Isch hann genuch am Hals

Vor einer Woche beschäftigten wir uns mit dem Wörtchen "ohne". Dazu führt Albert Thomalla noch einige Beispiele aus seiner Oberthaler Mundart an: "òhne geheischt ebbes mache = unaufgefordert etwas tun." Beispiel: "Er hat òhne geheischt sèi Zimmer óffgeråumt." "òhne gelòò = ungelogen." Beispiel: "Er ìs òhne gelòò zwæi Meeder hoch gespróng." "òhne gess ón gedrónk = ohne zu essen und zu trinken." Beispiel: "Ìn dèm Håus kìmmschde nìt eråus òhne gess ón gedrónk." "òhne gefrååt ebbes mache = etwas tun ohne vorher zu fragen." Beispiel: "Er hat òhne gefrååt sèinem Brurer sèi Fahrrad gehollt."

Bevor Albert Thomallas Mutter abends zu Bett geht, pflegt sie zu sagen: "Håut bin-ich mied, ich glæb, håut schlåf-ich ìn òhne gewieht = Heute bin ich müde, ich glaube, dass ich heute ungewiegt einschlafe."

Ferner schickt uns Albert Thomalla als verspäteten Spruch nach Pfingsten : "Äbbel nåh Ooschdere, Mus nåh Pingschde ón Mæd iwwer Dreißisch han de Geschmack verlòr = Äpfel nach Ostern, Sauerkraut nach Pfingsten und junge Frauen über dreißig haben den Geschmack verloren." Über diesen Spruch würde heute eine Dreißigjährige nur lächeln.

Um einen Spruch handelt es sich auch bei der Frage von Edgar Schmidt aus Homburg. Er möchte wissen, wie man sich das Entstehen von "Isch hann genuch am Hals" (Ich habe Kummer genug) erklären kann. Die Antwort finden wir im Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten von Röhrich: "In vielen Wendungen ist der Hals als der Träger einer Last, eines Joches zu verstehen." Dort lesen wir auch, dass unsere Redensart "Dò schdehn isch mid meim gewäschne Hals" auf einen jüdischen Witz zurückgeht. Darin ermahnt eine Mutter ihr Söhnchen, sich den Hals zu waschen, weil die Tante zu Besuch erwartet wird. Worauf der Kleine sagt: "Und wenn die Tante nicht kimmt, steh ich da mit dem gewaschenen Hals!"

Interessant ist auch die Entstehung von "Hals- und Beinbruch!" Damit wünscht man jemandem weder Hals-, noch Beinbruch, sondern viel Glück. Bei Röhrich lesen wir: "Trotz des Volksglaubens, wonach man das Gute nur herbeischwören kann, indem man scheinbar das Böse herbeiwünscht, kommt die Zwillingsformel aus dem Hebräischen und heißt ursprünglich ‚hazlóche un bróche‘ (hazlachá = Glück, b'racha = Segen). Sie wird auch heute noch von den Juden in dieser Form hebräisch sowohl wie jiddisch oft verwendet."

Hingegen ist die Redensart "jemmand vòòr lauder Frääd um de Hals falle" ohne Erklärung verständlich. Im Rheinischen sagt man laut Röhrich von einer Person, die die Liebenswürdigkeit übertreibt: "Sie fellt em met de Benen om den Hals." (Sie fällt einem mit den Beinen um den Hals.) Das scheint man nur von weiblichen Personen sagen zu können, ebenso wie die bekannte Wendung: "sisch ääm aan de Hals werfe" nur auf eine Frau angewendet werden kann, die sich "eme Mann aan de Hals werfd".

Fragen und Hinweise per E-Mail an heimat@sz-sb.de

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