Von der Leyen weist Trumps Forderung brüsk zurück

WASHINGTON · Einen Tag nach dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Washington hat US-Präsident Donald Trump überraschend mit finanziellen Forderungen nachgelegt: Deutschland schulde der Nato und den USA "riesige Summen" im Verteidigungsbereich, schrieb Trump am Samstagmorgen (Ortszeit) im Kurznachrichtendienst Twitter. Die Bundesregierung wies Trumps Vorwürfe gestern zurück. "Den USA muss mehr bezahlt werden für die gewaltige und sehr teure Verteidigung, die sie für Deutschland leisten", twitterte Trump.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hielt dagegen: "Es gibt kein Schuldenkonto in der Nato. Die zwei Prozent Verteidigungsausgaben, die wir Mitte der nächsten Dekade erreichen wollen, allein auf die Nato zu beziehen, ist falsch", erklärte sie gestern. Trumps neue Äußerungen warfen Fragen auf: Weder bezifferte er die angeblichen deutschen Ausstände, noch erklärte er, auf Grundlage welcher Verpflichtungen Deutschland den USA oder der Nato Geld schuldig geblieben sein könnte. Die Bundesrepublik zahlt wie jedes andere Mitgliedsland auch einen Beitrag an die Nato, der durch einen Verteilungsschlüssel festgelegt ist. Davon unabhängig haben sich die Nato-Mitglieder verpflichtet, ihre Verteidigungsausgaben schrittweise auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung anzuheben. Deutschland ist mit 1,2 Prozent von diesem Ziel deutlich entfernt; Merkel bekräftigte bei ihrem Treffen mit Trump die Zusage, das Zwei-Prozent-Ziel bis 2024 zu erreichen. Bei diesen Ausgaben handelt es sich ohnehin aber um Investitionen der Nato-Mitglieder in die eigenen Streitkräfte, wovon dann das Bündnis als Ganzes profitieren soll. Gemäß den Nato-Vereinbarungen kann keine Rede davon sein, dass einzelne Mitgliedsländer den USA oder der Nato dieses Geld "schulden", wie Trump in seinen Tweets nahezulegen schien. Auf diesen Umstand hoben auch Trumps Kritiker ab. "Tut mir leid, Herr Präsident, so funktioniert die Nato aber nicht", schrieb der frühere Botschafter der USA bei der Nato, Ivo Daaldar, auf Twitter. Die Verteidigung der Nato-Länder sei keine "Finanztransaktion", sondern eine "vertragliche Verpflichtung", die im Interesse der USA liege.

Ein weiterer Ex-Botschafter der USA bei der Nato, Douglas Lute, sagte, die Nato-Verträge seien "keine Rechnung mit einer Auflistung von Krediten und Ausständen". Bei der anvisierten Erhöhung der Verteidigungsausgaben handle es sich um ein "zehnjähriges Investitionsprogramm, und die Verbündeten machen langsam Fortschritte", sagte Lute. Das Nato-Ziel, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für die Verteidigung ausgeben, schaffen neben den USA bislang nur vier weitere Nato-Staaten.

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