Hartz-IV-Empfängerin: Amt kann Auskunft vom Ex-Ehemann fordern

Chemnitz · Viele Ehefrauen werden im Zuge einer Scheidung zum Sozialfall. Der Staat schaut deshalb bei den Sozialleistungen genau hin. Zur Not fordert er Jahre nach der Scheidung den Ex-Ehemann auf, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse offen zu legen.

Das Jobcenter kann vom Ex-Ehemann einer Hartz-IV-Empfängerin eventuell Auskunft über dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse verlangen. Das gilt auch Jahre nach der Scheidung und nach erneuter Ehe des Mannes. Für die Auskunftspflicht kommt es maßgeblich darauf an, ob unter Umständen ein Anspruch der Frau auf nachehelichen Unterhalt gegen ihren Ex-Mann bestehen könnte. Das hat das Landessozialgericht von Sachsen in Chemnitz klargestellt (Az. L 7 AS 745/11).

Der Fall laut Rechtsportal Juris: Die ehemalige Ehefrau des betroffenen Mannes bezog Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II. Die beiden waren ursprünglich von 1975 bis 2001 verheiratet gewesen. Danach hatte der Mann der Frau bis einschließlich Dezember 2009 Unterhalt in Höhe von 391 Euro im Monat gezahlt. Anschließend stellte er die Zahlungen ein. Ein Titel für diese Unterhaltszahlungen existierte nicht. Der Mann ist zwischenzeitlich wieder verheiratet.

Weil die Frau Hartz IV bezog, forderte das Jobcenter von dem Mann Auskunft über dessen Einkommen/Vermögen. Der Betroffene lehnte dies ab, weil aus seiner Sicht kein Unterhaltsanspruch seiner ehemaligen Ehefrau mehr gegen ihn bestehe. Zudem sei ein möglicher Unterhaltsanspruch auch verjährt.

Das Sozialgericht und das Landesozialgericht gaben aber dem Jobcenter Recht und bestätigten das Auskunftsverlangen im Wesentlichen. Nach Ansicht der Richter reicht es aus, dass ein Unterhaltsanspruch gegen den Ex-Mann (noch) bestehen könnte. Zur Prüfung, ob dies so ist oder nicht, müsse der Betroffene die begehrte Auskunft erteilen.

Dazu das Landessozialgericht: Die Auskunft müsse zur Durchführung der Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch II erforderlich sein. Dabei sei eine Güterabwägung zwischen dem Auskunftsinteresse des Jobcenters und den schutzwürdigen Persönlichkeitsinteressen des Betroffenen vorzunehmen. Eine Pflicht zur Auskunft sei demnach nicht gegeben, wenn feststeht, dass die begehrte Auskunft für das Bestehen oder Nichtbestehen des Leistungsanspruchs keine Rolle mehr spielt. Dies sei der Fall, wenn der Anspruch des Ex-Ehepartners auf Unterhalt aus rechtlichen Gründen nicht (mehr) besteht. Das Interesse des Betroffenen an der Geheimhaltung seiner Daten überwiege dann das Auskunftsinteresse des Jobcenters. Aber nur dann, wenn der Unterhaltsanspruch unabhängig von seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ganz offensichtlich (evident) nicht besteht.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Pflicht zur Auskunft über die finanziellen Verhältnisse so lange bestehen bleibt, wie eine Pflicht zum Unterhalt möglich erscheint. Für die Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens ist hierbei nicht erforderlich, dass alle für die Beurteilung des Leistungsanspruchs maßgebenden tatsächlichen Fragen bereits geklärt sind. Es genüge vielmehr, dass nach sorgfältiger Prüfung der Sache die Unterhaltspflicht nicht ganz offensichtlich ausscheide. Im Zweifel bleibe dann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft bestehen.

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