Prozess zu Hartz IV: Verwandte müssen vor Gericht aussagen

Essen · Eigentlich müssen Verwandte vor Gericht nicht gegen ihre Angehörigen aussagen. Etwas anderes gilt aber dann, wenn es in einem Prozess um die familiären Vermögensverhältnisse geht. Dann sind Verwandte ganz normale Zeugen und zur Auskunft verpflichtet.

Das Landessozialgericht in Essen hat entschieden, dass Mutter und Stiefvater eines Antragstellers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Hartz IV) vor Gericht aussagen müssen. Sie haben in einem sozialgerichtlichen Prozess kein Zeugnisverweigerungsrecht in Bezug auf familiäre Vermögensangelegenheiten (Az.: L 19 AS 1880/14 B und L 19 AS 1906/14 B)

Der Kläger in dem vom Rechtsportal Juris veröffentlichten Fall war ein Langzeitarbeitsloser aus Köln. Er machte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gegenüber dem Jobcenter Köln geltend. Das Amt lehnte die Leistungen jedoch ab, weil der Kläger nicht hilfebedürftig sei. Motto: Das Einkommen seines Stiefvaters decke auch den Bedarf des Betroffenen. Der zog vor das Sozialgericht Köln und machte geltend, er könne keine Angaben zu den Einkommensverhältnissen seiner Mutter und seines Stiefvaters machen. Das Sozialgericht wollte deshalb die Mutter und den Stiefvater als Zeugen vernehmen. Diese beriefen sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht als Verwandte beziehungsweise Ehegatten von Verwandten. Das Sozialgericht war damit nicht einverstanden. Es entschied, dass weder die Mutter noch der Stiefvater ein Zeugnisverweigerungsrecht haben. Das Landesozialgericht Essen hat diese Linie bestätigt. Nach Auffassung des Landessozialgerichts ist grundsätzlich jeder verpflichtet, vor Gericht als Zeuge auszusagen. Es sei denn, das Gesetz räumt ihm ausdrücklich ein Recht ein, die Aussage zu verweigern. Grundsätzlich hätten zwar in gerader Linie Verwandte und Verschwägerte ein Zeugnisverweigerungsrecht. Dies gelte jedoch nicht, wenn es um familiäre Vermögensangelegenheiten geht. Unter derartige familiäre Vermögensangelegenheiten falle auch die Frage, über welches Einkommen oder Vermögen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft verfügen, wenn dieses gegebenenfalls auf den "Hartz IV"-Anspruch anzurechnen sei. So weit das Landessozialgericht in den rechtskräftigen Beschlüssen. red/wi

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