Unfrieden im Wohnhaus: Mieter will wissen, wer ihn verpetzt hat

München · Schwieriger Fall für die Justiz: Ein vermeintlich aggressiver Mieter sorgt für Unfrieden im Haus. Andere Bewohner beschweren sich darüber beim Vermieter. Nun will der Betroffene ganz genau wissen, wer über ihn was gesagt hat. Muss der Vermieter ihm das erzählen?

Wer die Wahrheit sagt, sollte dies erhobenen Hauptes und mit lauter Stimme tun. Das ist die Theorie. Aber das tägliche Leben sieht anders aus. Da wird häufig etwas über andere unter dem Siegel der Vertraulichkeit erzählt. Manchmal geschieht dies mit bösem Willen. Manchmal geschieht es aber auch aus Angst, weil man sich vor dem Angeschwärzten fürchtet. Welche Gründe hinter der Heimlichkeit in einem Münchner Wohnhaus stecken, ist unklar. Jedenfalls landete der Nachbarstreit vor dem Amtsgericht. Das stellte klar: Wenn Nachbarn und Mitmieter einen anderen Bewohner beschuldigen, den Hausfrieden zu stören, dann hat der Betroffene keinen Anspruch gegenüber der Vermieterin auf Auskunft, wer welche Anschuldigungen erhebt (Az.: 463 C 10947/14).

Der betroffene Mann ist seit Ende 1998 Mieter einer Wohnung in München. Am 30. Januar 2014 bekam er Post von seiner Vermieterin. In dem Brief war zu lesen, dass die Vermieterin wiederholt von anderen Mietern darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass der Mann den Hausfrieden störe durch sein aggressives und bedrohliches Auftreten, durch Beleidigungen, falsche Anschuldigungen und Gewaltandrohungen. Die Vermieterin forderte den Betroffenen deshalb auf, zukünftig Belästigungen der Mitmieter und Nachbarn zu unterlassen. Sie drohte eine Abmahnung an und bei weiteren Verstößen die fristlose Kündigung.

Der Mann konterte. Er verlangte von seiner Vermieterin Auskunft darüber, mit welchem Inhalt wann genau und von welchen anderen Mietern die Anschuldigungen ausgesprochen wurden. Die Vermieterin verweigerte diese Auskunft. Sie ist der Meinung, dass der Kläger ihr gegenüber keinen Auskunftsanspruch aus dem Mietvertrag habe. Die betroffenen Mieter und Nachbarn hätten außerdem ausdrücklich darum gebeten, die Anschuldigungen vertraulich zu behandeln, da sie Angst haben.

Der Mann reichte daraufhin Klage beim Amtsgericht München ein. Die Richterin gab der Vermieterin Recht und wies die Klage ab. Begründung: Es bestehe kein Auskunftsanspruch auf Grund des Mietverhältnisses. Der Vermieterin sei es nicht zumutbar, die Namen derjenigen Mieter, die sich über das Verhalten des Klägers beschwerten, zu offenbaren. Zu berücksichtigen sei dabei, dass die Vermieterin gegenüber ihren Mietern eine Fürsorgepflicht habe und die Gefahr bestünde, dass sich bei Erteilung der Auskunft die Störung des Hausfriedens verschärfe.

Das Gericht stellt zudem fest, dass es dem Kläger zuzumuten sei abzuwarten, ob die Vermieterin die Beschwerden tatsächlich zum Anlass für eine spätere Kündigung nimmt. Sollte es zu einer solchen Kündigung und einem anschließenden Räumungsprozess kommen, müssten erst dann die behaupteten Anschuldigungen konkret von der Vermieterin bewiesen werden. Im Rahmen der Abwägung der gegenseitigen Interessen zum jetzigen Zeitpunkt, sei deshalb der Auskunftsanspruch derzeit zu verneinen.

Das Amtsgericht stärkt mit diesem rechtskräftigen Urteil die Rechtsposition der (heimlichen) Beschwerdeführer. Sie können zunächst im Dunkeln bleiben. Erst wenn es für den Betroffenen knüppeldick kommt - Abmahnung, Kündigung, Räumung - müssen die Beschwerdeführer damit rechnen, ins Licht zu rücken. So lange bleiben ihre (wahren oder unwahren) Beschuldigungen für sie folgenlos.

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