„Du verkörperst heute den Karneval“

Saarbrücken · Im Elferrat zu sitzen, ist nicht nur spaßig, sondern auch ganz schön anstrengend. Ein SZ-Mitarbeiter hat es ausprobiert.

 Fastnacht mal von der anderen Seite: Marko Völke war zu Gast im Elferrat der Karnevalsgesellschaft „M'r sin nit so“. Fotos: Christina Korb-Völke

Fastnacht mal von der anderen Seite: Marko Völke war zu Gast im Elferrat der Karnevalsgesellschaft „M'r sin nit so“. Fotos: Christina Korb-Völke

"Alle zusammen", ruft Stimmungs-Macher Markus Becker. Die Saarlandhalle steht Kopf. Als der Stargast bei der SR-Fernsehsitzung der Karnevalsgesellschaft "M'r sin nit so" seinen Hit "Das rote Pferd" anstimmt, tanzt, klatscht und singt die Halle ausgelassen mit. Und ich bin mittendrin - dieses Mal jedoch nicht im Publikum, sondern alle meine Bewegungen werden von tausenden Augen und acht Fernsehkameras verfolgt. An diesem Abend sitze ich im Elferrat. "Du verkörperst heute den Karneval", hat mir Becker vor der Veranstaltung hinter den Kulissen gesagt. Und dabei sei es wichtig, immer eine richtig gute Miene zu machen, zu lächeln und mitzuklatschen.

Sechs Stunden da oben zu sitzen, kann ganz schön anstrengend sein, ließen mich meine erfahrenen Elferratskollegen schon vor der Sitzung wissen. Und das merke ich schnell. Unter den zahlreichen Scheinwerfern fließt bald der Schweiß. Gut, dass uns SR-Maskenbildnerin Karla Andler vorher abgepudert hat, denke ich. Zumal mein "Abenteuer" bereits um 18 Uhr begonnen hat. Als mir Vize-Präsident Ramon Gechnizdjani meinen "Arbeitsplatz" für heute zeigt, ist die Halle noch leer. Wir besichtigen die Bühne. Dabei fällt dem Moderator auf, dass nicht elf, sondern zwölf Stühle auf der Bühne stehen - und das ändert er noch schnell.

Danach geht es Schlag auf Schlag. Ich bekomme mein Outfit verpasst: Gechnizdjani leiht mir eine weiße Fliege, sein Vize-Präsidenten-Kollege Albert Kindel borgt mir ein rotes Elferrat-Jackett, eine Narrenkappe und einen Vorstandsorden: "Das ist eine Sonderanfertigung, die sonst nur Vorstands-Mitglieder tragen dürfen", erklärt Gechnizdjani. Welche Ehre! Anschließend steht noch eine abschließende Vorstands-Besprechung an, bei der noch offene Fragen geklärt und uns die Sicherheits-Bestimmungen erläutert werden. "Fastnacht ist eine todernste Sache", sagt Albert Kindel, der bereits seit über 20 Jahren im Elferrat sitzt und sich selbst als "Fastnachter durch und durch" bezeichnet, schmunzelnd.

Doch zurück zur Aufzeichnung. Die Akteure wie De Hausmeischda hauen eine Pointe nach der anderen raus. Das Publikum lacht. Wir im Elferrat haben dagegen ein Problem: Die Monitorboxen sind ausgefallen. Ich verstehe die Gags nicht, einem Kollegen geht es auch so: "Trotzdem lachen", lautet die Devise. Denn bei der Übertragung ist der Elferrat hinter den Akteuren fast immer im Bild.

Beim Schunkeln passiert ein weiterer Zwischenfall: Einer der Metallbecher, aus dem wir trinken, fällt um und durchnässt unsere Unterlagen. "Gut, dass mir das nicht passiert ist", denke ich. Kindel hat in den vergangenen Jahren schon viele derartige Pannen erlebt: "Es passiert immer was", weiß er. So sei einmal ein Elferrats-Mitglied mit dem Stuhl nach hinten gefallen und hinter dem Vorhang verschwunden. Doch es sei nichts Schlimmeres passiert. Damals sei viel Alkohol im Spiel gewesen.

Auch heute werde noch viel getrunken - allerdings vor allem Wasser, weiß Silke Müller. Sie ist im erweiterten Vorstand und kümmert sich seit 20 Jahren um das leibliche Wohl des Elferrates. Immer wieder versorgt sie uns während der Sitzung mit Getränken. Zudem ist sie für die Kommunikation zwischen dem Elferrat und den Programm-Verantwortlichen hinter der Bühne zuständig: "Das kann schon ein bisschen stressig sein", erzählt Müller. Aber noch ist sie ganz entspannt.

"Das geht ab", spielt die Band. Und wir müssen wieder Stimmung anheizen. Dabei achten wir ständig auf die beiden Moderatoren, die uns die "Kommandos" vorgeben: Aufstehen, Mitklatschen, Schunkeln… Während wir bei den anderen Akteuren improvisieren, hat uns Schorsch Seitz vor der Sitzung seine Anweisungen exakt schriftlich gegeben. Die Ansagen der Moderatoren sind dagegen spontan: "Ich versuche das Ganze individuell zu gestalten", erklärt Gechnizdjani. Auch sein Kollege Björn Busch verzichtet mittlerweile auf Zettel.

"Bis später", sagt Martin Stanislav und verlässt den Elferrat. Er gehört zu den Vorstandsmitgliedern, die auch im Männerballett auf der Bühne stehen. Vor dem Auftritt muss er sich schnell umziehen. Und wird umgeschminkt. "Mitgegangen, mitgefangen", erklärte mir schon vor der Sitzung ein Vorstandsmitglied das Motto der "M'r sin nit so". Und das merke ich schon bald.

Ursprünglich sollte ich ja "nur" im Elferrat sitzen. Doch schnell kommen weitere Aufgaben hinzu. Ich helfe, den Trainerinnen der Garde auf der Bühne die Blumen zu überreichen, verleihe Julanda Jochnachel ihren Sessionsorden. Und auch bei der Tombola werde ich kurzerhand als "Notar" verpflichtet.

"Die Krätzer" sorgen gerade für ausgelassene Stimmung. Da kommt bei uns Hektik auf: Müller bringt uns dieses Mal keine Getränke, sondern eine wichtigen Nachricht: "Es gibt eine Änderung." Ein Akteur hat sich verspätet, der Ablauf muss kurzfristig geändert werden. Nur nichts anmerken lassen.

Plötzlich steht schon Elfriede Grimmelwiedisch auf der Bühne. Wir machen uns bereit zum Ausmarsch. Erstaunlich, dass mein Abend im Elferrat wie im Flug vergangen ist: "Deren Job möchte ich nicht haben", sagt eine als Piratin kostümierte Frau zu ihrer Freundin im Foyer. Einer meiner Elferrats-Kollegen fragt mich dagegen, ob ich morgen wieder hoch will. "Nee, lass mal", winke ich ab.

Die Fernsehsitzung der "M'r sin nit so" wird an diesem Samstag um 20.15 Uhr im SR Fernsehen ausgestrahlt.

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