Bilder von einer aussterbenden Art

Saarbrücken · Hans-Jürgen Burkard ist einer der ganz Großen des Fotojournalismus: Seine Bilder erzählen Geschichten aus aller Welt, etwa von einer königlichen Schildkröte in der Südsee. Das Historische Museum Saar zeigt einige seiner Arbeiten.

 König Taufa' ahaou Toupu IV. von Tonga (1918 bis 2006) mit seinen Leibwächtern bei einer „Fitnesstour“ 1986 in der Nähe seines Palastes in der Hauptstadt Nuku' alofa auf Tongapatu. Foto: Burkard

König Taufa' ahaou Toupu IV. von Tonga (1918 bis 2006) mit seinen Leibwächtern bei einer „Fitnesstour“ 1986 in der Nähe seines Palastes in der Hauptstadt Nuku' alofa auf Tongapatu. Foto: Burkard

Foto: Burkard

Hans-Jürgen Burkard kann auf Knopfdruck die tollsten Geschichten erzählen. Etwa wie er sich einst im besten Anzug mit der Kamera flach auf den Rasen legte, um die Schildkröte des Königs von Tonga zu fotografieren. Da diese Schildkröte selbst königlichen Status hatte, durfte man sich ihr nur in angemessener Kleidung nähern. Was in diesem Südsee-Inselreich bedeutet: entweder Baströckchen oder Anzug. Eine der vielen vergnüglichen Anekdoten, die er erzählen kann. Etwa die vom schwergewichtigen König, der auf Geheiß seines Arztes täglich unter Palmen in die Pedale treten musste, um seine Pfunde abzubauen. Die Bilder, die Burkard bei seiner dreimonatigen Reise durch die Südsee auf den Spuren der Weltenerkunder Georg Forster und James Cook machte, wurden anschließend im Magazin "Geo" abgedruckt.

Seit 1989 reiste Burkard dann "Unterwegs im Auftrag des Stern" rund um die Welt. Er war einer der ganz Großen des Fotojournalismus. Das heißt: Er ist es noch. Burkard, Jahrgang 1952, ist quicklebendig, voller Energie, doch sein Beruf stirbt aus. "Der ,Stern' hatte mal über 20 festangestellte Fotografen , ich bin der letzte", sagte er gestern im Historischen Museum Saar. Das widmet ihm jetzt, da der Fotojournalismus schon fast Historie ist, eine große Einzelausstellung. Aus hunderten von Fotos aus Burkards eigenem Bildarchiv wählten der Museums-Grafiker Thomas Roessler, selbst Fotograf, und der stellvertretende Museums-Chef Rainer Jung 130 großformatige, zumeist bisher unveröffentlichte Arbeiten aus sowie 22 seiner Fotoreportagen im Originallayout des "Stern".

Sie führen uns an den Puls der Zeitgeschichte. Vor allem nach Russland. Im September 1990 erhielt Burkard in der zerfallenden Sowjetunion eine der damals seltenen Akkreditierungen und somit das Recht, sich relativ frei im Land zu bewegen. Gemeinsam mit schreibenden Kollegen wie Karin Gloger wurde Burkard zum Chronisten des Umbruchs. Ob der Aufstand der Jelzin-Anhänger in den brennenden Straßen, die reichen Russentöchter in der Disko oder die Spuren des Raubbaus sibirischer Bodenschätze - Burkard drang bis an die unglaublichsten Orte vor und setzte Menschen, Situationen und Landschaften prägnant ins Bild.

Ökologie und Globalisierung gehören zu den Themen, die ihn neben den Menschen am meisten beschäftigen. Davon zeugen in der Ausstellung auch Reportagen von Hintergründen des globalisierten Blumenhandels, wie man sie selten sieht. Seine Wohnung in Moskau gibt er jetzt auf, erzählte Burkard gestern. Stattdessen entdeckt er auf seine alten Tage Deutschland, das er am liebsten mit dem E-Bike "erfährt". Denn seit er im tschetschenischen Grosny von einem Panzer gefallen sei, mache ihm das Knie zu schaffen. Noch so eine tolle Geschichte, die man am besten aufnehmen und den Museumsbesuchern per Audioguide mitgeben sollte.

Zum Thema:

Auf einen Blick "Unterwegs im Auftrag des Stern", Historisches Museum Saar, Eröffnung: Sonntag, 26. Juni, ab 14 Uhr geöffnet, bis 9. Oktober. Begleitendes Vortragsprogramm: 30. Juni, 19 Uhr, Ekaterina Solovieva: "Ländliches Russland"; 6. Juli, Rolf Sachsse, "Geschichte der Fotografie". sbu

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort