„Wir sind wieder gefragt“

Riegelsberg · Nicht zuletzt ein Umfrageergebnis, das den Wiedereinzug in den Landtag in Aussicht stellt, bestärkt die Liberalen an der Saar. Auch pflegen offenbar wieder mehr konkurrierende Politiker Umgang mit der Partei.

 FDP-Landeschef Oliver Luksic an seinem Lieblingsort: Eine Bank mit Blick auf seinen Heimatort Holz und den Fröhner Wald, wo er den Bau von Windkrafträdern nicht verhindern konnte. Foto: Oliver Dietze

FDP-Landeschef Oliver Luksic an seinem Lieblingsort: Eine Bank mit Blick auf seinen Heimatort Holz und den Fröhner Wald, wo er den Bau von Windkrafträdern nicht verhindern konnte. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Von der Krise der FDP ist keine Rede mehr. Kaum ein Wort hört man heute noch von Schmach und Schande der Liberalen auf Bundes- wie auf Landesebene. Spätestens seit der Saar-FDP bei der letzten Umfrage im Mai über vier Prozent vorhergesagt wurden, scheint sich das Blatt gewendet zu haben. Schaffen es die Liberalen im März 2017 in den Landtag, könnten sie plötzlich sogar erneut ein gefragter Mehrheitsbeschaffer und Koalitionspartner sein. So wenig realistisch es bisher auch klingen mag: Die Bildung einer Ampel-Koalition aus SPD , Grünen und FDP im Nachbarland Rheinland-Pfalz hat die Politik auch im Saarland aufmerksam verfolgt. "Wir sind wieder gefragt", stellt FDP-Landeschef Oliver Luksic fest. Zwar nennt er Dreier-Koalitionen "immer schwierig", doch außer einer Polit-Ehe mit AfD oder Linken will er nichts ausschließen. Gleichwohl, betont Luksic, "strebe ich nicht mit aller Gewalt in die Regierung".

Zwei Jahre ist das her, da hatte Luksic noch im SZ-Gespräch erklärt: "Der FDP ist verloren gegangen, was das Schlimmste in der Politik ist: die Glaubwürdigkeit." Gänzlich zurückerobert habe man die heute wohl noch nicht, konstatiert der 36-Jährige vorsichtig. "Aber die Leute haben wieder Zutrauen, das merkt man." Auch neue Mitglieder gebe es jetzt, derzeit sind es insgesamt 1060. "Wir haben es von totaler Antipathie zu neuer Sympathie geschafft." Ein Sympathiebeschleuniger ist offenbar auch die politische Großwetterlage: "Die Leute suchen nach einer Alternative zur großen Koalition, und die AfD ist für sie nicht wählbar", meint Luksic.

Unter dem Motto "Saarland update" wollen die Liberalen dieser Alternative ein Gesicht geben: Statt der "gefloppten" und "wirtschaftlich wirkungslosen" Frankreich-Strategie der Landesregierung brauche das Saarland eine Digitalisierungsoffensive. Von der dann "modernsten Verwaltung" aller Bundesländer profitierten Bürger, Industrie und sogar Schüler: Denn die Digitalisierung solle helfen, den Unterricht für jedwedes Bedürfnis zu individualisieren, "statt immer nur zu vereinheitlichen", so Luksic. Auf dem Parteitag in Illingen haben die Liberalen sich kürzlich zudem ins Programm geschrieben: Ausbau der Krippen- und Kindergartenplätze mit einem bis zu 24-stündigen Angebot. Auch müsse die Qualität der Einrichtungen verbessert werden. "Da dürfen Kinder nicht nur einfach aufbewahrt werden", sagt Luksic. Sein Motiv für die angestrebte Marschrichtung: "Im Wettbewerb der Regionen verlieren wir immer mehr Einwohner. Diesen Trend gilt es umzukehren", sagt er.

Im Saarland sieht er einen "riesigen Investitionsstau", den die Landesregierung mit ihrem Sparprogramm insbesondere an der Uni noch "unverantwortlich" beschleunige. Dort gebe es inzwischen weder Schwerpunkt-Forschung noch verfügbaren Platz im Starterzentrum: "Einen Skandal" nennt Luksic das. Innovationen würden konsequent verschlafen. "Weshalb keine Teststrecke für autonomes Fahren im Saarland?", fragt Luksic. Die Wirtschaft im Saarland sei zu abhängig von der Automobilindustrie nach herkömmlichem Muster. "Ich behaupte nicht, auf Knopfdruck alles ändern zu können", sagt Luksic. "Aber ich will andere Prioritäten setzen, vor allem bei Bildung und Infrastruktur." Finanzieren will der FDP-Landeschef das über eine Reduzierung auf höchstens drei Landkreise, eine Zusammenlegung der zwölf Bauämter sowie über eine Einheitsgesellschaft für Schwimmbäder. Auch die Schuldenbremse ist für Luksic nicht sakrosankt: "Sie ist kein Dogma." Entscheidend hierfür sei, was bei den Verhandlungen über die Bund-Länder-Finanzbeziehungen herauskomme.

Die Erfahrungen - nicht zuletzt in stürmischen Jamaika-Zeiten gesammelt - haben Luksic vorsichtiger gemacht. Das sagt er selbst. Mit Blick auf einen möglichen Wiedereinzug in den Landtag betont er denn auch: "Wir haben heute keine Problemfälle mehr, sondern gute, verlässliche Leute."

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