„Mir kommt die Galle hoch“

Gersheim · Das alte Jahr ist Vergangenheit, 2017 hat gerade begonnen. SZ-Redakteur Joachim Schickert befragte Gersheims Bürgermeister Alexander Rubeck (CDU) zu seiner Bilanz 2016 und die Aussichten für dieses Jahr.

 „Ich will, dass meine Heimat eine Zukunft hat“: Gersheims Bürgermeister Alexander Rubeck will nicht, dass der Naturschutz über alles gestellt wird.

„Ich will, dass meine Heimat eine Zukunft hat“: Gersheims Bürgermeister Alexander Rubeck will nicht, dass der Naturschutz über alles gestellt wird.

Foto: Wolfgang Degott

Was war das wichtigste Ereignis für Sie im Jahr 2016?

Rubeck: Wir haben jetzt zum Jahresende eine völlig andere Situation als noch zu Beginn. Bis etwa zum Mai war die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen das alles beherrschende Thema, mittlerweile hat sich das wieder normalisiert. Bei verschiedenen Diskussionen, ob um den Kalksteinbruch Rubenheim, um die Errichtung von Windrädern oder die weitere Ausweisung von Naturschutzgebieten, haben wir gesehen, dass wir eine ganz grundsätzliche Debatte brauchen. Was wollen wir denn im Biosphärenreservat Bliesgau? In einem Museum leben? Oder in einer Region, in der es auch in Zukunft noch eine Entwicklung gibt, in der sich etwas nach vorne bewegt? Meine Antwort: Ich will, dass meine Heimat eine Zukunft hat, in der nicht der Naturschutz über alles gestellt wird, sondern der Mensch im Mittelpunkt steht. Und zu einer hoch entwickelten Gesellschaft gehört eben Industrieproduktion mit dazu. Man kann nicht von allem profitieren wollen, aber die Nebenwirkungen sollen andere vor der Haustür haben. Wir hatten aber 2016 in unserer Gemeinde in puncto Infrastruktur zwei wichtige Entwicklungen: Die Eröffnung eines zuvor politisch umstrittenen neuen Supermarktes und den Baubeginn für die neue Rettungswache. Zwei jeweils für sich völlig unterschiedliche Bereiche, aber eines haben sie gemeinsam: Sie sind in unserer kleinen Gemeinde wichtige Weichenstellungen für die Infrastruktur.

Was lief 2016 in der Gemeinde Gersheim gut, was bewerten Sie als nicht so gelungen?

Rubeck: Ich gehe seit meinem Amtsantritt 2010 offensiv mit dem Thema Verschuldung unserer Gemeinde um. Bei mittlerweile mehr als 38 Millionen Euro muss man der Tatsache ins Auge blicken, dass es so nicht weiter gehen kann. Deshalb hat der Gemeinderat bereits 2012 und 2015 umfassende Beschlüsse zur Verbesserung der Haushaltssituation gefasst, darunter Steuer- und Gebührenerhöhungen. Und trotzdem reicht es nicht zur Festigung der Haushaltssituation. Warum? Sicher auch aufgrund politischer Fehlentscheidungen innerhalb der Gemeinde. Aber andererseits: Verbessern wir unsere Finanzkraft, erhalten wir in den Folgejahren weniger Geld aus dem Kommunalen Finanzausgleich und gleichzeitig steigt die Kreisumlage, mit der die Kommunen den Kreis finanzieren müssen, Jahr um Jahr ungebremst an. 2016 haben wir die Rekordsumme von 4,1 Millionen Euro nach Homburg überwiesen, vor zehn Jahren waren es noch 2,5 Millionen Euro . Diese widersinnige Entwicklung muss gestoppt werden. Mir kommt die Galle hoch, wenn ich sehe, dass der Bund schwarze Zahlen schreibt und in halb Europa ganze Staaten vor dem Bankrott rettet, aber zu Hause die Kommunen vor die Hunde gehen lässt. Aber es gibt ja zum Glück ja auch ein paar Lichtblicke. Ich glaube, es lebt sich nach wie vor gut in unserer Gemeinde. Das sieht man plakativ an zwei harten Faktoren: Die Arbeitslosenrate ist bei uns rekordverdächtig niedrig, sie bewegt sich stets um 3,5 bis 4 Prozent. Und die Kriminalitätsstatistik weist uns seit Jahren als eine der sichersten saarländischen Gemeinden aus.

Gab es für Sie bittere Enttäuschungen im abgelaufenen Jahr?

Rubeck: Nein, glücklicherweise nicht.

Wagen wir einen Blick ins neue Jahr. Was sind wichtige Weichenstellungen im Jahr 2017? Was muss vorrangig angepackt werden?

Rubeck: Das Gutachten zur Zusammenarbeit der Kommunen Blieskastel, Gersheim und Mandelbachtal liegt vor, und wir haben bereits die ersten Schritte zur Umsetzung auf den Weg gebracht. Das Jahr 2017 wird weitere wichtige Ergebnisse bringen, davon bin ich überzeugt. Denn klar ist für mich, dass in der heutigen Zeit mit den technischen Möglichkeiten, die wir bereits haben, nicht mehr alles in jedem Rathaus vorgehalten werden muss.

Wenn Sie einen Wunsch für die Gemeinde Gersheim frei hätten, was wäre das?

Rubeck: Das Leben ist ja kein Wunschkonzert, also mache ich mir auch keine Illusionen.

Was wünschen Sie sich persönlich für 2017?

Rubeck: Dass es meiner Familie gut geht, vor allem meinen beiden kleinen Töchtern, und ich so viel Zeit für sie habe, wie sie sich wünschen.

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