Papa hat zwar keine Arbeit – Aber Unterhalt fürs Kind muss er zahlen

Hamm · Eltern müssen für ihre Kinder sorgen und für deren Unterhalt ihre Arbeitskraft einsetzen. Tun sie das nicht, so wird getan, als ob sie arbeiten. Und den Eltern wird ein fiktives Einkommen zugeschrieben, aus dem die Justiz den fälligen Kindesunterhalt errechnet.

Papa hat zwar keine Arbeit – Aber Unterhalt fürs Kind muss er zahlen
Foto: Boris Roessler (dpa)

Das Oberlandesgericht Hamm hat einen nicht berufstätigen Vater zur Zahlung von Unterhalt an seine minderjährige Tochter verurteilt. Bei der Berechnung der Höhe des Unterhalts gingen die Richter von einem "fiktiven Einkommen" des Mannes aus. Dazu stellten sie fest: "Schuldet ein Vater seinem minderjährigen Kind Unterhalt, kann ihm als ungelernte Arbeitskraft ein fiktives monatliches Nettoeinkommen von über 1.300 Euro zuzurechnen sein." Und zwar dann, wenn er ein derartiges Einkommen im Rahmen einer früheren Beschäftigung erzielt hat (Az.: 2 UF 213/15).

Der betroffene Mann wurde im Jahr 1985 geboren. Er und seine gleich alte Ex-Lebensgefährtin haben seit April 2013 eine gemeinsame Tochter. Die Familie wohnt seit Juli 2015 nicht mehr in einem Haushalt zusammen. Seitdem wohnt das Mädchen bei seiner Mutter. Der Vater hat einen Hauptschulabschluss. Eine anschließende Ausbildung zum Gärtner brach er ab. Er arbeitete zeitweise bei unterschiedlichen Zeitarbeitsfirmen und in einer Autowäsche, wo er für einige Monate monatlich über 1.300 Euro netto verdiente. Diese Arbeitsstelle verlor er - nach eigenen Angaben schuldlos - im Herbst des Jahres 2014. Seitdem ist er arbeitslos. Mittlerweile bezieht er Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (Hartz IV).

Das Familiengericht in Marl hat seiner Tochter in erster Instanz trotzdem einen monatlichen Unterhalt von 236 Euro zugesprochen. Die Beschwerde des Mannes gegen den Beschluss des Familiengerichts hat der 2. Familiensenat des Oberlandesgerichts Hamm zurückgewiesen. Zu Recht habe das Familiengericht, so der Senat, dem Antragsgegner ein fiktives Einkommen angerechnet. Dies lasse die Zahlung des begehrten Kindesunterhalts ohne Gefährdung seines notwendigen Selbstbehalts zu.

Dazu die Richter grundsätzlich: Eltern seien gegenüber minderjährigen, unverheirateten Kindern verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (gesteigerte Unterhaltspflicht). Der unterhaltspflichtige Elternteil habe dafür seine Arbeitskraft einzusetzen. Unterlasse er dies, könnten auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil eine reale Beschäftigungschance habe. Dabei habe der Unterhaltspflichtige das Fehlen der Beschäftigungschance darzulegen und auch zu beweisen.

Für gesunde Arbeitnehmer im mittleren Erwerbsalter gelte insoweit selbst in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit regelmäßig kein Erfahrungssatz, nach welchem sie auch als ungelernte Kräfte nicht in eine vollschichtige Tätigkeit zu vermitteln seien. Unter Einsatz aller zumutbaren und möglichen Mittel habe sich der Unterhaltspflichtige nachhaltig darum zu bemühen, eine angemessene Vollzeittätigkeit zu finden. Die bloße Meldung bei der Agentur für Arbeit genüge nicht. Ebenso nicht, wenn sich der Unterhaltspflichtige lediglich auf die vom zuständigen Jobcenter unterbreiteten Stellenangebote bewerbe. Er müsse nachprüfbar vortragen, welche Schritte er im Einzelnen in welchem zeitlichen Abstand unternommen habe, um eine Erwerbsmöglichkeit zu finden, so das Oberlandesgericht. Im konkreten Fall habe der Vater offensichtlich keine solchen Erwerbsbemühungen entfaltet. Dazu habe er nichts vorgetragen.

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