Alles lassen, wie's ist, ist die dümmste Vision

Lebach · Warm soll es sein, und alles Elektrische muss laufen. Wie die Energie dafür erzeugt wird, ist aber auch eine Entscheidung über die globalen Zukunftschancen. Das thematisierten der Film „Power to Change“ und eine Podiumsdiskussion in Lebach.

 Die Diskussionsrunde (von links): Klauspeter Brill, Christoph Hassel, Reinhold Jost, Mathias Winters, Patrik Lauer, Michael Brandt und Bernhard Mommenthal. Foto: J. Bodwing

Die Diskussionsrunde (von links): Klauspeter Brill, Christoph Hassel, Reinhold Jost, Mathias Winters, Patrik Lauer, Michael Brandt und Bernhard Mommenthal. Foto: J. Bodwing

Foto: J. Bodwing

"Ich halte es für verantwortungslos, dass wir die Auswirkungen auf andere Länder verlagern", sagte Christoph Hassel, Vorsitzender des BUND Saar, zu Folgen der Energieförderung und -erzeugung. Hassel nahm als einer von sechs Podiumsgästen am Montagabend im Lebacher City-Film-Studio Stellung zur Energiewende .

Rund 50 Personen verfolgten dort Film und Diskussion. Denn Energie auf fossiler Basis ist ein Drecksgeschäft. Das zeigte der Dokumentarfilm "Power to Change" mit ölbedeckten Landschaften und radioaktiven Abfällen. Eine Vielzahl von Kriegen finde in Fördergebieten statt, beispielsweise in der Ukraine. Ein Auto stehe fast den ganzen Tag, sagte Verkehrsexperte Martin Randelhoff im Film. Eine Bohrmaschine im Privathaushalt werde über Jahre kaum genutzt. Auch deshalb forderte Randelhoff ein Umdenken in der Gesellschaft.

Denn "die dümmste aller Visionen ist zu denken, man könne alles so lassen, wie es ist". Und die Gesellschaft habe die Wahl, so die Aussage von "Power to Change", zwischen dreckiger Energie aus Kohle, Gas und Uran oder sauber aus Wasser, Wind und Sonne. "War das überwiegend Science Fiction?", wollte Moderator Mathias Winters, SZ, wissen. "Das ist machbar", antwortete Michael Brandt, Geschäftsführer des Institutes für Zukunftsenergiesysteme. Im Prinzip auch im Saarland. Aber mit Einschränkungen wegen des Industriestandortes. Als ein Problem sprach Umweltminister Reinhold Jost Initiativen im Saarland an, die keine Windkraft vor der eigenen Haustür wollen. "So wird das nix." Da sei schon ein Stück Beharrlichkeit notwendig für den Energiewechsel.

"Was kann eine Stadt besser machen als eine kleine Gemeinde?", wandte sich Winters an Lebachs Bürgermeister Klauspeter Brill. Der befürwortete regenerative Energie. Doch "das ist auch nicht so einfach, man braucht viele, die mitmachen". Der Kreis Saarlouis habe die Aufgabe, zu koordinieren "und Mut zu machen", sagte Landrat Patrik Lauer . Dazu trügen erfolgreiche Projekte bei, so die Solaranlagen auf Gebäuden des Landkreises.

"Wenn ökologische Leitplanken berücksichtigt werden", sagte Hassel, "wären 100 Prozent erneuerbare Energien auch im Saarland möglich." Bernhard Mommenthal vom Forum Nalbach für Nachhaltigkeit, kritisierte: "Die Politik ist dabei, das EEG so zu reformieren, dass die Energiewende eigentlich beendet ist."

Warum die Politik denn so agiere, wollte Reiner Steffen wissen. "Da geht es um ganz harte Interessen", erwiderte Brandt. Auf das Energiedorf Dörrenbach verwies Klaus-Dieter Uhrhan aus dem Publikum. Aber "im Prinzip müsste der Ölpreis nach oben gehen", sonst rechne sich das nicht. "Wir wollen eine saubere Umwelt, aber niemand macht was", merkte Helmut Maas zur Senkung des CO{-2}-Ausstoßes an. "Das empfindet man oft als Wohlstandsverlust", sagte Mommenthal. Dahinter stecke die Struktur der Industrie. Dem widersprach Minister Jost: "Das ist die eigene Einstellung."

An diese appelliert im Film Edy Kraus, der eine mobile Pelletieranlage entwickelt hat. Er fragt uns: "Was sagt ihr euren Enkelkindern irgendwann, wenn sie fragen, warum habt ihr die Umwelt verheizt?"

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