„Die Prachtmeile von Bexbach“

Bexbach · Gastronomen und Geschäftsleute aus der Bahnhofstraße waren zu Gast in unserer Redaktion. Sie schilderten ihre Situation und machten deutlich: So positiv, wie das Projekt Aktive Stadt dargestellt würde, sei es bei näherer Betrachtung nicht.

 Zu Gast in der Redaktion: Susanne Remus, Dominic Wachs, Sandra Rüsken-Wachs, Michael Klemm, Sebastian Kettner (v.l). Sie haben alle ein Gewerbe in der Bahnhofstraße. Foto: maack

Zu Gast in der Redaktion: Susanne Remus, Dominic Wachs, Sandra Rüsken-Wachs, Michael Klemm, Sebastian Kettner (v.l). Sie haben alle ein Gewerbe in der Bahnhofstraße. Foto: maack

Foto: maack

Susanne Remus wollte keinen Baum vor ihrem Geschäft in der Bexbacher Bahnhofstraße - bekommen hat sie zwei. Die Besitzerin der Boutique Babette wollte einen Baum, bekommen hat sie keinen - bisher. Ein China-Imbiss braucht Kurzparkplätze vor dem Haus um zu überleben - sie wurden entfernt. Ein Biowaren-Geschäftsinhaber muss jeden Tag frische Ware bekommen, aber vor seinem Haus blockiert der Lkw beim Entladen den ganzen Verkehr.

Aus demselben Grund lässt sich Sebastian Kettner, Inhaber eines Steak-Hauses, nunmehr die Getränke hinter dem Haus anliefern. Mit dem Ergebnis, dass Kisten und Kasten durch ein Kellerlabyrinth geschleppt werden müssen, überall im Haus der Bausand verteilt wird - und die Mitarbeiter des Steakhauses wegen dieser Schlepperei die Nase voll haben.

Fünf Geschäftsleute aus der Bexbacher Bahnhofstraße waren zu Gast in unserer Redaktion, um ihrem Ärger Luft zu machen. Fazit: "Wir fragen uns, was wir von dem Projekt Aktive Stadt haben - nämlich nichts", so fasst es Sandra Rüsken-Wachs zusammen. Sie betreibt, zusammen mit Dominic Wachs, das Billard-Café. Seit die Bahnhofstraße gesperrt ist, "können wir nachmittags Däumchen drehen." Vorher herrschte in dem Billard-Café, das um 15 Uhr öffnet, reger Betrieb: "Wenn die Leute von der Schicht kamen oder Feierababend machten, kamen sie immer auf einen Sprung bei uns vorbei, tranken ihr Bier und spielten eine Runde Billard oder Dart", sagt Sandra "jetzt ist alles mausetot".

Und es wird auch nicht besser, da sind sich die beiden Gastronomen sicher: "Auch wenn die Sperrung aufgehoben ist und die Straße in neuem Glanz erstrahlt, müssen die Kunden einen großen Bogen fahren, um zu uns zu kommen, denn wir sind ja dann Einbahnstraße." Und Dominic weiß aus Erfahrung: "Umwege fährt niemand, der nur ein Bier trinken möchte. Diese Kunden können wir abschreiben."

Da die laufenden Kosten bestehen, die Kunden aber wegfallen, erwägen die beiden, sich womöglich nach einem anderen Standort umzusehen. Auch Michael Klemm, der ein alt eingesessenes Biowaren-Geschäft betreibt, hat jetzt bis zu 50 Prozent Einbußen, die er später nicht mehr aufholen wird, wie er vermutet: "Ich habe große Probleme mit den Lieferungen, denn jeder Lkw, der vor meinem Haus hält, blockiert den ganzen Verkehr".

Da er aber auch später keinen Parkplatz vor dem Haus bekommen wird, "wird sich meine Situation nicht ändern". Im Gegenteil, es ist geplant, in der Bahnhofstraße künftig zwei Mal in der Woche einen Markt abzuhalten, "dann stehen die Marktstände vor meiner Nase - und ich kann nicht nur nicht entladen, der Zugang zu meinem Geschäft ist erschwert. Von Kundenparkplätzen will ich erst gar nicht reden."

Wer wenig Probleme hat, ist Susanne Remus, die ein Tattoo-Studio betreibt: "Ich habe meine spezielle Kundschaft" . Aber auch bei ihr ist der Umsatz eingebrochen. Sie war aus Sympathie mit ihren Nachbarn mitgekommen, "damit man bei den Planern in der Stadtverwaltung nicht glaubt, alle wären glücklich mit der neuen Prachtmeile von Bexbach. Das ist nämlich nicht so."

 Auch wenn die Bahnhofstraße fertig und die Sperrung aufgehoben sein wird, haben die Geschäftsleute wenig Hoffnung. Foto: Reichhart

Auch wenn die Bahnhofstraße fertig und die Sperrung aufgehoben sein wird, haben die Geschäftsleute wenig Hoffnung. Foto: Reichhart

Foto: Reichhart

Auch Michael Klemm, der das Steakhaus betreibt, gehört nicht zu den Verlierern, "denn ich kriege Außenbestuhlung", aber er will die Probleme nicht kleinreden: "Die Apotheke hat keine Parkplätze mehr. Wie soll das gehen? Und der Asia-Imbiss hat auch keine Chance, wenn da keiner mehr vor der Tür halten darf." > Weiterer Bericht folgt

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