Kunst und Künstlerin in einer Person

Homburg · Fragen nach der Identität von Gesellschaft, und gleichfalls nach der Interaktion ihrer Mitglieder, nach zwischenmenschlicher Kommunikation geht die diesjährige Jahresausstellung Homburger Künstler nach. Ein nicht alltägliches Erlebnis.

 Performance-Künstlerin Susanne Schorr lud als Kunst und Künstlerin in einer Person am Montagabend dazu ein, mit ihr den Blickkontakt zu suchen und sich in der Reflexion dieses Miteinanders auch selbst zu erkennen – eine der vielen spannenden Umsetzungen des Themas „Formen der Interaktion“ der Jahresausstellung Homburger Künstler. Foto: Thorsten Wolf

Performance-Künstlerin Susanne Schorr lud als Kunst und Künstlerin in einer Person am Montagabend dazu ein, mit ihr den Blickkontakt zu suchen und sich in der Reflexion dieses Miteinanders auch selbst zu erkennen – eine der vielen spannenden Umsetzungen des Themas „Formen der Interaktion“ der Jahresausstellung Homburger Künstler. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf

Sind wir eine Gesellschaft, die noch wirklich interagiert? Gibt es noch wirkliche, zwischenmenschliche Kommunikation in einer Zeit, in der die monologisierte Selbstdarstellung in sozialen Medien für viele selbstverständlich geworden ist? Dieser und anderen Fragen widmet sich die Jahresausstellung Homburger Künstler seit dem Montagabend in der Galerie des Kulturzentrums Saalbau. 34 Künstlerinnen und Künstler sind in den vergangenen Monaten den "Formen der Interaktion" nachgegangen - als Thema der diesjährigen Ausstellung und vorgegeben von Françoise Mathis-Sandmaier, der städtischen Kuratorin. "Ich versuche immer, einen Titel für die Jahresausstellung zu finden, der die Künstlerinnen und Künstler nicht gängelt, der Freiraum gibt - der aber trotzdem einen aktuellen Bezug hat", verdeutlichte Mathis-Sandmaier den Kontext der diesjährigen Schau. Und sie reflektierte die Arbeiten der Künstler als Antworten auf die Frage, ob Menschen tatsächlich noch interagierten oder nur noch agierten, ob es noch echte Kommunikation gibt oder Monologe die Kommunikation beherrschen? "Das genau ist das große Thema. Und genau das wird von den Künstlern auch durch dekliniert. Was bedeutet soziales Interagieren, was bedeutet emotionales Interagieren."

Dabei war anlässlich der Vernissage am vergangenen Montag nicht nur die Sicht der Künstler gefragt, auch die Gäste selbst waren aufgefordert, sich interaktiv und interagierend zu hinterfragen - so bei der Performance von Susanne Schorr. Sie hatte im Eingangsbereichs des Galerie auf einem kleinen, weißen Podest Platz genommen - und forderte die Gäste dazu auf, gegenüber sitzend den Blickkontakt mit ihr zu suchen, zu finden und sich so der Herausforderung eines direkten, wenn auch wortlosen Miteinanders zu stellen. Schorr griff dabei auf ein Modell der bekannten Künstlerin Marina Abramovic zurück. Abramovic hatte über Wochen hinweg im Museum of Modern Art in New York acht Stunden am Tag auf einem Stuhl Platz genommen und Besucher dazu aufgefordert, sich ihr gegenüber zu setzen. Die Bilder von Menschen, die vor emotionaler Bewegtheit in Tränen ausbrachen, nachdem sie minutenlang in die Augen Abramovics geblickt hatten, gingen um die Welt. Schorr: "Die Idee ist bei mir jedoch eine andere: Ich bin nicht berühmt, deshalb steht der Austausch von Mensch zu Mensch im Vordergrund. Auch benötige ich keine lange Performance. Wesentlich ist die Qualität jedes einzelnen Augenblicks."

Nicht weit von Schorrs ungewöhnlicher Interaktions-Bühne hatte der Künstler Peter Köcher eine andere Form des Miteinanders inszeniert, seinen "Kunstsack". Der lud buchstäblich als Sitzsack dazu ein, unmittelbar mit Kunst in Berührung zu kommen - ein klassischer Köcher eben.

Andere Künstlerinnen und Künstler von "A" wie Annette Bachmann-Vicktor bis "U" wie Udo Steigner widmeten sich mit den eher klassischen Instrumenten der Kunst dem Thema der Jahresausstellung, von Malerei über Bildhauerei und Fotografie bis hin zu Kalligrafie und skulpturaler Arbeit reichte das Spektrum. Françoise Mathis-Sandmaier: "Neun Monate nach Bekanntgabe des Thema präsentiert sich das kreative Ergebnis und verwandelt die Galerie in einem faszinierenden Raum der Fantasie. Dabei besticht diese temporäre Sammlung nicht alleine mit einer überwältigenden, formaltechnischen Vielfalt, nein, sie schenkt dem Besucher auch einen üppigen Strauß aus unterschiedlichen bis überraschenden Aspekten von Interaktion."

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Auf einen Blick Zusätzlich zur eigentlichen Ausstellung, diese läuft vom noch bis zum 11. Dezember, gibt es zwei Sonderveranstaltungen: Am Mittwoch, 30. November, laden J. N. R. Wiedemann und Gangolf Hontheim als Duo Cavatina ab 19 Uhr zum musikalisch-literarischen Abend "Wechselsaitig" ein. Am Mittwoch, 7. Dezember, besteht beim Art-Dating ab 18 Uhr die Möglichkeit, mit den Künstlern direkt ins Gespräch zu kommen. thw

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