Bischof will kirchliches Arbeitsrecht für Wiederverheiratete und Homosexuelle lockern

Lichtblick für viele Beschäftigte der katholischen Kirche: Wiederverheiratete Geschiedene müssen künftig nicht mehr um ihren Job zittern. Warum Ähnliches auch für homosexuelle Mitarbeiter gelten sollte, erklärt der Trierer Bischof Stephan Ackermann im Gespräch mit SZ-Mitarbeiter Rolf Seydewitz.

Herr Bischof, die Zahl der Priester sinkt weiter. Deshalb wollen Sie jetzt angeblich vermehrt Priester oder Ordensangehörige aus Indien ins Bistum holen. Inwiefern stimmt das?

Ackermann: Die Situation ist dramatisch. Natürlich liegt das auch an den gewachsenen pfarrlichen Strukturen, die wir bis jetzt haben. Zu Indien: Jede Woche schreiben indische Ordensobere oder Bischöfe , die sagen: Wir haben Nachwuchs, wir können Leute schicken. Sie tun das einerseits aus einer missionarischen Haltung heraus. Andererseits fördern sie natürlich mit dem hier verdienten Geld den Aufbau ihrer Ordensgemeinschaft in Indien. Wir haben uns im Bistum auf die Kennzahl geeinigt, dass wir uns zehn Prozent ausländische Priester vorstellen können.

Ist das Ende des Priestermangels nur eine Frage der Zeit?

Ackermann: Das wird uns ja nicht retten, genauso wenig wie die Abschaffung des Zölibats oder die Einführung eines Frauenpriestertums. Unser Problem ist die Struktur: Da müssen wir gegensteuern. Wir brauchen eine Pfarrei der Zukunft. Deshalb ist auch die von mir einberufene Synode wichtig: als Beratungsgremium, aber auch um die Menschen mitzunehmen. Mit leichten kosmetischen Veränderungen kommen wir nicht mehr weiter. Das wird schmerzlich und nicht ohne Kontroversen abgehen.

Immer häufiger schieden zuletzt auch Priester aus, weil sie nicht länger im Verdeckten mit ihrer Freundin oder ihrem Freund zusammenleben wollten, sondern offen. Ist es nicht höchste Zeit, Priestern die Ehe zu erlauben?

Ackermann: Das ist nicht die Lösung, wie wir bei den Protestanten sehen. Der Zölibat ist für mich gesetzt. Mich als Bischof beschäftigt eher die Frage, wie ich es schaffe, diese Lebensform zu stabilisieren. Vor dem Hintergrund größer werdender Zuständigkeitsbereiche macht vielen Priestern das Alleinsein zu schaffen. Das ist sozusagen eine verschärfte Form des Zölibats. Ich mache mir Gedanken, wie das geändert werden kann. Früher haben Priester teilweise auch in kleinen Gemeinschaften zusammengelebt. Da gab es Stiftskirchen, von denen aus die Priester ein größeres Gebiet betreut haben. Ich glaube, dass wir wieder stärker in diese Richtung gehen müssen.

Die katholische Kirche will ihr Arbeitsrecht modifizieren. Auf welche Neuerungen können sich die Beschäftigten einstellen?

Ackermann: Es stimmt, das Arbeitsrecht wird derzeit überarbeitet, soll mehr den unterschiedlichen Lebenssituationen gerecht werden. So sollen etwa wiederverheiratete Geschiedene nicht mehr um ihren Job fürchten müssen. Dabei muss man sagen, dass es schon heute keinen Kündigungsautomatismus gibt. Wir wollen aber noch einmal präziser fassen, woran sich Loyalität dem kirchlichen Arbeitgeber gegenüber festmacht. Macht sich Loyalität vor allem an der Lebensform fest oder an anderen Dingen? Ich bin zuversichtlich, dass wir da vorankommen. Wir brauchen in diesem Punkt eine Anpassung.

Wie schnell ist damit zu rechnen?

Ackermann: Ich gehe davon aus, dass wir noch in diesem Jahr zu einer Entscheidung kommen.

Die Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz hat Sie kürzlich darum gebeten, Kündigungen von homosexuellen Mitarbeitern auszuschließen. Was antworten Sie Frau Britz?

Ackermann: Ich bin auch in diesem Punkt für eine entsprechende arbeitsrechtliche Anpassung. Denn ich kenne ja homosexuelle Mitarbeiter, die ganz loyal zu ihrer Kirche stehen. Ich habe der Oberbürgermeisterin signalisiert, wenn sie davon hört, dass es in einer kirchlichen Einrichtung in diesem Punkt Probleme gibt, könne sie sich ruhig an mich wenden.

Wie enttäuscht sind Sie, dass Sie nicht Nachfolger von Kardinal Joachim Meisner in Köln geworden sind?

Ackermann: Ich habe nie darauf spekuliert, bin sehr gerne Bischof von Trier. Ich habe schon alle Mühe, das hier ordentlich zu machen.

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