40 Jahre sind für EdF kein Alter

Cattenom · Gerade wurde der älteste der vier Reaktoren im grenznahen Kernkraftwerk Cattenom auf den neuesten technischen Stand gebracht. Die Atomaufsichtsbehörde hat seinen Betrieb für die nächsten zehn Jahre genehmigt. Doch der Betreiber EdF denkt viel langfristiger.

 Der älteste Reaktor im AKW Cattenom ist 30 Jahre alt und darf für mindestens zehn Jahre weiter am Netz bleiben. Foto: Ruppenthal

Der älteste Reaktor im AKW Cattenom ist 30 Jahre alt und darf für mindestens zehn Jahre weiter am Netz bleiben. Foto: Ruppenthal

Foto: Ruppenthal

Rund 100 Millionen Euro hat der staatliche französische Energiekonzern EdF in die Aufrüstung des ältesten Reaktors im Atomkraftwerk (AKW) Cattenom gesteckt, der 1986 ans Netz ging. "Unser erklärtes Ziel ist eine Laufzeit über 40 Jahre", sagte gestern AKW-Chef Thierry Rosso. Beispiele seien etwa die USA oder die Schweiz, Länder, in denen Atommeiler eine Laufzeit von bis zu 60 Jahren haben. Fünf Monate dauerte die Zehn-Jahres-Inspektion im Block 1. Vor allem zwei Elemente, die beim heutigen Stand der Technik nicht ausgetauscht werden können, wurden auf den Prüfstand gestellt: der Reaktordruckbehälter und das Reaktorgebäude aus Beton. Von deren Zustand hängt ab, wie lange ein Atomkraftwerk noch am Netz bleiben kann. Vor allem ihre Dichtheit und ihre Spannkraft werden alle zehn Jahre unter Kontrolle der französischen Atomaufsichtsbehörde ASN geprüft. Um die Dichtheit des Reaktorgebäudes zu steigern, habe man 1000 Quadratmeter der Innenfläche mit einer Schicht aus Harz- und Glasfaser verkleidet. "Im Vergleich zur letzten Generalüberholung vor zehn Jahren haben wir hier 25 Prozent an Dichtheit gewonnen", stellte Rosso zufrieden fest.

Außerdem wurden mehrere Teile des Haupttransformators und einer Turbine ersetzt. Aufwendiger gestaltete sich etwa der Austausch von 64 000 Messingrohren in einem Kondensator durch Titan-Rohre. Durch dieses neue Material werde unter anderem verhindert, dass weiter Kupfer in die Mosel gelange, sagte AKW-Chef Rosso. Diese Kupfer-Verschmutzung war von der ASN mehrmals bemängelt worden.

Wichtiger Teil der Generalüberholung waren auch die Anpassungen an die zusätzlichen Auflagen, die seit dem Unfall von Fukushima gelten. Es wurde zum Beispiel in erdbebensichere Technik und in Schutzmechanismen gegen Stürme, Hochwasser, extreme Kälte und Hitze investiert. Pflicht ist auch die Errichtung sogenannter "Diesels d'Ultime Secours" (Deutsch: Dieselgeneratoren zur letzten Rettung). Sie funktionieren unabhängig vom Rest der Anlage und werden als siebte Stromversorgungsquelle eingesetzt, sollten alle anderen Quellen außer Betrieb sein.

100 Millionen Euro pro Block

In den nächsten Jahren sind die drei weiteren Blöcke in Cattenom an der Reihe. In jeden will der Betreiber EdF ebenfalls um die 100 Millionen Euro investieren. Als letzter soll der Block 4 voraussichtlich 2023 generalüberholt sein. Zurzeit produziert dieser Reaktor allerdings keinen Strom. Seitdem er sich am Wochenende wegen einer Abnahme des Luftdrucks im Maschinenraum im nicht nuklearen Teil automatisch abgeschaltet hatte, sei es nicht gelungen, den Reaktor wieder hochzufahren, hieß es.

Im Saarland wächst nach jeder Meldung eines Zwischenfalls der Unmut gegen das AKW im Nachbarland. Dagmar Ensch-Engel von der Linkspartei kritisierte gestern die angestrebte Laufzeit über 40 Jahren scharf. "Im Pannenreaktor Cattenom gibt es einen Vorfall nach dem anderen. Ein Störfall würde die Existenz tausender Menschen gefährden und eine ganze Region unbewohnbar machen. Vor diesem Hintergrund ist ein Weiterbetrieb verantwortungslos", sagte die Landtagsabgeordnete.

Auch Grünen-Chef Hubert Ulrich nannte die Modernisierungsmaßnahmen am grenznahen AKW "noch vollkommen unzureichend". Er drängte die saarländische Landesregierung, den rechtlichen Weg einer Klage gegen den Weiterbetrieb voranzutreiben. "Wir fordern von Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer, dieses Verfahren zu beschleunigen und auch von der Bundesregierung Unterstützung einzufordern", erklärte Ulrich.

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