Ein Dorf, in den Himmel gebaut

Hombourg-Haut · Zwischen Merlebach und Saint-Avold, nahe der Grenze zum Saarland, liegt auf dem schmalen Grat eines Hügels Hombourg-Haut. Ein Dorf, dessen Geschichte bis ins 10. Jahrhundert zurückreicht. Einst eine Burg, heute ein Ort stiller Frömmigkeit über dem Tal der Rossel.

 Der lothringische Wallfahrtsort Hombourg-Haut liegt auf dem schmalen Grat eines Hügels oberhalb der Rossel. Foto: Georg Bense

Der lothringische Wallfahrtsort Hombourg-Haut liegt auf dem schmalen Grat eines Hügels oberhalb der Rossel. Foto: Georg Bense

Foto: Georg Bense

Man muss sich zwischen oben und unten entscheiden. Unten, das sind die Windungen der Rossel, ein Nebenfluss der Saar. Unten verläuft auch die verkehrsreiche Nationalstraße 3 nach Metz. Parallel liegen die Schienen der schnellen Züge in die Metropole, die den kleinen Bahnhof links liegen lassen. Auch Rathaus und Office de Tourisme betreuen von unten das alte Dorf hoch oben. Le vieux Hombourg-Haut (zu Deutsch: Alt Oberhomburg) steht auch auf den Schildern, die himmelwärts zum alten Ortskern weisen und denen die Pilger folgen, die im Zeichen der Muschel unterwegs nach Santiago de Compostella hier vorbeikommen und sich im Office de Tourisme ihr Pilgerbuch abstempeln lassen. Auch sie blicken nach oben auf die gestaffelten Dreiecke der Dächer, die dem Grat des Berges folgen. Dann nehmen sie vielleicht den Weg durch das alte Stadttor, folgen weiter und weiter dem Kopfsteinpflaster der Dorfstraße bergauf, ständig den wuchtigen Turm der Stiftskirche St. Stephanus vor Augen. Eine mächtige dreischiffige Basilika aus roten Sandsteinquadern mit gotischen Formen aus dem 13. und 14. Jahrhundert.

Auch Besucher, die nicht als Pilger kommen, betreten das Dorf durch das ehemalige Stadttor, von denen ursprünglich drei die Stadtmauer unterbrachen. Die Dorfstraße, Rue de l'Eglise (Kirchstraße), führt vorbei an den Zeichen vergangener Zeiten des kleinen Wallfahrtsortes, der für den Besucher von heute einen seltenen Luxus bietet: Das Erlebnis der Stille, erlebbar beim Gang mitten durch das Dorf. Der Blick wandert. Häuser links, rechts. Fassaden. Fenster. Geschlossene Türen. Vereinzelt zerbröckeln Steine. Da und dort frisst sich Rost durch Metall. Eine Reihe geparkter Autos. Pendler finden Arbeit im Tal. Auf halber Höhe, die Place Saint-Clément, dem ersten Bischof von Metz geweiht. Als Brunnenfigur führt er einen Drachen an seiner Stola. Zu seinen Füßen lehnen drei Frauen am Brunnengitter, leise, gestenreich in ein Gespräch vertieft. Beobachtet von einer Katze in der starren Attitude der ägyptischen Katzengottheit Bastet. Partielle Beschaulichkeit, hin und wieder unterbrochen: ein Traktor, selten ein Auto. Der Besucher trifft nur wenige Bewohner auf seiner Runde durch den Ort zur Katherinenkapelle aus dem 13. Jahrhundert. Vorbei an den Statuen von Märtyrern und Nothelfern wie Christophorus, Pantaleon oder auch Eustachius. Gläubige halten inne. Beten und bitten.

Auf dem Rückweg liegt zur Rechten der Friedhof mit dem Grab von Théodore Gouvy, 1819 in Saarbrücken-Schafbrücke (damals Goffontaine) geboren. Ein im 19. Jahrhundert viel beachteter, deutsch-französischer Komponist der Romantik. 1868 zog er zu seinem Bruder Alexandre nach Hombourg-Haut , der dort eine Eisenhütte betrieb. In dem Haus pflegt heute das Institut de Louis Théodore Gouvy das Andenken des Komponisten und ehrt mit Konzertabenden dessen Werk, Sinfonien und Requien. Vielleicht hat den Komponisten die Aura der Stille des über 750 Jahre alten Dorfes hin und wieder inspiriert. Denkbar wäre es.

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