„Wir geben unser Bestes“

Siersburg · Die Menschen werden immer älter, doch wie das Leben im Alter meistern, wie zufrieden alt werden? Dabei spielt das Thema Pflege eine zentrale Rolle. Wie kann sie aussehen, wie gehen Angehörige mit der Belastung um? In unserer Serie widmet sich SZ-Redakteurin Laura Blatter Menschen und Geschichten rund um dieses Thema. Heute: Altenpflege im Seniorenheim.

 Jenny Casper mit ihrem Patienten Helmut Görgen beim Blutzucker-Messen. Foto: Thomas Seeber

Jenny Casper mit ihrem Patienten Helmut Görgen beim Blutzucker-Messen. Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

Nur ein kleiner Pieks in den Finger und das war's. Allmorgendlich misst Jenny Casper bei ihren diabeteskranken Patienten den Blutzucker. "Von solch hübschen Frauen lasse ich mich gerne quälen", scherzt Helmut Görgen, 76-jähriger Bewohner des Heims, mit einem schelmischen Grinsen.

Die 33-Jährige frisch examinierte Altenpflegerin ist nicht nur bei dem 76-jährigen Bewohner des Alten- und Pflegeheims St. Martin in Siersburg sehr beliebt. Die junge Frau mit dem gewinnenden Lächeln hat ein "Händchen für ältere Menschen", wie sie selbst sagt. "Wer in diesem Beruf arbeiten möchte, braucht viel Empathie und Sympathie für die Patienten ", erklärt Jenny Casper.

Der Werdegang der jungen Frau ist beachtlich. 2006 begann die gelernte Bäckereifachverkäuferin in St. Martin als 1-Euro-Jobberin. "Über eine Maßnahme der Arbeitsagentur habe ich mich als Schwesternhelferin ausbilden lassen. Und ich mochte die Arbeit gleich. Mir gefällt es, Menschen zu helfen", erzählt die Altenpflegerin.

Ein Praktikum und ein Minijob, insgesamt fünf Jahre, im Siersburger Altenheim schlossen sich an. "Doch nur die Betreuung der Bewohner war mir irgendwann zu wenig. Und da habe ich mich dazu entschlossen, noch eine Ausbildung zu machen", blickt die Mutter einer elfjährigen Tochter zurück.

Zu ihren täglichen Aufgaben gehören, um nur einige zu nennen, die Körperpflege, Medikamente richten und Infusionen legen. Und die Ansprüche der Patienten sind hoch, wie die examinierte Altenpflegerin erklärt. "Viele haben hohe Erwartungen, nicht in erster Linie an die Pflege, sondern an die Betreuung. Sie fordern sehr viel Aufmerksamkeit. Bei 50 Patienten auf der Station, versucht man jedem gerecht zu werden, aber man kann sich nicht teilen. Wir geben unser Bestes", meint Jenny Casper.

Diverse Angebote im Heim, wie Malen, Musiktherapie oder der Besuch eines Therapiehundes, würden sehr zur Entlastung der Angestellten beitragen. Vor allem aber spielten die Angehörigen eine wichtige Rolle. "Es ist doch schön, wenn da noch Familie ist, die dem Patienten beisteht. Es gibt auch viele, die keine Angehörigen mehr haben. Das ist dann schon traurig. Aber hier bei uns sind sie ja nicht isoliert", erklärt die 33-Jährige.

Altenpflege sei aufgrund des demografischen Wandels ein Beruf mit Zukunft, aber auch "Knochenarbeit", wie die junge Frau gesteht. Nicht wenige in ihrem Beruf würden unter Bandscheibenvorfällen leiden. Mit ihrem Examen hat Jenny Casper nun die Möglichkeit, sich später einmal fortzubilden, irgendwann vielleicht mal im Büro zu arbeiten: "Jetzt packe ich die körperliche Belastung noch gut, aber wer weiß, was in zehn Jahren ist?"

Was ihr fehle, sei die Wertschätzung und Anerkennung von der Gesellschaft und der Politik. "Altenpflege wird so oft negativ dargestellt. Dabei ist sie nicht nur Hinternabputzen, sondern viel mehr. Ich wünsche mir da einfach mehr Wertschätzung", erklärt Jenny Casper und fügt zugleich an: "Schließlich kann jeder mal an den Punkt kommen, ab dem er auf Hilfe angewiesen ist."

Meinung:

Chapeau, ihr leistet Großes!

Von SZ-RedakteurinLaura Blatter

Selten habe ich Menschen mehr bewundert als Pfleger im Klinikum oder Altenpfleger in einem Heim. Seit meine Oma im Januar von einem Auto erfasst wurde, habe ich viele Kliniken und Einrichtungen von innen gesehen.

Ich habe alte, kranke Menschen gesehen, die ihre Pfleger beschimpft, getreten und ihnen die Suppe aus der Hand geschlagen haben. Situationen, die nur Menschen mit viel Empathie aushalten können.

Ich habe Pfleger gesehen, die stets ein tröstendes Wort auf den Lippen hatten; die da anpackten, wo sich viele von uns zu schade wären. Natürlich gibt es, wie überall, auch hier schwarze Schafe.

Vor allen anderen ziehe ich meinen Hut: Danke, für all das, was ihr jeden Tag leistet, nicht nur für die Patienten und Angehörigen, sondern für die Gesellschaft, für uns alle!

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