Schüler im Stasi-Gefängnis

Homburg · Die Themen DDR und Stasi nehmen laut Lehrer André Woll im Lehrplan einen zu geringen Stellenwert ein. Darum hat er sich bei einer Fahrt nach Berlin mit Schülern des BBZ Homburg gezielt mit der deutschen Vergangenheit auseinandergesetzt.

 Marie-Sophie Vernet, Aline Spengler, Kristin Mackert, Annika Hässig und Björn Bührig (von links) präsentierten am Freitag stellvertretend für ihre Mitschülerinnen und Mitschüler der Klassenstufe elf des BBZ Homburg Eindrücke ihrer Jahrgangsfahrt nach Berlin – auch vom Besuch im Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen. Foto: Thorsten Wolf

Marie-Sophie Vernet, Aline Spengler, Kristin Mackert, Annika Hässig und Björn Bührig (von links) präsentierten am Freitag stellvertretend für ihre Mitschülerinnen und Mitschüler der Klassenstufe elf des BBZ Homburg Eindrücke ihrer Jahrgangsfahrt nach Berlin – auch vom Besuch im Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf

Das Stasi-Gefängnis in Berlin-Hohenschönhausen gilt als eines der zentralen Symbole des DDR-Unrechtsstaates, diente der Bau doch als Haftanstalt für Republik-Flüchtlinge und Regime-Gegner. Die damit verbundene Geschichte von physischer und psychischer Folter ist Vergangenheit - eine Vergangenheit, über die Jugendliche heute nur in Büchern, in der Schule oder Fernsehbeiträgen erfahren können. Doch wie fühlt es sich an, selbst einmal dieses Gefängnis zu erleben? Diese Erfahrung machten kürzlich rund 60 Schüler der Klassenstufe elf des Oberstufen-Gymnasiums am Berufsbildungszentrum Homburg während ihrer Jahrgangsfahrt nach Berlin . "Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ein solches Stasi-Gefängnis aussieht. Man hat natürlich schon mal was drüber gehört. Aber wenn man sich heute einen Bericht über ein Jugendgefängnis ansieht, dann ist das natürlich schon was anderes", erzählte Schülerin Annika Hässig. "Als wir dann mit mehreren Leuten während der Führung in einer der kleinen Zellen gestanden haben, konnte man sich halbwegs eine Vorstellung davon machen, was die Häftlinge dort erleiden mussten." Lehrer André Woll machte am Freitag anlässlich der Vorstellung einer kleinen Ausstellung mit Eindrücken der Berlinfahrt klar, dass gerade die Themen Stasi und DDR aus seiner Sicht leider einen zu geringen Raum im Lehrplan einnähmen: "Dort haben diese Teile der deutschen Geschichte einen viel zu geringen Stellenwert." Da kam die Fahrt nach Berlin natürlich richtig. Die Tage an der Spree standen auf Einladung der Bundestagsabgeordneten Heidtrud Henn aber nicht nur im Zeichen der Geschichte des SED-Regimes. Vielmehr ging es auch darum, die Bundeshauptstadt in ihrer Gegenwart zu erleben, ein Besuch im Bundestag mit eingeschlossen. Das bedeutete natürlich auch im Wechsel der Themen von ernst über informativ bis unterhaltsam eine Herausforderung. Lehrer Bernd Weißmann: "Wir haben auf Abwechslung geachtet." Dabei sei gerade das Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen ein Ort, an dem Geschichte fühlbar werde, "wenn ehemalige Insassen selbst herumführen und ihre Erlebnisse schildern. Da läuft es mir immer noch kalt den Rücken runter". War der Besuch im Stasi-Gefängnis für Weißmann keine Premiere, so erlebte seine Kollegin Margit Geibel diesen Teil deutscher Geschichte zum ersten Mal. "Ich habe viel Neues erfahren. Und uns wurde klar gemacht, dass dieser Teil der DDR-Vergangenheit im Westen oft verschwiegen wird."

Neben dem Gefängnis-Besuch waren es unter anderem aber auch Einblicke in die Arbeit des Bundestages, die bei Annika Hässig und ihren Mitschülern Eindruck hinterließen. Für BBZ-Schulleiter Christoph Schwarz ein gewollter Effekt. "Wir wollen mündige und mitdenkende junge Menschen ausbilden, die Entscheidungen nachvollziehen können und politische Prozesse verstehen."

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