Wer sehenden Auges aufs Eis geht und stürzt, der muss selber zahlen

München · Passend zum Ende des Winters ein Blick zurück in Richtung Schnee und Eis. Um die Grenzen der Räum- und Streupflicht eines Vermieters ging es im Fall einer schwer gestürzten Frau.

München. Wer sehenden Auges und trotz nahe liegender Ausweichmöglichkeit einen vereisten Weg benutzt, der hat nach einem Sturz keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Grundeigentümer. Das hat das Amtsgericht München laut Rechtsportal Juris entschieden (Az.: 212 C 12366/12).

Der Fall: Die Mieterin einer Wohnanlage ging Ende Januar 2011 am späten Nachmittag mit ihrem Müll zum Müllhäuschen im Innenhof des Anwesens. Da es an diesem Tag sehr eisig und glatt war, zog sie ihre Winterstiefel mit Profil an und benutzte auf dem Hinweg eine Route entlang der Häuser, da sich dort kein Eis befand. Auf dem Rückweg allerdings benutzte sie den eigentlichen Weg und stürzte im Bereich eines Gullys. Sie zog sich einen Innen- und Außenbandanriss sowie eine Deltabandverletzung zu, wodurch sie mehrere Monate erhebliche Schmerzen hatte.
Deshalb verlangte sie vom Vermieter der Wohnanlage ein Schmerzensgeld. Schließlich habe dieser seine Verkehrssicherungspflicht verletzt, da der eigentliche Weg nicht gestreut und geräumt gewesen sei. Der Vermieter weigerte sich, zu zahlen. Er sei seiner Räum- und Streupflicht in vollem Umfang nachgekommen. Außerdem habe die Mieterin einen Ausweichweg gehabt. Diese erhob Klage vor dem Amtsgericht München auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes.

Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Begründung: Zwar sei grundsätzlich der Vermieter der Anlage natürlich zum Räumen und Streuen der Wege verpflichtet. Es könne aber vorliegend dahinstehen, ob er dieser Verpflichtung nachgekommen sei. Das Eigenverschulden der Klägerin sei nämlich so groß, dass eine etwaige Verkehrssicherungspflichtverletzung des Vermieters dahinter zurücktrete. Der Mieterin sei bewusst gewesen, dass im Freien winterliche Verhältnisse herrschten, es insbesondere extrem eisig war. Sie habe deshalb bereits Stiefel mit Profil angezogen und für den Hinweg den Pfad entlang der Hauswand gewählt.

Obwohl sie gesehen habe, dass dieser Weg nicht mit Eis bedeckt und damit problemlos begehbar war, habe sie für den Rückweg den nach eigenen Angaben extrem eisigen "normalen" gepflasterten Weg über den Innenhof benutzt. Dass ihr der Rückweg entlang der Hausmauer nicht zumutbar gewesen wäre, sei nicht erkennbar. Die Mieterin habe damit die Begehung des vereisten Weges vermeiden können und damit durch ihr eigenes Verhalten die Gefahr des Schadeneintritts wesentlich erhöht. Sie habe in hohem Maße die Sorgfalt verletzt, die ein vernünftig Handelnder zum Schutze der eigenen Gesundheit anzuwenden habe. Unter Berücksichtigung dieser Umstände scheide eine Ersatzpflicht daher aus. Das Urteil ist rechtskräftig. red/wi

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