Toscana-Liebe half über Job-Verlust

St Ingbert · Martin Förderer bietet auf dem St. Ingberter Wochenmarkt italienische Spezialitäten an. Sein Olivenöl erzeugt er selbst. Das berufliche Standbein hat Förderer mit 55 Jahren für sich entdeckt. Nach der Kündigung.

 Martin Förderer bietet auf dem St. Ingberter Wochenmarkt Köstlichkeiten an. Foto: Cornelia Jung

Martin Förderer bietet auf dem St. Ingberter Wochenmarkt Köstlichkeiten an. Foto: Cornelia Jung

Foto: Cornelia Jung

. Wer mit Mitte 50 seinen Job verliert, steht beruflich vor einem Scherbenhaufen. Wie ein Happy End dennoch gelingen kann, zeigt die Geschichte von Martin Förderer. Auf dem St. Ingberter Wochenmarkt an seinem Stand mit Olivenöl , italienischer Salami, Rotwein oder Mandelkeksen wirkt der Mann, als habe er nie etwas anderes gemacht. Und neben dem Vertrieb dieser Produkte hat er auch wieder einen festen Job . Um das zu erreichen, musste er aber einen weiten Weg gehen.

Nach seiner Kündigung wanderte Förderer von Juli bis Oktober 2012 in mehreren Etappen in die Toskana . Dorthin, wo er Jahre zuvor ein zweites Heim aufgebaut hatte. Fast 50 Tage war er zu Fuß unterwegs, um den Kopf freizukriegen. "Ich hab' mich selbst nochmal eingenordet, Selbstvertrauen und Abstand gewonnen", erzählt er über diese Erfahrung. Er wollte nicht in alten Mustern hängenbleiben, wollte sich selbst nochmal was trauen. Ihm war klar, dass er andere Wege gehen und sich neu bewerben musste, wobei Vorstellungsgespräche im Sande verlaufen waren. Zu alt, zu teuer, das waren seiner Meinung nach die Hinderungsgründe.

Auf der Wanderung schärfte sich sein Blick, einige seiner "Kanten wurden geschliffen". Förderer wusste danach, was sein Weg sein könnte. Bis Ende 2013 nahm ein Businessplan zum Vertrieb toskanischer Produkte und das Angebot, in einen Landstrich in der Nähe von Florenz zu fahren, Gestalt an. Im Januar 2014 machte sich der St. Ingberter dann selbstständig. Förderer ist gelernter Elektroinstallateur, studierte später Elektrotechnik in Saarbrücken, bevor er im Produktmanagement und als Vertriebsleiter in verschiedenen Unternehmen gearbeitet hatte.

Ihm und seiner Familie ging es gut, man fuhr gemeinsam in den Urlaub. War es erst die Normandie, "kriegten wir noch die Kurve und sind später in der Toskana gelandet". Schon immer wollte die Familie eine feste Anlaufstelle haben und nach dem vierten Toskanaurlaub schauten sie in die dortige Immobilienkartei. Und da war es, ein Traum "mitten in der Pampa, aber mit einem traumhaften Blick auf das Arnotal".

60 Olivenbäume

Irgendwann 1997 fuhr Martin Förderer los, um aus Mauern ein Haus zu machen, wie er sagt. Mit Duschwanne, Waschbecken und Küche im Gepäck trat er die Fahrt von St. Ingbert in die Toskana an. Bereits im Juli 1998 war alles soweit, dass die Familie den ersten gemeinsamen Urlaub im neu geschaffenen Domizil verbringen konnte. Dort nennt er ungefähr 60 Olivenbäume sein Eigen, deren Früchte von Hand geerntet werden. Gemeinsam mit seinem italienischen Nachbarn gibt er sie in die Pressung, deren Ergebnis er heute in seiner saarländischen Heimat verkauft. Er biete nur an, was ihm selbst schmeckt, sagt Förderer.

Jobsuche im Internet

Seitdem ist er acht bis zehn Mal im Jahr dort, um sich mit dem "Herzstück meiner Selbstständigkeit ", dem Olivenöl , zu beschäftigen. Allein das Beschneiden der Bäume sei eine Wissenschaft. "Es macht Spaß, ist aber auch viel Arbeit", so der Pendler zwischen den Ländern.

Trotz der wiedergewonnenen Zufriedenheit schaute er immer wieder im Internet bei Jobbörsen nach Arbeit. Im Januar dieses Jahres bewarb er sich auf eine Ausschreibung, im Februar war er zu einem Vorstellungsgespräch - in Italien. Im April kam dann die Zusage, berichtet er, seit Anfang Mai gibt es den Status "arbeitslos" nicht mehr.

Die persönlichen Umwege, die Martin Förderer machte, sind nun Bestandteil seiner Arbeit bei einer Firma im Piemont, für die er den Vertrieb von Komponenten für die Hausgeräte- und Automobilindustrie in Deutschland übernahm. Er ist Manager, Verkäufer, Deutscher mit italienischen Sprachkenntnissen und Landeskenner in einem und damit wie geschaffen für diesen Job .

Er erklärt es mit Glück, aber seine Frau Brigitte bringt es so auf den Punkt: "Mein Mann kriegt das, was er im Kopf hat, auch hin." Wie auch immer, um mit Mitte 50 nochmal auf die Füße zu fallen - dazu gehören eine gehörige Portion Optimismus und Hartnäckigkeit.

www.mytuscany.de

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