Es geht um mehr als karge Ernährung

St Ingbert · Was Menschen bewegt, noch ganz traditionell zu fasten. Handhaben die Generationen das unterschiedlich?

 40 Tage dauert das christliche Fasten. Viele glauben, es hilft auch dem Körper. Foto: Armin Weigel/dpa

40 Tage dauert das christliche Fasten. Viele glauben, es hilft auch dem Körper. Foto: Armin Weigel/dpa

Foto: Armin Weigel/dpa

Die Fastenzeit ist wieder einmal angebrochen und so mancher nutzt die Tage bis Ostern, um sich von gewissen Gewohnheiten oder dem ein oder anderen Stück Schokolade zu distanzieren. Doch wer heute fastet, tut dies mittlerweile seltener aus religiösen Gründen. Gesundheit und der Wunsch, ein paar Pfunde zu verlieren, stehen dagegen ganz oben auf der Liste. Geht es beim biblischen Fasten darum, sich verstärkt Gott zuzuwenden und die Beziehung zu den Mitmenschen zu verstärken, sehen viele andere darin eher ein ideales Abnehmprogramm. Keine Süßigkeiten, weniger Alkohol und mehr gesundes Gemüse - dies bestimmt zeitweilig der Menüplan mit.

Der für die St. Ingberter Pfarreien zuständige Pfarrer Andreas Sturm sieht es als nicht so bedenklich an, wenn der gesundheitliche anstelle des religiösen Aspekts im Vordergrund steht. Wichtig sei es zu erkennen, wo gewisse Abhängigkeiten einen selbst betreffen, und der Frage auf den Grund zu gehen, worauf man selbst verzichten könne. Allerdings nicht um des Verzichtswillens, "sondern um sich auf die Mitmenschen und Gott zu besinnen". Es sei sinnvoll, die durch einen Verzicht gewonnene Freizeit bewusst zu gestalten. Dabei könne der Fokus durchaus auf der Ernährung und einer aufmerksamen Zubereitung des Essens liegen. Man könne auch einmal das Fernsehen ausgeschaltet lassen und sich stattdessen einem Kapitel der Bibel widmen. "Man sollte nur nicht großartig seine Absichten vor sich her posaunen, denn Fasten ist etwas ganz Persönliches."

Dass auch schon die Kleinsten die Bedeutung des Fastens kennen lernen, zeigt sich in den Unternehmungen der katholischen Kindertageseinrichtung St. Josef in St. Ingbert. Leiterin Christine Müller erzählt auf Nachfrage von den Gesprächseinheiten am Aschermittwoch und Gründonnerstag, an denen die Hintergründe der beiden Tage erklärt würde. Unterstützt werde sie dabei von Kaplan Walter Höcky. Außerdem werden während der Fastenzeit kindgerechte Bilder zur Ostergeschichte und zum Kreuzweg Jesu nach und nach im Flur aufgestellt und erläutert. Des Weiteren erzählen die Kinder vom familiären Alltag und auf was ihre Eltern während der Fastenzeit verzichten. "Ganz spontan entscheiden dann einige der Kinder, weniger zu streiten, sich gegenseitig mehr zu helfen oder auf Bonbons zu verzichten", so Müller.

Beim Besuch des Kaffeenachmittags der Arbeiterwohlfahrt in der Altenbegegnungsstätte in St. Ingbert wird allerdings deutlich, dass für die Senioren Fasten und der Verzicht auf gewisse Nahrungsmittel in diesem Alter offenbar kaum mehr ein Thema sind. "Wir haben es nicht mehr nötig zu fasten, man passt ja das ganze Jahr über auf die Gesundheit auf", lauteten überwiegend die Meinungen. "Wer wild feiert, kann auch fasten. Wir Älteren brauchen das nicht mehr. Ich bin jetzt 90 Jahre, was soll ich denn da noch fasten?", fragt Leni Kussler. Nur wenige gaben an, dass sie in den Wochen bis Ostern keinen Alkohol trinken oder auf Süßigkeiten verzichten. Der religiöse Hintergrund spiele aber keine Rolle.

Das Bewusstsein über die eigene Ernährung spiegelt sich auch in Trends wider - einer, dem immer mehr Jüngere und Jung-Gebliebene folgen ist das so genannte "Clean-Eating"-Konzept aus den USA. Dabei wird das "saubere" Essen eher als Philosophie zur Anleitung eines gesunden Lebensstils verstanden, und nicht aus einer tief religiösen Überzeugung heraus betrieben. So soll man industriell gefertigten Zucker und künstliche Zusatzstoffe vor allem in Fertigprodukten vermeiden. Der Verzicht bedeutet aber nicht automatisch ständiges Hungern. Auf dem Speiseplan steht letztlich alles, solange es natürlich ist. Im Vordergrund stehen das Wohlbefinden im eigenen Körper und der bewusste Umgang mit Lebensmitteln und der Umwelt. Plastikverpackungen sind verpönt und sollen unangetastet im Regal liegen bleiben.

Die Abhängigkeit, unter der vor allem Berufstätige leiden können, ist die ständige Erreichbarkeit. Hier wird von manchen zum Beispiel empfohlen, in der Freizeit das Smartphone einfach mal abzuschalten oder sich nicht ständig im Internet zu bewegen.

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