Cattenom setzt auf Ausbau statt Abschaltung

Cattenom · Von Drohnenüberflug bis Reaktorausfall: seit Jahren steht das grenznahe lothringische Atomkraftwerk Cattenom in der Kritik. Abschaltung sei kein Thema, sagte der Kraftwerksdirektor nun, man baue eher noch aus.

 Wasserdampfwolken über Cattenom. Der Betreiber will das französische Atomkraftwerk nicht von Netz nehmen. Foto: Rolf Ruppenthal

Wasserdampfwolken über Cattenom. Der Betreiber will das französische Atomkraftwerk nicht von Netz nehmen. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal

Im Atomkraftwerk Cattenom , 20 Kilometer vom Saarland entfernt, herrscht reger Betrieb. Männer in weißen Schutzanzügen stehen auf einem Gerüst, in einer Menschenkette führen sie Rohre in Metallschlitze. Mit der Reparatur der Turbinenplatten soll bei der Stromherstellung entstehender Wasserdampf besser abziehen können, erklärt man den anwesenden Journalisten. Die Führung über das Gelände des Kraftwerkes ist Teil der Cattenom-Jahreskonferenz. Dort herrscht ein klarer Tenor: der Betreiber des Atomkraftwerks, der Stromriese Electricité de France (EDF), setze auf Erneuerung der Anlagen und der Sicherheitstechnik und damit auf die Zukunft des Standortes. Man habe "umfangreiche Investitionen bis ins Jahr 2025" vorgesehen, sagt Guy Catrix, Chef des Atomkraftwerkes (AKW). Das AKW könne statt wie ursprünglich geplant bis 2036 auch bis 2042 betrieben werden - oder länger. Schließungspläne gebe es keine. Catrix nimmt damit indirekt Bezug auf anhaltende Kritik der Anrainer. Erst Anfang März hatte sich Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel (Liberale Partei) für die Abschaltung der vier Cattenom-Meiler ausgesprochen. Auch Saar-Umweltminister Reinhold Jost (SPD ) hatte Cattenom als "nicht akzeptables Risiko für die Großregion" bezeichnet. Laut dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) habe es in dem AKW nämlich alleine seit Jahresanfang fünf Störfälle gegeben. So meldete man Anfang des Monats die kurzzeitige Stilllegung eines Atommeilers. Bereits im Herbst vorigen Jahres waren sogar Drohnen über dem Kraftwerk ausgemacht worden. Auch bei der Jahreskonferenz wird Catrix mit diesen Vorfällen konfrontiert. Drohnen seien "kein Sicherheitsrisiko", entgegnet er, die Abschaltung des Atommeilers nur eine "Vorsorgemaßnahme". 2014 habe es insgesamt nur eine einzige Störung gegeben, 2013 seien es noch fünf gewesen. Das Thema Sicherheit sei EDF laut Catrix sehr wichtig. Nach der Atomkatastrophe von Fukushima, die sich zum vierten Mal jährte, habe man eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen. Mitarbeiter seien für Krisenfälle wie Erdbeben geschult worden, zudem habe man den Schutz des Kraftwerkes gegen äußere Eingriffe verstärkt. Alleine im vergangenen Jahr habe man zudem mehr als 80 neue Mitarbeiter eingestellt. Die Energieproduktion sei mit 36 Milliarden Kilowattstunden im Jahr 2014 so hoch wie noch nie gewesen.

Hubert Ulrich , Fraktionsvorsitzender der Grünen-Landtagsfraktion, hat das Kraftwerk vor drei Jahren selbst besichtigt. Ulrich erinnert an einen in dieser Zeit von Experten für das Saarland, Rheinland-Pfalz und Luxemburg im Kraftwerk durchgeführten Stresstest. Das damals gezogene Fazit, nach dem das Kraftwerk nicht ausreichend gegen terroristische Anschläge gesichert sei, teile er heute mehr denn je. Zusätzlich werde Cattenom durch Materialermüdung von Tag zu Tag unsicherer. Die grüne Landtagsfraktion fordert daher, dass der "Pannenmeiler endlich vom Netz" muss. Für Frankreichs sozialistischen Präsidenten François Hollande hänge eine Schließung jedoch von der Behörde für Atomsicherheit (ASN) ab. Deren nächster Test in Cattenom steht erst 2016 an.

Frankreich gewinnt aktuell rund drei Viertel seines Stromes aus Atomkraft. In den nächsten zehn Jahren will die Regierung diesen Anteil auf 50 Prozent senken. Bisher ist nur die Schließung des AKW Fessenheim im Elsass geplant.

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