Er sorgte immer für ein volles Haus

Wenn er kam, musste man in größere Hallen umziehen oder die zahlreichen Besucher, die keine Karten mehr bekommen hatten, auf einen späteren Zeitpunkt vertrösten: der Siebenpfeiffer-Preisträger Peter Scholl-Latour gehörte zu den am meisten begehrten Gästen im Saarpfalz-Kreis · Wenn er kam, musste man in größere Hallen umziehen oder die zahlreichen Besucher, die keine Karten mehr bekommen hatten, auf einen späteren Zeitpunkt vertrösten: der Siebenpfeiffer-Preisträger Peter Scholl-Latour gehörte zu den am meisten begehrten Gästen im Saarpfalz-Kreis.

 Als Peter Scholl-Latour 2003 in Homburg den Siebenpfeiffer-Preis bekam, war er 79 Jahre alt. Bis zuletzt bereiste er die Krisengebiete der Welt und schrieb seine Reportagen und Analysen. Foto: Baus/SZ

Als Peter Scholl-Latour 2003 in Homburg den Siebenpfeiffer-Preis bekam, war er 79 Jahre alt. Bis zuletzt bereiste er die Krisengebiete der Welt und schrieb seine Reportagen und Analysen. Foto: Baus/SZ

Foto: Baus/SZ
 Wenn Peter Scholl-Latour kam, rissen sich die Besucher um die Karten, wie hier bei seinem Besuch im April 2011 im Saalbau. Foto: Wolf

Wenn Peter Scholl-Latour kam, rissen sich die Besucher um die Karten, wie hier bei seinem Besuch im April 2011 im Saalbau. Foto: Wolf

Foto: Wolf

Anfang November 2003 erhielt Peter Scholl-Latour in Homburg den mit 5000 Euro dotierten Preis der Siebenpfeiffer-Stiftung. Wegen des großen Interesses an dem renommierten Publizisten, musste der Festakt damals aus dem Homburger Forum in die Aula des Gymnasiums Johanneum verlegt werden.

So war es immer, wenn sich Peter Scholl-Latour im Saarpfalz-Kreis angesagt hatte: Der Ansturm der Interessenten war riesig, der Platz reichte nie aus.

Über 800 Gäste und bundesweite Medienvertreter waren 2003 zu dem ausgebuchten Preisverleihungs-Festakt gekommen. Die Siebenpfeiffer-Festrede hielt der ehemalige saarländische Ministerpräsident Oskar Lafontaine .

Peter Scholl-Latour wurde vom Saarpfalz-Kreis für sein Lebenswerk gewürdigt - da war er 79 Jahre alt. Ein Zeitpunkt , an dem sich andere längst zur Ruhe gesetzt haben.

Doch Scholl-Latour schrieb schon an seinem nächsten Buch, unermüdlich wie er war. Die Siebenpfeiffer-Jury erklärte bei der Bekanntgabe ihrer Wahl, der renommierte Journalist sei "neugierig", "unerschrocken", "individualistisch" und "skeptisch". "Immer wieder war er an den Krisenherden der Welt zur Stelle, gehörte etwa zu den großen Berichterstattern aus dem Vietnamkrieg, wo er 1973 selbst in Gefangenschaft geriet. Kongo, Iran, Afghanistan und Indochina: Wer sich an markante Reportagen aus diesen Regionen erinnert, hat oft Scholl-Latour im Kopf.", hieß es in unserer damaligen Berichterstattung über diese denkwürdige Preisverleihung.

Der Kontakt des Saarpfalz-Kreises zu dem berühmten Publizisten riss nie ab, "wir haben immer mal wieder telefoniert", erklärt Martin Baus, der beim Kreis für die Siebenpfeiffer-Stiftung zuständig ist, "Scholl-Latour war ein sehr angenehmer Gesprächspartner, er hatte uns versprochen, noch in diesem Jahr zu einer Veranstaltung nach Homburg zu kommen."

Baus bedauert, dass nun nichts mehr daraus wird: "Scholl-Latour war nicht nur ein kenntnisreicher Publizist, sondern auch ein sehr bescheidener, umgänglicher Mensch." Er hatte "keine Allüren, war sehr leger im Umgang." Anfang April 2011 war Peter Scholl-Latour als Gast der Siebenpfeiffer-Stiftung zum letzten Mal in Homburg, um über die Ereignisse im Nahen Osten zu berichten.

Landrat Clemens Lindemann hatte Scholl-Latour zuvor in Berlin getroffen und ihm vorgeschlagen, im Rahmen der Siebenpfeiffer-Stiftung doch mal wieder nach Homburg zu kommen, "ein aktuelles Thema wird sich schon finden lassen", hatte Lindemann damals vermutet.

Und dann war der Homburger Termin mitten in die Umwälzungen in Tunesien und Ägypten, in Unruhen in Libyen, Syrien und Bahrein gefallen.

Peter Scholl-Latour , der mit seinen damals 87 Jahren keinerlei Probleme hatte, zwei Stunden konzentriert jedes Land in Nordafrika kenntnisreich zu schildern, gab zu , dass er nicht hätte ahnen können, ,,dass so etwas so schnell eintreffen würde."

Noch dazu, dass das als gemäßigt geltende Tunesien die Lawine auslösen würde. Das Interesse der Besucher , die größtenteils aus dem Raum Homburg, Kirkel und St. Ingbert gekommen waren, war riesengroß.

Innerhalb von drei Tagen nach der Ankündigung des (eintrittsfreien) Abends waren bereits alle Karten vergeben. In den Saalbau passte niemand mehr zusätzlich hinein. Anrufe gingen sogar bei unserer Redaktion ein, ob wir nicht noch Karten zu vergeben hätten. Kommunalpolitiker, politisch interessierte Bürger, Schulklassen: niemand wollte sich den berühmten Journalisten entgehen lassen. Kein Wunder, wenn er kam , verließ man den Saalbau nach zwei Stunden deutlich informierter als zuvor.

"In den tief vom Islam geprägten Ländern Nordafrikas sah Scholl-Latour in der Bevölkerungsexplosion die größte Gefahr", schrieb unsere Zeitung in ihrem Bericht über diesen Vortrag. Zukunfts-Optimismus habe Scholl-Latour nicht versprüht: "Es schien ihm nicht einmal abwegig, dass unser auf Freiheit, Demokratie und Wohlstand gegründetes Europa einst von feindlichen Mächten überrollt würde und untergehen könnte", lautetet der Bericht weiter. Wie hellsichtig, angesichts der Terrortruppe im Irak!

Im Abgrund der Geschichte sei Platz für alle, hatte Scholl-Latour am Ende seines Besuchs den französischen Schriftsteller Paul Valéry zitiert. Wer außer ihm wird noch diesen großartigen Hintergrund haben? Scholl-Latours Wissen umfasste noch den ganzen deutschen und französischen Bildungskanon des frühen 20. Jahrhunderts und reichte bis zu den aktuellen Krisen im Nahen Osten.

Bei dem geplanten Besuch im September wäre der Saalbau vermutlich wieder aus allen Nähten geplatzt. Peter Scholl-Latour , der Siebenpfeiffer-Preisträger , wird uns auch hier im Saarpfalz-Kreis sehr fehlen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort