (28) mit seiner Frau (27) und dem dreieinhalb Monate alten Baby in einem Haus zusammen.

Sofort wählte Binita ihre Eltern an - kein Lebenszeichen. Alle Leitungen tot. Auch via Skype ging nichts. Die Ängste wuchsen von Minute zu Minute. Je mehr Nachrichten vom Erdbeben aus Nepal in Deutschland ankamen, um so unruhiger und trauriger wurde Binita. Als am Nachmittag das Telefon klingelte und sie die brüchige Stimme ihres Vaters hörte, brach Binita fast zusammen: "Sie leben! Meine gesamte Familie lebt", sagte sie immer wieder laut vor sich hin. "Sogar die zwei Hunde haben überlebt."

Mit den Tränen kämpfend erzählt sie: "Meine Eltern sind sofort nach den ersten Erdstößen aus dem Haus gerannt. Alle Nachbarn haben sich auf der Straße versammelt. Es war ein heilloses Durcheinander. Unser Haus war zuerst unversehrt. Doch dann kamen weitere Erdbeben, mittlerweile ist das Haus zerstört, meine Familie lebt in einem Zelt auf der Straße. Es gibt keinen Strom, keine Lebensmittel, es regnet und stürmt, ständig gibt es weitere Erderschütterungen. Um Wasser zu bekommen, müssen sie sich in einer langen Schlange anstellen. Die Schwiegereltern meines Bruders haben auch überlebt, aber die Eltern eines Freundes von mir und seine Kinder sind gestorben." Da die Infrastruktur in Nepal zerstört ist, fällt die Notversorgung der Einwohner schwer.

Kontakt zu Eltern und Freunden zu halten, ist für Binita äußerst schwer möglich. "Ich fühle mich so hilflos, ich kann nicht helfen, würde meiner Familie gerne beistehen, doch ich weiß nicht wie. Auf der einen Seite bin ich froh und glücklich, hier in Deutschland zu sein, doch am liebsten würde ich nach Hause, um bei meiner Familie zu sein, aber ich weiß, das wäre völlig unvernünftig und ginge auch gar nicht."

Um wenigstens ein klein bisschen das Gefühl zu haben, ihrer Familie beizustehen, hat Binita in ihrem Freundeskreis in Riegelsberg um Spenden gebeten. Erste Zusagen hat sie. Das Geld will sie ihren Eltern überweisen, damit sie einen Grundstock haben, um ihr Haus wieder aufzubauen. Diplom-Psychologin Iris Seim hatte spontan eine weitere Idee: "Vielleicht gelingt es uns ja, Binitas Familie vorübergehend nach Deutschland zu holen. Fünf Personen werden wir hier in Riegelsberg doch unterbekommen." Auch Tochter Mia-Lune will helfen, bot an: "Einer kann bei mir im Bett schlafen."

Wer helfen kann, wendet sich an Iris und Dr. med. Anders Seim, Tel. (0 68 06) 4 45 61.

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