Wenn sich Wirklichkeit verschiebt

St Wendel · Was passiert, wenn sich die Bedeutung von Gegenständen, Gesellschaftsmomenten und Kontexten durch eine kleine Verschiebung wandelt? Das zeigt das Ausstellungsprojekt „Spiele der Modifikation“ im St. Wendeler Mia-Münster-Haus. Zehn saarländische und Künstler aus Luxemburg setzen sich in der Ausstellung mit Spielzeug, Werkzeug und oder sonstigen nutzbaren Alltagsgegenständen auseinander.

 In den Bildern der Künstlerin Ursel Kessler aus Hemmersdorf nehmen Spielzeuge übermenschliche Dimensionen an. Fotos: Frank Faber

In den Bildern der Künstlerin Ursel Kessler aus Hemmersdorf nehmen Spielzeuge übermenschliche Dimensionen an. Fotos: Frank Faber

In der Ausstellung "Spiele der Modifikation" im St. Wendeler Mia-Münster-Haus begegnen sich zehn unterschiedliche künstlerische Positionen. "Die Kunstwerke zeugen in ihrer Modifikation von Realität davon, wie wir Menschen uns in einem stetigen kommunikativen Austausch befinden, wobei wir uns offensichtlich auch mal gegenseitig missverstehen", meint einführend die Museumsleiterin Cornelieke Lagerwaard. Die neue Situation löse, so Lagerwaard, unweigerlich eine Bedeutungsanpassung aus, wodurch eine geringfügig andere Wirklichkeit erlebt werden würde.

Und genau diesen Prozess mache die Ausstellung "Spiele der Modifikation" deutlich. Bei der Auswahl der Künstler war für den Kurator Minor Alexander die Glaubwürdigkeit für das Funktionieren der Zusammenarbeit von enormer Bedeutung. "Eine thematische Ausstellung bezieht sich auf etwas. Die Position muss dem Thema gerecht werden", sagt Alexander. Seine Aufgabe sei es ja zudem, die Interessen des jeweiligen Künstlers zu vertreten.

Die Kronleuchter, eine Installation des Luxemburger Künstlers Max Mertens, senden Morsezeichen aus. "Es sind Zitate aus kunsthistorischen Texten und Zitate von mir. Zu lesen sind die Texte nur, wenn man sich mit Morsezeichen auskennt", erklärt Mertens. Daneben hat er mehrere Leitern in einer Höhe von sieben Metern bis unter das Dach miteinander verbunden. Sie sollen das Unerreichbare zeigen, das doch scheinbar so nah ist.

Szenenwechsel. In den Bildern der Malerin Ursel Kessler aus Hemmersdorf nehmen Spielzeuge übermenschliche Dimensionen an. "Beim genauen Betrachten wird die Fläche größer, der Raum wird weiter", so die Künstlerin. Wie eine Amöbe rekelt sich eine schwebende Rennbahn, als würde sie im nächsten Moment ganz aus dem Bild verschwinden. Wie ein geschlossenes Gebäude wirkt eine Playstation-Spielkonsole. "Umgekehrt kann das jemand genauso wahrnehmen", weiß Kessler.

Ein Spiel ist nicht möglich, wenn von vorneherein die Verhältnisse nicht stimmen, und sich der Ball in einem 130 Meter langen Netz verfängt. Das kann als Hinweis und Kommentar auf mangelhafte gesellschaftliche Strukturen gewertet werden, um mit der Bildsprache der Luxemburger Künstlerin Letizia Romanini zu sprechen.

Die gebürtige Saarbrückerin Marie Hellenthal verfremdet in der Fotoserie "Entfant chouchou" die Motive, projiziert Kohlblätter hinein, die die zuvor harmlosen Szenen ein wenig gruselig wirken lassen. Unter anderem den menschlichen Körper als Ausdrucks- und Kommunikationsmedium stellt das Künstlerduo Klaudia Stoll und Jacqueline Wachall in ihrem Videoprojekt vor.

 Die Kronleuchter-Installation des Luxemburgers Max Mertens sendet Morsezeichen aus.

Die Kronleuchter-Installation des Luxemburgers Max Mertens sendet Morsezeichen aus.

Zum Thema:

Auf einen BlickDie Ausstellung "Spiele der Modifikation" ist noch bis zum 31. Mai im Mia-Münster-Haus zu sehen. Initiator ist der Saarländische Künstlerbund. Begleitprogramm: Workshops mit der Camera Lucida für Kinder ab acht Jahren sind an den Samstagen 18. April sowie 9. und 30. Mai, jeweils von 14 bis 16.30 Uhr, Kosten acht Euro inklusive Material, Leitung: Marie Hellenthal und Ulrich Behr. Eine Buchvorstellung ist Sonntag, 26. April, um 15 Uhr, Künstlergespräche finden am 26. April und 10. Mai jeweils um 15 Uhr statt. Die Performance von Catherine Lorent ist am 31. Mai, 15 Uhr. frf

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort