„Eine Dampflok lebt“
Kleinottweiler · Dampfloks, E-Loks, Strecken, Fahrtenbücher, Dienststellen: Der in Kleinottweiler lebende Hans-Joachim Klein kennt dies alles aus dem Effeff. Er ist ein Eisenbahner mit Leib und Seele und bis heute ein überzeugter Gewerkschafter.
Sich mit dem Eisenbahner und Gewerkschafter Hans-Joachim Klein zu unterhalten, ist wie eine Fahrt mit einer Lokomotive, die unter vollem Dampf steht. Der 1932 im damaligen Mittelbexbach im Grubenweg geborene "Vollblut-Bahner" zeigt gleich zu Beginn ein besonderes Dokument: seinen Ausweis der "Einheitsgewerkschaft der Arbeiter , Angestellten und Beamten Saarland". Ausgestellt am 1. 9. 1948. Mitgliedsnummer: 160 651. "Solange bin ich schon in der Gewerkschaft," sagte der bald 84-Jährige.
Die Einheitsgewerkschaft des Saarlandes (1945-1955) ist heute fast völlig aus der Erinnerung verschwunden. Dabei war sie ein wichtiger gesellschaftlicher Akteur in der Nachkriegszeit in der Region (siehe Info). Sie versammelte bis zu 120 000 Arbeiter hinter sich und erkämpfte wichtige soziale Fortschritte, wie höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Im autonomen Saarstaat gab es Streit bei der Frage nach den Eigentumsverhältnissen der Saargruben und die Zukunft des Saarlandes im Verhältnis zu den beiden großen Nachbarn Frankreich und Deutschland. An diesen Konflikte ist die Einheitsgewerkschaft schließlich zerbrochen. Klein wird dann Mitglied der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED). Der Christdemokrat, der lange kommunalpolitisch im Ortsrat Kleinottweiler und im Stadtrat Bexbach aktiv war, lacht, als er sagte: "E Schwarzer inner rode Gewerkschaft." Mit Klein begibt man sich quasi auf Zeitreise auf Schienen - eine Reise mit Eisenbahnen und Gewerkschaften . Er ist ein wandelndes Lexikon: Er kennt alle Baureihen der Loks, Fahrtenbücher, Beurteilungsbögen, Strecken und Dienststellen. "Schon mein Vater Josef Klein war Heizer. Da war eigentlich klar, dass ich auch zur Bahn ging". Er lernt ab September 1948 zuerst Schlosser im Eisenbahnausbesserungswerk in St. Wendel, dann Kesselschmied. Er arbeitet später im Bahnbetriebswerk Erbach. Dann geht sein Traum in Erfüllung: "Am 23. Oktober 1957 wurde ich Lokführer auf einer Dampflok. Eine Dampflok lebt, ganz im Gegensatz zur E-Lok, die spürt man nicht." Nach dem Ende der Dampflok sei er E-Lok gefahren - "im unregelmäßigen Wechseldienst, jeden Tag eine andere Schicht, 1.20 Uhr oder 2.40 Uhr, immer eine andere Schicht".
Bei so einem Dienst müsse man "eine Frau haben, die mitspielt", betont er, und blickt auf seine Frau Marianne, geborene Krauter, die früher als Einzelhandelskauffrau bei Lachner in Homburg arbeitete. Er sei von 1951 bis zur Hochzeit 1956 "als Mittelbetschbacher in Kleinoddwiller uff die Freierei gang". Kennen gelernt haben sie sich "domols uff de Bohnekerb". Seit 60 Jahren leben sie in dem Bexbacher Stadtteil. Sie haben drei erwachsene Kinder und drei Enkelkinder. "Unser Sohn Patrik ist auch Lokführer ."
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HintergrundDie Einheitsgewerkschaft gab es im damaligen autonomen Saarland zwischen 1945 und 1955. Die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED) wurde am 8. Dezember 1896 in Hamburg als Verband der Eisenbahner gegründet. 1925 ging sie mit der Gewerkschaft deutscher Eisenbahnbeamten und -anwärter zusammen und wurde zum Einheitsverband der Eisenbahner Deutschlands. Der Einheitsverband wurde 1933 nach der Machtergreifung Hitlers aufgelöst. Am 25. März 1948 wurde sie unter der Bezeichnung Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED) wiedergegründet. Durch die Veränderungen im Bereich der Bahn, etwa Privatisierung, in den 1990er Jahren änderte die Gewerkschaft den Namen in Transnet Gewerkschaft GdED. Diese wurde mit der Gewerkschaft Deutscher Bundesbahnbeamten und Anwärter (GDBA ) verschmolzen. Dazu wurde am 30. November 2010 die neue Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) gegründet. Die EVG hat nach dieser Verschmelzung annähernd 300 000 Mitglieder. jkn