Viel historischer Stoff zum Schmökern

Homburg · Ein Schwerpunkt der aktuellen Saarpfalz-Blätter ist die Zeit, als Homburg und die Saarpfalz zu Bayern gehörten. Ein Umstand, der vielen Bürgern ein Dorn im Auge war. Weitere Beiträge befassen sich mit der Kirchengeschichte der Region, so zum Beispiel der Entstehung der Lourdes-Grotte in Medelsheim.

 1940 wurden 17 Bewohner jüdischen Glaubens von Homburg ins Lager Gurs deportiert. Der jüdische Friedhof ist eines der wenigen Relikte, die in der Stadt an die reiche Geschichte der jüdischen Gemeinde erinnern. Fotos: Martin Baus

1940 wurden 17 Bewohner jüdischen Glaubens von Homburg ins Lager Gurs deportiert. Der jüdische Friedhof ist eines der wenigen Relikte, die in der Stadt an die reiche Geschichte der jüdischen Gemeinde erinnern. Fotos: Martin Baus

Zwei Jahrhunderte ist es genau her, dass die Pfalz und damit auch die saarpfälzische Region dem Königreich Bayern zugeteilt wurden. Diese neue Staatszugehörigkeit, die auf dem Wiener Kongress beschlossen und durch den endgültigen Untergang Napoleons in der Schlacht bei Waterloo besiegelt worden war, fand in den betreffenden Gebieten links des Rheins allerdings alles andere als Zustimmung.

Ärger wegen "Zwangsheirat"

Von einer "Liebesheirat" konnte keine Rede sein, vielmehr wurde der Anschluss des "Rheinkreises" an Bayern als "Zwangsverheiratung" angesehen - und viele Jahrzehnte sollte es dauern, ehe sich die Bewohner mit dieser Regelung arrangierten. In der neuen "Saarpfalz" ist nun nachzulesen, wie intensiv diese Ressentiments selbst im gehobenen Bürgertum waren. In den neuen "Blättern für Geschichte und Volkskunde ", die vom Amt für Heimat- und Denkmalpflege jetzt vorgelegt wurden, weist Professor Hans W. Giessen (Bischmisheim) nun nach, wie sehr beispielsweise der Titel "Königlich-Bayerischer Hoflieferant" in der Pfalz verschmäht war. Es sollte bis in die späten 1880er Jahre dauern, bis sich die ersten Kaufleute und Handwerker um diese Auszeichnung bemühten. In der Zeit davor, so schlussfolgert der Autor, hätte derartige "Reklame" negative Folgen für das Geschäft gezeitigt.

Eingeleitet wird die zweite Ausgabe der "Saarpfalz" für dieses Jahr von einem Beitrag aus der Feder von Professor Gernot Feifel, der sich der Homburger Medizingeschichte widmet. Einen Schwerpunkt setzt er auf die medizinische Versorgung während des Ersten Weltkrieges: Demnach gab es mehrere Lazarette innerhalb der Stadt; im "Volksschulhaus" - der Hohenburgschule also - standen etwa 179 Betten zur Verfügung, im katholischen Schwesternhaus 38, im protestantischen 32. Verwundete und kranke Soldaten wurden darin von Ärzten, Krankenschwestern und vor allem ehrenamtlichen Rotkreuzhelferinnen und anderen Hilfskräften versorgt.

Mit einem unrühmlichen Kapitel der Homburger Historie befasst sich Stadtarchivar Hans-Joseph Britz. Die Vertreibung und Ermordung der jüdischen Einwohner in der Nazi-Zeit ist sein Thema. Von der "Aktion Wagner-Bürckel" am 22. Oktober 1940, bei der mehr als 6500 Menschen jüdischer Religion aus Baden, der Pfalz und dem Saarland in die "Hölle von Gurs", dem Lager in den Pyrenäen, deportiert wurden, waren auch 17 Bewohner Homburgs betroffen. Britz erinnert auch an Schlomo Lewin, den letzten Lehrer der jüdischen Schule. Zwar gehörte er nicht zu den direkten Opfern des Holocaust - er war mit seiner Familie über Frankreich rechtzeitig nach Israel emigriert. Dass er am 19. Dezember 1980 in Erlangen vermutlich von den Schergen der berüchtigten rechtsradikalen "Wehrsportgruppe Hoffmann" ermordet wurde, war aber quasi eine Spätfolge der finstersten Phase der deutschen Geschichte.

Die Entstehung der Lourdes-Grotte und des markanten Kreuzweges in Medelsheim lässt Rainer Lagall Revue passieren. 1914 sei der Vorschlag vom damaligen Speyerer Bischof Michael von Faulhaber , gekommen, den steilen Weg zwischen dem Dorf und der Kapelle auf dem Husarenberg mit den 14 Stationen des Leidens Christi zu versehen. Ein Aufruf zu Spenden habe nach dem Ersten Weltkrieg in der "Parr" sodann eine derart große Resonanz gefunden, dass die überzähligen Geldgeber dann noch den Bau der Lourdesgrotte im Eingangsbereich des Friedhofs möglich machten.

Den Friedhof des Kapuzinerklosters in Blieskastel beschreibt Jörg Künzer. Auf knapp 180 Quadratmetern finden sich dort die Gräber von 29 Patres und anderen Geistlichen, deren Daten der Verfasser auflistet. Auch auf die Ornamentierung der Begräbnisstätte durch den Bildhauer Karl Riemann geht Künzer ein. Die eingenischten Halbfiguren von Heiligen und anderen Kirchenverehrten sowie insbesondere die lebensgroße "Begegnung des heiligen Franziskus mit dem Tod" sind Blickfang des Klosterfriedhofs.

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 Vor zwei Jahrhunderten fand die „Zwangsverheiratung“ der Pfalz mit dem Königreich Bayern statt: Am alten Homburger Rathaus erinnert ein authentisches Zollgrenzschild an diese Zeit.

Vor zwei Jahrhunderten fand die „Zwangsverheiratung“ der Pfalz mit dem Königreich Bayern statt: Am alten Homburger Rathaus erinnert ein authentisches Zollgrenzschild an diese Zeit.

Auf einen Blick Saarpfalz-Blätter für Geschichte und Volkskunde , Ausgabe 2/2016: 64 Seiten, fünf Beiträge, eine Buchbesprechungen, 46 Abbildungen; Kalendarium Historische Veranstaltungen im dritten Quartal 2016. Bezug: Amt für Heimat- und Denkmalpflege des Saarpfalz-Kreises, Zimmer 417, Landratsamt Homburg , Telefon (0 68 41) 1 04 84 09 oder E-Mail an: bernhard.becker@saarpfalz-kreis.de sowie im Buchhandel und bei den Kultur- und Verkehrsämtern der Städte und Gemeinden. Preis: 3,25 Euro. bam

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