Von den zwei Gesichtern der Pflege

Homburg · Von der Tragik der Pflege handelt der neue Roman von Martin Bettinger – und vom Tod. Ein Sohn muss seinen Vater umsorgen und ertappt sich dabei, dass Liebe auch mal umkippen kann. Der Autor hat sein Buch nun in Homburg vorgestellt.

 „Ein Galgen für meinen Vater“ heißt der Roman, aus dem Martin Bettinger in Homburg vorgelesen hat. Foto: Bernhard Reichhart

„Ein Galgen für meinen Vater“ heißt der Roman, aus dem Martin Bettinger in Homburg vorgelesen hat. Foto: Bernhard Reichhart

Foto: Bernhard Reichhart

In seinem neuen Buch "Ein Galgen für meinen Vater" erzählt Martin Bettinger von den letzten Monaten, die ein Sohn mit seinem Vater verbringt. Nachdem sie zusammen zahlreiche Berge bestiegen haben, muss der Sohn den Vater auf seiner letzten Reise begleiten, dem Weg hinaus aus der Welt. So unternehmungslustig der Vater durchs Leben ging, so schwer fällt es ihm, Abschied zu nehmen. Als der Tod immer engere Kreise zieht, bündelt er alle verbliebene Kraft, um ihm zu entkommen. Bei dieser letzten Flucht vor dem Tod soll ihm der Sohn helfen.

Auf Einladung des Frauenkulturstammtisches und der Seniorenbeauftragten der Stadt Homburg , Christel Steitz, las Autor Martin Bettinger jetzt im alten Rathaus am Marktplatz aus seinem Roman vor. Jutta Bohn, eine der Sprecherinnen des Frauenkulturstammtisches, freute sich, trotz des schönen Wetters so viele Besucherinnen begrüßen zu können. Ihr besonderer Dank ging an die aus ihrem Amt als Seniorenbeauftragte ausscheidende Christel Steitz, die den Auftritt von Martin Bettinger finanziert hatte. Er sei nach der Vorstellung seines Buches "Die Liebhaber meiner Frau" ("Es ist nicht autobiografisch") zum zweiten Mal zu einer Lesung in Homburg , berichtete Bettinger . Ohne Pathos erzählt sein neuer Roman "Ein Galgen für meinen Vater" von einer Tragik, die viele kennen und der sich kaum jemand entziehen kann. Ein Sohn begleitet den Vater, der vom lebensfrohen Schaffer und Macher zum Pflegefall wird. Sieht der Sohn die Pflege des Vaters zunächst als "das Sinnvollste, was er seit Jahren oder überhaupt je getan hat", gerät er jedoch bald an den Rand der Erschöpfung und kann nicht verhindern, dem leidenden Vater insgeheim den Tod zu wünschen.

"Eine Zumutung" nennt der 57-jährige Autor Bettinger seine Geschichte und erzählt von der alten Unerhörtheit: Dass man sterben muss und es nicht will und es auch nicht kann, dass man den Vater lieben und ihm doch irgendwann den Tod wünschen kann. Es ist ein Buch von berührender Tiefe und überraschender Komik. So originell das Leben des Vaters endet, so einfallsreich stellt er sich dem Tod gegenüber. Eine Hymne an das Leben - vor der Aussicht, es zu verlieren. Es ist ein Buch, in dem sich zahlreiche Betroffene und Angehörige wiederfinden. Es ist aber auch eine Geschichte, die Mut macht. Der 1957 in Neunkirchen geborene Martin Bettinger studierte Germanistik und Philosophie in Saarbrücken und Freiburg, besuchte Arnfrid Astels Schreibwerkstatt und ist seit 1989 als freier Autor tätig. Er hat bisher fünf Romane sowie zwei Erzählbände, zuletzt die Beziehungskomödie "Die Liebhaber meiner Frau" und das Neuseelandbuch "Wo der Tag beginnt" veröffentlicht.

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