Urteil: Ex-Chefin von Flatrate-Bordell muss vier Jahre hinter Gitter

Saarbrücken · Das Elend mit dem billigen Sex: Einmal bezahlen und dann Essen, Trinken und Sex bis zum Abwinken. Mit dieser Masche hat eine Bordell-Betreiberin männliche Kunden angelockt. Und die betroffenen Frauen in dem Sex-Club mussten leiden. Nun stand die Ex-Bordellchefin wegen Steuerhinterziehung und Zuhälterei vor Gericht.



Das Landgericht Saarbrücken hat die frühere Betreiberin eines so genannten Flatrate-Bordells in Hessen zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Der 45 Jahre alten Ex-Chefin des Sex-Clubs am Neckar wurden Zuhälterei und Steuerhinterziehung vorgeworfen. Die Angeklagte stammt aus Rumänien und war dort bereits vor mehr als zehn Jahren wegen Zuhälterein zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Anschließend kam sie nach Deutschland und hat hier mit vier Mitangeklagten im Rotlicht-Geschäft weitergemacht. Das hat die 45-Jährige vor Gericht gestanden. Der Löwenanteil der anschließend gegen sie verhängten Haftstrafe entfällt auf den Vorwurf der Steuerhinterziehung in der Größenordnung von rund 400 000 Euro. Die übrigen vier Angeklagten wurden wegen ihrer Beteiligung an der Zuhälterei zu Srafen in der Größenordnung von maximal eineinhalb Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt.

Laut Anklage soll der Bordellbetrieb der Hauptangeklagten von 2010 bis 2014 einen jährlichen Umsatz zwischen 398 933 und 530 916 Euro erwirtschaftet haben, die nicht ordnungsgemäß versteuert wurden. Das Geld soll in erster Linie mit so genanntem Flatrate-Sex verdient worden sein. Das funktionierte so: Ein Freier musste einmal Eintritt für den Sex-Club bezahlen. Und zwar 70 Euro in der Zeit von zehn bis 17 Uhr - sowie 100 Euro in der Zeit von 15 Uhr bis vier Uhr in der Früh. In diesem Eintritt waren antialkoholische Getränke und Essen ohne Limit sowie vier alkoholische Getränke enthalten. Außerdem konnte der Kunde mit jeder der anwesenden Prostituierten ein Mal ein so genanntes Verrichtungszimmer aufsuchen. Dort kosteten lediglich besondere sexuelle Praktiken einen Aufpreis. Jede der bis zu 20 Prostituierten erhielt pro Kunde einen Strich auf ihrer Arbeitskarte. Pro Strich bekam die Frau dann nach der Abrechnung etwa sieben bis zwölf Euro gutgeschrieben.

Dieses Geld wurde entweder an die Frauen ausbezahlt oder im Regelfall mit deren vermeintlichen Schulden verrechnet. Diese "Schulden" waren laut Anklage so entstanden: In dem Bordell arbeiteten ausschließlich Frauen aus Rumänien. Diese stammten aus ärmsten Verhältnissen, konnten zum Teil nicht richtig Lesen und Schreiben. Sie wurden zu Hause von einem Anwerber angesprochen, der sie einlud, ihnen oder ihrer Familie etwas Schönes kaufte und so weiter. Aber irgendwann kam der vermeintlich nette Mann mit der Rechnung. Demnach sollte ihm eine der völlig mittellosen Frauen 2000 Euro bezahlen. Die Frau hatte so viel Geld natürlich nicht. Also sollte sie es in Deutschland abarbeiten. Erst musste sie auf den Straßenstrich und dann wurde sie an die Bordellbetreiberin weitergereicht, laut Anklageschrift verkauft.

Diesen "Kaufpreis" in der Größenordnung zwischen 2000 und 5000 Euro mussten die betroffenen Frauen anschließend abarbeiten. Vor diesem Hintergrund hatten sie bereits vor ihrem ersten Tag in dem Bordell mehrere tausend Euro Schulden. Dazu kamen dann noch weitere Schulden für Unterkunft, Essen, Hygieneartikel und mehr. Mit sieben bis zwölf Euro Verdienst pro Kunden waren diese Schulden kaum abzutragen. Der billige Sex für die Freier hielt die Frauen in der Falle. Sie wurden ihre Schulden nicht los, hatten kein Geld, um es nach Hause zu schicken, schämten sich und wussten nicht mehr, wohin sie gehen sollen. Und die Männer hatten ihren Spaß.

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