China entrüstet über Südkoreas Raketenschild

Peking · Das amerikanische Abwehrsystem richtet sich vornehmlich gegen Nordkorea, kann aber auch chinesische Flugkörper abfangen.

China zeigt sich verärgert über den laufenden Aufbau eines US-Raketenschilds in Südkorea. "China wird entschlossene Maßnahmen ergreifen, um seine eigenen Sicherheitsinteressen durchzusetzen", sagte ein Sprecher der Außenministeriums gestern in Peking. Den USA und Südkorea drohte er mit "Konsequenzen".

Zu Wochenbeginn haben amerikanische Soldaten begonnen, in Südkorea das Raketenabwehrsystem namens THAAD einsatzbereit zu machen. THAAD steht für "Terminal High Altitude Area Defense". "Die Provokationen Nordkoreas, insbesondere der jüngste Raketentest, zeigen, dass die Stationierung vernünftig ist", sagte Harry Harris, der Oberkommandierende der amerikanischen Pazifiktruppen. "Wir stehen zu unseren Bündnispflichten gegenüber Südkorea." Die Regierung in Seoul hat dem Aufbau der Abwehreinrichtung im vergangenen Jahr zugestimmt.

Aus chinesischer Sicht richtet sich das hochmoderne System jedoch nicht in erster Linie gegen Nordkorea, sondern gegen die eigene Armee. THAAD ist in der Lage, Mittelstreckenraketen im Flug abzufangen. Damit ließe sich auch ein chinesischer Angriff auf die USA oder ihren Bündnispartner Japan neutralisieren. Die Störung des militärischen Gleichgewichts in der Region versteht Peking als unfreundlichen Akt.

Erste Konsequenzen bekam Südkorea zu Wochenbeginn bereits zu spüren. Peking heizte über die Staatsmedien den Nationalismus an. Die Reaktion der Bürger ließ nicht lange auf sich warten. "Ich bin kein Nationalist, aber wenn die USA unser Land mit Raketen bedroht, bin ich ganz Chinese", sagt ein Geschäftsmann in Peking. Er unterstütze die Empfehlung der chinesischen Tourismusbehörde, von Reisen nach Südkorea abzusehen. Der Einzelhandelskonzern Lotte bekam den Zorn Chinas am deutlichsten zu spüren. Das Unternehmen kommt aus Südkorea, beschäftigt in China jedoch 20 000 Mitarbeiter. Die örtlichen Filialen sehen sich in den vergangenen Tagen unter Beschuss. Zehn der Lotte-Kaufhäuser im Land mussten plötzlich schließen, weil sie Opfer von Hackerangriffen wurden oder Demonstranten die Zugänge blockiert habe. Ein Neubauprojekt des Unternehmens konnte wegen plötzlichen Brandschutzbedenken der Feuerwehr nicht eröffnen. Die Online-Handelsplattform Jumei Youpin verkündete: "Wir werden eher sterben, als künftig noch Lotte-Waren anzubieten."

Lotte ist zur Zielscheibe des Ärgers geworden, weil das Unternehmen dem Staat einen Golfplatz verkauft hatte, der nun Teil des Geländes mit der Raketenabwehranlage ist. "Der Landverkauf hat die Büchse der Pandora in Ostasien eröffnet", schrieb die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Zuvor hatten Videoportale in China alle südkoreanischen Fernsehserien aus dem Angebot geworfen.

Südkoreas Handelsminister Joo Hyung-Hwan nannte die Boykotte "bedauerlich". China ist Südkoreas wichtigster Handelspartner - einen längeren Konflikt mit dem großen Nachbarn kann sich die Volkswirtschaft des Landes nicht leisten.

Bereits im Jahr 2014 hat China laut gepoltert, als die USA eine vergleichbare Abwehranlage in Japan installiert hatten. Das neue System liegt noch deutlich näher an China. Die mächtigen Radarstationen von THAAD blicken tief in den chinesischen Luftraum hinein.

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