Der Bahn den Hof gemacht

Püttlingen · Zwei Dichterinnen machten der Bahn den Hof: Am Püttlinger Bahnhof gab's Gedichte und Texte von Eva Dörr-Vieregge und Margret Roeckner über Bahn- und Busreisen. Mittelalter-Tänze steuerte „Die Tafelrunde“ bei.

Mit Literatissimo ging in Püttlingen der kulturelle Freiluft-Kalender in Verlängerung: Am Kulturbahnhof gab es Texte der Köllerbacher Autorinnen Margret Roeckner und Eva Dörr-Vieregge sowie mittelalterliche Tänze vom Völklinger Tafelrunde-Verein. "Es freut mich, dass auch nach dem Sommerfahrplan noch kleine feine Veranstaltungen auf dem Bahnsteig laufen, und wir einen schönen Abend hier verbringen können", meinte Denise Klein, die als Beigeordnete der Stadt Püttlingen die Gäste begrüßte.

Margret Roeckner und Eva Dörr-Vieregge brachten Gedichte und Geschichten mit, die um das Thema Bahnhof und Reisen kreisten, die von Zugfahrten erzählten, Eindrücke und Erlebnisse auf Bahnhöfen schilderten. Züge rollten durch Tunnels, Lichter und erleuchtete Fenster huschten bei einer nächtlichen Bahnfahrt mit Margret Roeckner vorbei. Schmach und Schmerz, Strahlen und Sehnsucht nach Glück, suggerierte uns die Autorin hinter jedem Fenster, der Mond hing im Baumwipfel, und auf der Kirchturmspitze steckte ein Stern.

Mit Eva Dörr-Vieregge ging es im Bus Serpentinen hinauf. Die Erzählerin in dieser Geschichte beäugt die Mitreisenden kritisch und machte sich so ihre Gedanken um bunte Hippies und biedere Wanderer. Der Bus schraubt sich den Berg hinauf. Tief unten im Tal liegen kleine Dörfer, jedes hat seinen Fußballplatz und eine mit Blumen geschmückte Urnenwand.

Beide Autorinnen ließen sich vom Frankfurter Hauptbahnhof zum Schreiben inspirieren. Dörr-Vieregge in impressionistischer Manier: Man hört hektisches Kofferrollen, riecht Metallisches. Ein Mann rennt und zerrt den Koffer hinterher, und aus dem Lautsprecher schallt es : "Achtung auf Gleis vier." Margret Roeckner reiste ohne Platzkarte im TGV zur Buchmesse, was erst zu Platz-Hopping und später zu fröhlichen Stegreif-Reimen im Großraum-Abteil führte. Roeckners Texte haben oft einen philosophischen Sinn. Wenn sie über das Reisen schreibt, ist meist auch die Lebensreise gemeint. Die Autorin reist gern mit leichtem Gepäck. Sie beobachtet Spatzen auf Mallorca und notiert: "Einen Tag leben wie die Spatzen. Wer das könnte. Warum sollte ich es nicht erproben?" In Dörr-Vieregges Wort-Welt fühlt man sich am wohlsten, wenn sie nahe am Meer liegt, die Autorin sich zwischen Möwen und Muschelsuchern tummelt, mit hochgestelltem Mantelkragen über den Fischmarkt auf Föhr bummelt und denkt: Es ist immer das Gleiche, und trotzdem suchen alle jeden Sonntag nach dem Erlebnis. Und leise knattert dazu die Fahne an der Strandbude.

Vor, zwischen und nach den Texten wehte das Mittelalter über den Bahnsteig. Da tanzten Mannsbilder mit langen Haaren und Frauen in Häubchen und Schleiern zu keltischer Musik. Später, als es dunkel war, gab es eine Feuerschau mit schwungvoller Jonglage.

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Auf einen BlickTermine: Der Verein "Die Tafelrunde " gestaltet am Samstag, 6. September, 14 bis 17 Uhr, ein mittelalterliches Kinderfest in der Burg Bucherbach in Köllerbach. Margret Roeckner stellt am Donnerstag, 9. Oktober, 15.30 Uhr, in der KöB Herz-Jesu Köllerbach weitere Texte aus eigener Werkstatt vor. Nächste Themenlesung in der Reihe Literatissimo: Freitag, 17. Oktober, 19 Uhr, in Uhrmachers Haus, mit dabei sind: Eva Dörr-Vieregge, Vera Hewener und Margret Roeckner. hof

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