Freud und Leid des Öko-Lebens

Blieskastel/Kirkel. Umweltbewusst waren die Meisers schon länger

 Mit dem Fahrrad auf dem Blieskasteler Wochenmarkt: Daniela Meiser aus Kirkel bemüht sich in dieser Woche mit ihrer Familie um "Nachhaltigkeit". Foto: Biosphären-Zweckverband

Mit dem Fahrrad auf dem Blieskasteler Wochenmarkt: Daniela Meiser aus Kirkel bemüht sich in dieser Woche mit ihrer Familie um "Nachhaltigkeit". Foto: Biosphären-Zweckverband

Blieskastel/Kirkel. Umweltbewusst waren die Meisers schon länger. Aus diesem Grund dürfte es Stefanie Lagaly vom Biosphären-Zweckverband nicht wirklich schwergefallen sein, die Familie aus Kirkel für ein Experiment zu gewinnen, mit dem der Verband seinen Beitrag im Vorfeld der nächsten Weltkonferenz für Umwelt und Entwicklung in der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro ("Rio20+") leisten will. Der recht abstrakte Begriff der "Nachhaltigkeit" (siehe Infokasten) sollte praktisch begreifbar gemacht werden.Die Meisers stellen seit Wochenbeginn ihr Leben um: Die Familie - Frank und Daniela mit den halbwüchsigen Kindern Sophie und Simon - erledigt alle ihre Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß oder mit dem Rad. Sie versucht sich nur mit regionalen, saisonalen und fair gehandelten Lebensmitteln zu ernähren, achtet zusätzlich darauf, keine Ressourcen wie Wasser oder Strom zu verschwenden und hinterfragt prinzipiell ihre Lebensgewohnheiten auf "Nachhaltigkeit". Ein Energieberater des Saar-Lor-Lux-Umweltzentrums hat sie bereits zu möglichen energetischen Verbesserungen in ihrem Haus beraten, der Garten-Fachmann zur ökologischen Umgestaltung des Gartens hat sich für Samstag angesagt. Um ihren Speiseplan mit eigenen Streuobst-Produkten bereichern zu können, sucht die Familie noch eine Streuobst-Wiese.

Dass die Umstellung hart war, mochte Daniela Meiser gestern bei einer Zwischenbilanz in den Räumen des Biosphären-Zweckverbandes gar nicht bestreiten. Eine zentrale Rolle spielt der Verzicht auf das Auto: "Die Kinder müssen jetzt 25 Minuten früher aufstehen, weil sie zu Fuß zum Schulbus müssen. Ich muss zu meinem Arbeitsplatz bei einem Hörgeräte-Akustiker in Blieskastel und zurück radeln. Für meinen Mann, der als Selbstständiger in der Maschinenbau-Branche viel unterwegs ist, war der Verzicht aufs Auto am dramatischsten." Schwierig seien besonders die nicht planbaren Dinge: eine kurzfristig angesetzte Beerdigung in Bildstock zum Beispiel. Von Kirkel nach Bildstock, unvorbereitet mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Rad: eine echte Herausforderung. Erhöhte Aufmerksamkeit ist auch beim Einkaufen angesagt. Da ist nicht nur das ein oder andere Transport-Problem. "Einmal musste ich feststellen, dass die im Bio-Laden gekauften Kartoffeln tatsächlich aus Ägypten stammten. Man muss also überall genau hinsehen," lacht Daniela Meiser etwas müde, aber zufrieden. Auch nach Abschluss der Woche will sie viele Neuerungen des "nachhaltigen" Lebens beibehalten, die vorrangige Fahrrad-Nutzung oder die Aufmerksamkeit beim Einkaufen etwa. Die finanziellen Auswirkungen der Lebensumstellungen sind noch schlecht abschätzbar. "Man spart die hohen Spritkosten, die Ernährung ist wohl etwas teurer als zuvor." Ehemann Frank wird zudem beruflich auf das Auto auf Dauer nicht verzichten können, zumal es irgendwann auch wieder regnerischer und kälter werden wird.

Zur Belohnung für die Mühen der Woche bietet der Biosphären-Verein Bliesgau der Familie Meiser am Sonntag eine Esel-Wanderung mit Hannes Ballhorn bei Wolfersheim an. Wie man sonntags mit dem Bus von Kirkel nach Wolfersheim kommt, weiß Daniela Meiser noch nicht.

Ein Drehteam des Saarländischen Rundfunks begleitet Familie Meiser bei ihrem "Nachhaltigkeits-Experiment". Gesendet wird das Ergebnis am Montag, 25. Juni, am späten Nachmittag.

Stichwort

Nachhaltigkeit: Ökonomische, ökologische und soziale Entwicklungen dürfen voneinander nicht getrennt oder gegeneinander ausgespielt werden: kein dauerhafter wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Fortschritt ohne intakte Umwelt - keine intakte Umwelt ohne wirtschaftliche und gesellschaftliche Prosperität. (Quelle: Deutsche Unesco-Kommission) red

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