Weinbaudomäne kauft Zerfer Kunstwerk

Zerf · Das Kunstwerk aus Metallstangen, das bis vor gut drei Jahren auf dem Kreisel in Zerf (Verbandsgemeinde Kell am See) stand, hat einen neuen Besitzer. Die Skulptur Kleines Rasenstück, die einst unter Motorradfahrern eine Protestlawine provozierte, wird künftig komplett an der Staatlichen Weinbaudomäne in Trier gezeigt. Allerdings erst nach einer Verwandlung durch die beiden Künstler.

Es hat mehr als drei Jahre gedauert. Doch nun hat es die Gemeinde Zerf geschafft. "Wir haben das Kleine Rasenstück komplett verkauft", sagt Ortsbürgermeister Dieter Engelhardt (SPD ). Kleines Rasenstück - das ist der Titel einer Skulptur, die Klaus Maßem (Schillingen) und Werner Müller (Zerf ) geschaffen haben und die bislang im Besitz der Gemeinde war. 2011 fand dieses Kunstwerk bundesweit Beachtung. Allerdings im negativen Sinne. Motorradfahrer aus der ganzen Republik hatten sich damals über das Kunstwerk entrüstet, das zu dieser Zeit noch auf dem Verkehrskreisel an der B 268/B 407 stand. Die Biker empfanden das Gebilde mit seinen insgesamt 130 teils spitz zulaufenden Rohren als lebensgefährliche Bedrohung. Im September 2011 wurde es schließlich wegen der massiven Proteste und des Rats von Verkehrsexperten abgebaut.

Später wanderten die schönsten Teile der Skulptur als Leihgabe nach Trier . Sie sind bereits seit Sommer 2013 auf dem Außengelände der Staatlichen Weinbaudomäne Avelsbach zu sehen. An einer Gabionenwand des landeseigenen Guts hängen etwa 25 verformte Zinkrohre, die Pflanzen und Blumen nachbilden und als "Herbarium" bezeichnet werden. Der Rest des Kleinen Rasenstücks lagerte bisher bei einer Familie aus Zerf , die mit den Künstlern befreundet ist. Das wird sich aber bald ändern. Denn aus der Leihgabe an die Domäne wird ein dauerhafter Besitzerwechsel.

Laut Engelhardt wurde die komplette Skulptur für 25 000 Euro an die Kulturstiftung des Landes veräußert. Diesen Betrag teilen sich Gemeinde und die beiden Künstler - also jeweils 12 500 Euro. Ursprünglich hatten die Zerfer im Jahr 2010 rund 27 000 Euro für das Kreiselkunstwerk gezahlt. Die Gemeinde trennt sich nun also mit einem finanziellen Verlust von der Skulptur. Allerdings sagt Engelhardt: "Wir haben uns lange vergeblich bemüht, das Kunstwerk an den Mann zu bringen. In Zerf selbst haben wir dafür keinen anderen Standort gesehen. Außerdem hätten wir es nur mit Zustimmung der Künstler verkaufen dürfen. In dieser Situation ist der Spatz in der Hand besser als die Taube auf dem Dach."

Nach Auskunft von Maßem sind die Künstler schon dabei, die Skulptur zu "transformieren". Das Herbarium bleibe zwar hängen. Was die übrigen Teile der Skulptur angeht, kommt nun aber auf einem Wiesengelände an der Domäne die Idee zum Tragen, die Maßem und Müller bereits Ende 2011 erfolglos im Zerfer Rat vorgestellt hatten. Da aus gemähtem Gras Heu wird und dieses zu Rundballen gepresst werden kann, wollten die beiden Künstler die meisten Rohre ihrer Skulptur so verbiegen und verformen, dass daraus ein etwa drei Meter hoher Heuballen wird. Der Zerfer Rat sprang auf diesen Vorschlag nicht an.

Er soll nun aber an der Domäne verwirklicht werden, bestätigt Eveline Dziendziol, Pressesprecherin der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier . Für ihre kreative Arbeit, die Skulptur zu transformieren, erhalten die Künstler den ausgehandelten Anteil von 12 500 Euro als Honorar. Das verwandelte Kleine Rasenstück soll Anfang Juni präsentiert werden, so Dziendziol und Maßem übereinstimmend. Aus Sicht der Künstler sei es wichtig, dass es "nun doch noch zur Transformation kommt", sagt Maßem. Allerdings sitzt der Stachel über den erzwungenen Abbau der Skulptur immer noch tief. Nach wie vor ist Maßem davon überzeugt, dass die Heuballen-Idee am besten in Zerf verwirklicht worden wäre: "Die Antwort auf diese ganze Geschichte hätte man direkt auf dem Kreisel geben müssen."

Meinung:

Kein Glück gebracht

Von SZ-MitarbeiterAxel Munsteiner

Das Kleine Rasenstück hat Zerf sicher kein Glück gebracht. An Lob für den künstlerischen Wert hat es der modernen Skulptur zwar bis heute nicht gemangelt. Nur hat sie durch ihren Standort auf dem Kreisel vor drei Jahren so viele Motorradfahrer provoziert, dass die Gemeinde durch eine für den Hochwaldraum beispiellosen Protestwelle einen gehörigen Imageschaden erlitten hat. Rückblickend muss dabei aber gesagt werden: Einige Kommentare im Internet, zu denen sich die Biker - oft per Ferndiagnose - berufen fühlten und die die Gemeinde Zerf als "Steuerverschwender" oder "Fallensteller" an den Pranger stellten, waren teils völlig überzogen. Nun steht außerdem fest: Das Kleine Rasenstück hat Zerf auch einen finanziellen Schaden beschert. Denn weil sich die Gemeinde das Geld für den Verkauf der Skulptur nach Trier mit den Künstlern teilen muss, geht sie im Endeffekt mit einem Verlust von 14 500 Euro aus der Geschichte heraus. Es sei aber zum einen darauf hingewiesen, dass Zerf eine der immer seltener werdenden Kommunen ist, die ein Polster in Form von Rücklagen hat. Zum anderen ist auch klar: Dass die Gemeinde nach langen vergeblichen Versuchen die Skulptur doch noch an den Mann gebracht hat und die Künstler - ohne deren Einverständnis nichts geht - dabei mitgespielt haben, ist allemal besser als nichts. Für Zerf gilt: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Und die Trierer Weinbaudomäne darf sich auf ein Kunstwerk mit einer sehr bewegten Geschichte und auf die Umsetzung der pfiffigen Heuballen-Idee freuen.

 Vor drei Jahren wurde die Skulptur vom Verkehrskreisel in Zerf entfernt (ganz oben). Heute hängen Teile des Kunstwerkes an einer Wand der Weinbaudomäne Trier (links). Dort wollen die Künstler den Rest der Skulptur in einen Heuballen aus Metall verwandeln (oben: Modell). Fotos: Munsteiner/ Vetter

Vor drei Jahren wurde die Skulptur vom Verkehrskreisel in Zerf entfernt (ganz oben). Heute hängen Teile des Kunstwerkes an einer Wand der Weinbaudomäne Trier (links). Dort wollen die Künstler den Rest der Skulptur in einen Heuballen aus Metall verwandeln (oben: Modell). Fotos: Munsteiner/ Vetter

Zum Thema:

HintergrundDer nach dem Abbau der Skulptur schmucklose Zerfer Kreisel wird in naher Zukunft keine neue Zierde erhalten. So die Auskunft von Ortsbürgermeister Dieter Engelhardt. Er sagt zwar, "dass wir wissen, dass der Kreisel ziemlich bescheiden daliegt". Allerdings sind 2015 gerade in diesem Bereich unmittelbar vor dem Ortseingang größere Bauarbeiten geplant. Zum einen soll in diesem Jahr der Ausbau der B 407 (Hunsrückhöhenstraße) beginnen, die durch den gesamten Ort führt. Zum anderen erschließt die Gemeinde unmittelbar angrenzend zum Kreisel auf einer grünen Wiese ein neues Gewerbegebiet. Die wichtigste geplante Ansiedlung ist dabei ein Norma-Markt, über den es in der Vergangenheit viele Diskussionen gab. Erst nach diesen Bauarbeiten werde sich die Gemeinde wieder intensiver mit einer möglichen Neugestaltung des Kreisels befassen. Rückblickend auf die Proteste der Motorradfahrer sagt Engelhardt, der 2011 noch erster Beigeordneter war: "Ich bin darüber immer noch maßlos sauer. Es gab damals einen für mich unbegreiflichen Hype." Er erinnert daran, dass es in der Zeit, als die Skulptur auf dem Kreisel stand, zu keinen nennenswerten Unfällen kam. Viel gefährlicher sei es an dieser Stelle gewesen, als es dort noch eine Kreuzung und keinen Kreisel gab. "Damals war da ein richtiger Unfallschwerpunkt", sagt Engelhardt. Der Kreisel wurde 2004 gebaut. ax

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