Rollladen mit Kurbel: Mann mit Behinderung kann ihn nicht nutzen

München · Es sind oft die scheinbar kleinen Dinge, die Menschen mit Behinderung im Alltag zu schaffen machen. Beispielsweise die Modernisierung der Rollläden in einer Mietwohnung, die nun eine Kurbel bekommen und keine Textilgurte zum Ziehen mehr haben.

Ein Mieter hat keinen Anspruch auf eine behindertengerechte Bedienbarkeit von Rollläden in seiner Wohnung, wenn dies nicht im Mietvertrag festgelegt wurde. Das hat das Amtsgericht München rechtskräftig entschieden (Az.: 433 C 2726/13).

Die betroffene Klägerin ist seit dem Jahr 2003 Mieterin einer Erdgeschoss-Wohnung in München. Sie lebt dort gemeinsam mit ihrem 1991 geborenen schwerstbehinderten Sohn, der im Elektro-Rollstuhl sitzt. Er ist tagsüber allein zu Hause. Auf Grund der Behinderung verfügt er lediglich über eine verminderte Kraft im Oberkörper und über eine geschwächte Stabilität mit einer erschwerten Koordination beider Hände. Zu Beginn des Mietvertrages konnte er die Rollladen-Gurte mit der linken Hand bedienen. Jahre später wurden von der Vermieterin neue Fenster und Rollladensysteme eingebaut. Anstelle der bis dahin vorhandenen, mit Gurten versehenen Rollläden, wurden nun Rollläden eingebaut, die mit einer Kurbel zu bedienen sind. Diese Kurbeln kann der Sohn der Mieterin - im Gegensatz zu den früheren Gurten - nicht bedienen.

Die Mieterin verlangte deshalb den Umbau der Rollläden derart, dass sie auch von dem schwerbehinderten Sohn bedient werden können. Die Vermieterin weigerte sich, die Rollläden umzubauen. Deshalb erhob die Mieterin Klage vor dem Amtsgericht München.

Die Richterin gab allerdings der Vermieterin Recht und wies die Klage ab. Begründung: Es bestehe kein Anspruch auf einen Umbau des Rollladensystems derart, dass es der behinderte Sohn der Mieterin bedienen kann. Aus dem Mietvertrag würden sich keine besonderen Vereinbarungen bezüglich einer behindertengerechten Ausstattung der Mieträume, abgestimmt auf die speziellen Bedürfnisse des behinderten Sohnes der Mieterin, ergeben. Die eingebauten Rollläden seien voll funktionsfähig. Die Tatsache, dass die Rollläden den besonderen Bedürfnissen des Sohnes nicht entsprechen, sei kein Mangel der Mietsache.

Das Gericht stellte außerdem fest, dass es sich beim Austausch der Rollläden lediglich um eine Instandhaltungsmaßnahme und nicht um eine Modernisierungsmaßnahme gehandelt hat. Solche Erhaltungsmaßnahmen seien aber vom Mieter, soweit sie erforderlich sind, zu dulden. Eine Ausnahme wäre lediglich dann gegeben, wenn die Vermieterin bewusst eine Ausstattung gewählt hätte, die der Sohn nicht bedienen kann. Dies wäre dann eine Schikane und würde gegen das Schikaneverbot des Bürgerlichen Gesetzbuchs verstoßen. Dafür gebe es aber in diesem Fall keinerlei Anhaltspunkte, so das Gericht. Die Vermieterin müsse die Rollläden also nicht auf eigene Kosten umbauen lassen.

Allerdings könne die Mieterin dies unter Umständen tun. Sie könne von der Vermieterin die Zustimmung zu baulichen Veränderungen oder sonstigen Einrichtungen verlangen, die für die behindertengerechte Nutzung der Mietsache erforderlich sind, wenn sie ein berechtigtes Interesse daran nachweisen kann. Im Übrigen könne die Mieterin allenfalls Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses verlangen. Soweit sich seitdem der Gesundheitszustand des Sohnes so verschlechtert hat, dass er auch das Gurtsystem nicht mehr bedienen kann, bestehe aber kein Anspruch auf weitergehende Maßnahmen. red/wi

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