Zwei gute Geister gehen

Homburg · Sie waren über 55 Jahre die guten Geister von Homburg: die beiden katholischen Schwestern Genovefa und Wolislava. Nun werden sie zum 1. Advent von Pfarrer Harry offiziell verabschiedet. Obwohl beide einsehen, dass sie mit über 80 Jahren etwas Ruhe verdient haben, fällt ihnen der Abschied schwer.

 Neben ihrer Tätigkeit als Krankenschwester beziehungsweise Kindergärtnerin kümmerten sich die beiden Schwestern Wolislava (links) und Genovefa um den großen Garten hinter dem Schwesternhaus. Was nun aus Haus und Garten wird, ist noch nicht bekannt.

Neben ihrer Tätigkeit als Krankenschwester beziehungsweise Kindergärtnerin kümmerten sich die beiden Schwestern Wolislava (links) und Genovefa um den großen Garten hinter dem Schwesternhaus. Was nun aus Haus und Garten wird, ist noch nicht bekannt.

Foto: Maack

Homburg wird um zwei beliebte und bekannte Persönlichkeiten ärmer, denn die beiden Mallersdorfer Schwestern Genovefa und Wolislava werden in der ersten Dezemberwoche Homburg für immer verlassen und in den Schoß ihres Ordens nach Bayern zurückkehren. Nun könnte man sagen, dass sie sich den Rückzug aufs Altenteil mit 81 Jahren wohl verdient haben.

Doch wenn ein Bibelspruch auf die beiden engagierten Damen zutrifft, dann ist es der Psalm 90.10: "Und wenn das Leben köstlich gewesen ist, so ist's Mühe und Arbeit gewesen; denn es fährt schnell dahin, als flögen wir davon." Ja, es kommt den beiden vor, als sei die Zeit nur so geflogen, seit sie als junge Schwestern Anfang der 1960er Jahre nach Homburg beordert wurden - Genovefa als Kindergärtnerin, Wolislava als Krankenschwester.

Beide hatten mit dem Eintritt in den Orden ihr Leben dem Herrn und dem Dienst an ihren Mitmenschen geweiht, sie taten keinen "Job", sondern folgten einer Berufung - was angesichts von gewerkschaftlich verordneten Arbeitszeiten anmutet, als kämen sie aus einer anderen Zeit. Vielleicht ist das der Grund, dass der Abschied von den Schwestern vielen Homburgern so schwer fällt - mit den beiden geht auch eine selbstlose und noble Geisteshaltung, die man so bald nicht mehr finden wird.

Lob mögen die beiden nicht hören, dazu sind sie viel zu bescheiden, sie verweisen auf "die Kraft, die der Herrgott uns gibt", wie Schwester Wolislava mit ihrem unverkennbar bayrischen Akzent sagt, "ohne das Gebet und die Stärke, die wir aus dem Glauben ziehen, wär's net ganga".

Oft bis an die Grenzen der Belastbarkeit: Einmal wurde Schwester Wolislava in einer einzigen Nacht an fünf Sterbebetten gerufen, in Bruchhof, in Beeden, in Schwarzenbach und zwei Mal in Homburg . Sie konnte und wollte niemanden abweisen, "man brauchte mich doch - und ich kann doch in dieser Situation nicht Nein sagen". Seit dieser Nacht, in der sie mit ihrem kleinen weißen Auto überall herumsauste, blieb ihr der liebevolle Spitzname "Der weiße Blitz". Sie hat ihre Tätigkeit geliebt: "Die Menschen haben mir vertraut, es kam so viel an Liebe wieder zu mir zurück. Obwohl es schon Fälle gab, an denen ich arg kauen musste, vor allem, wenn's um schwer kranke Kinder ging." Noch bis zum 76. Lebensjahr trat Wolislava täglich ihren Dienst bei der Sozialstation an.

Auch Schwester Genovefa gab ihre Arbeit im Kindergarten erst auf, als sie schon über 70 Jahre alt war. Und auch sie hat ihre Tätigkeit geliebt. Keine Frage, die "schwierigen Kinder" landeten irgendwann alle bei ihr, sie hatte viel Geduld und Verständis für alle Kümmernisse: "Am Ende wollten einige Buben mich später heiraten, sogar die schlimmsten Lausbuben machten mir einen Antrag", lacht Genovefa.

Als ein Bub sich gar zu ungezogen betrug, gab ihm die Schwester zur Strafe keinen Abschiedskuss. Er habe daraufhin vor Kummer nicht einschlafen können, berichtete die Mutter: "Bitte, liebe Genovefa, tun sie ihm das nie wieder an." So vergingen die Jahre, nebenbei bestellten die Schwestern noch den großen Garten hinter dem Schwesternhaus, luden zum Rosenkranz-Gebet in die Kapelle ein, besuchten die Seniorenheime und assistierten bei den Heiligen Messen.

Nun ist es also Zeit für den Ruhestand. Im Kloster Mallersdorf, das sie vor über 55 Jahren voller Tatendrang verließen, treffen sie nun einige ihrer Weggenossinnen wieder, die einst mit ihnen Novizinnen waren. So schließt sich der Kreis nach einem arbeitsreichen Leben. "Es wird dort scho Arbeit für uns geb'n" sagt Wolislava und fügt hinzu: "Außerdem brauchen's da bestimmt auch Leut' wie uns, die net Nein sagn' können."

Das Kloster Mallersdorf liegt nördlich von Landshut, wurde 1104 gegründet und 1803 aufgelöst. 1869 wurde das noch bestehende Gebäude von den ,,Armen Franziskanerinnen von der Heiligen Familie" gekauft, ein Orden, der ursprünglich aus Pirmasens kam. Die Mallersdorfer Schwestern waren in der Pfalz und der Saarpfalz häufig anzutreffen. Der Orden hatte bis 1960 viel Zulauf, heute gibt es kaum noch junge Frauen, die sich für den Orden entscheiden.

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