Brustkrebs zu spät erkannt: Arzt muss Patientin 20.000 Euro zahlen

Hamm · Bei der Krebsvorsorge müssen Mediziner besonders aufpassen. Im Zweifel müssen sie die bestmögliche und sicherste Art der Vorsorgeuntersuchung wählen. Tun sie das nicht, droht ihnen im Fall einer Krebserkrankung eine teure Klage auf Schadensersatz.

Einmal im Jahr ging eine Frau aus dem Münsterland zur Krebsvorsorge. Aber erst 2010 wurde bei einem Mammograhiescreening Brustkrebs in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Ihr Frauenarzt muss jetzt Schadensersatz in Höhe von 20 000 Euro zahlen, weil er nicht bereits 2008 bei der Krebsvorsorge zu dem Mammographiescreening geraten hat. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden (3 U 57/13).

Die betroffene Frau ist 66 Jahre alt. Sie befand sich seit Jahren in frauenärztlicher Behandlung bei dem beklagten Arzt. Der nahm jährliche Brustkrebsvorsorgeuntersuchungen vor, bei denen er neben der klinischen Untersuchung eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie) der Brust veranlasste. Im Jahre 2001 fand eine Mammographie statt, zu deren Wiederholung der Arzt der Patientin erst im Jahre 2010 riet. Aus der anschließend durchgeführten Mammographie ergab sich der Verdacht eines Mammakarzinoms in einer Brust. Der Tumor wurde in der Folgezeit diagnostiziert und operativ behandelt, wobei befallene Lymphknoten entfernt werden mussten. Im Anschluss musste sich die Frau einer Strahlentherapie und einer Chemotherapie unterziehen.

Für diesen Verlauf der Krankheit macht die Frau den Mediziner verantwortlich. Sie hat deshalb umfassenden Schadensersatz verlangt, unter anderem ein Schmerzensgeld von 25 000 Euro. Sie ist der Ansicht, dass der Brustkrebs früher zu erkennen und weniger belastend zu behandeln gewesen wäre, wenn ihr der Arzt im Rahmen der Krebsvorsorge ab 2002 zu einer Mammographie geraten hätte.

Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat der Klage der Frau weitgehend entsprochen und ihr ein Schmerzensgeld von 20 000 Euro zugesprochen. Begründung: Der Arzt müsse haften, weil er der Frau nicht bereits bei der Vorsorgeuntersuchung im Jahre 2008 zur Teilnahme an einem Mammographiescreening geraten habe. Zu dieser Zeit sei eine Mammographie als einzig sichere Methode zur Senkung des Mortalitätsrisikos anerkannt gewesen. In dem speziellen Fall sei der unterlassene Rat zu dem Mammographiescreening sogar als grober Behandlungsfehler zu bewerten. Und zwar deshalb, weil es der Frau während ihrer Behandlung ersichtlich auf die Minimierung jedweden Brustkrebsrisikos angekommen sei und der Arzt ihr zudem zuvor ein Medikament verordnet habe, das geeignet gewesen sei, das Brustkrebsrisiko zu erhöhen.

Die Richter weiter: Zu Gunsten der Klägerin sei vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass sich bei einer bereits 2008 erkannten Krebserkrankung noch keine Metastasen gebildet hätten und die Frau mit einer weniger belastenden Operation hätte behandelt werden können. Auch eine Chemotherapie wäre ihr dann erspart geblieben. Diesen Verlauf habe auch der im Verfahren gehörte medizinische Sachverständige für nicht unwahrscheinlich gehalten. Im Übrigen hätte sich bei einer früheren Behandlung der Erkrankung eine günstigere Prognose für die Fünf-Jahres-Überlebensrate der Patientin ergeben, so das Gericht. red/wi

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