Trumps Sieg schockt deutsche Wirtschaft

Frankfurt · Nach Einschätzung des Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, wird der Wahlsieg Donald Trumps keine gravierenden Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben. Die meisten seiner Wahlversprechen werde er nicht umsetzen können, sagte Fratzscher im Gespräch mit SZ-Korrespondenten Stefan Vetter.

 An den Börsen stürzten die Kurse gestern zunächst ab, erholten sich dann aber wieder. Foto: Rumpenhorst/dpa

An den Börsen stürzten die Kurse gestern zunächst ab, erholten sich dann aber wieder. Foto: Rumpenhorst/dpa

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Die Saar-Wirtschaft sorgt sich nach dem Wahlsieg Donald Trumps um die Zukunft des Handels mit den USA. Eine Abschottung der US-Wirtschaft, wie Trump sie im Wahlkampf gefordert habe, "hätte negative Folgen für die saarländische Industrie, die allein im Jahr 2015 Waren für rund 1,5 Milliarden Euro in die USA exportiert hat", sagte Richard Weber , Präsident der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes (IHK). Die USA seien derzeit dritt-wichtigstes Abnehmerland für saarländische Güter. "Jede Behinderung des Warenaustauschs gefährdet dieses Exportgeschäft und damit Beschäftigung in wichtigen Industrieunternehmen unseres Landes", sagte Weber. Es sei zu hoffen, "dass sich die Verantwortlichen darauf besinnen, dass ein freier Handel nicht zuletzt auch im Interesse der US-Unternehmen ist". Saar-Handwerkskammerpräsident Bernd Wegner hofft, dass auch unter Trump "die wirtschaftlichen Beziehungen gezielt weiterentwickelt werden". Wie war ihre erste Reaktion nach dem Wahlsieg Trumps?

Fratzscher: Ungläubigkeit, Überraschung, Schock.

Die Börsen sind im Sinkflug, die Märkte extrem verunsichert. Droht uns ein weltwirtschaftlicher Einbruch?

Fratzscher: Nein. Wir sollten nicht in Panik verfallen. Es ist ein US-Präsident gewählt worden. In den USA gibt es eine starke Demokratie. Der US-Präsident ist nur so mächtig, wie es der Kongress und die politische Regierung zulassen.

Aber auch das Parlament ist von Trumps Partei, den Republikanern dominiert.

Fratzscher: Auch in der Vergangenheit hatten US-Präsidenten eine Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat. Trotzdem konnten sie längst nicht alles umsetzen, was sie wollten. Viele Republikaner wollten Trump ja noch bis zum Schluss verhindern. Und sie wollen auch wiedergewählt werden. Die Verunsicherung an den Märkten wird noch eine Weile andauern. Aber die negativen Auswirkungen werden moderat bleiben.

Sehen Sie Parallelen zum Brexit in Großbritannien?

Fratzscher: Ja, zweifellos. Auch als der Brexit wahr wurde, gab es wilde Spekulationen über einen wirtschaftlichen Niedergang. Wobei man allerdings sagen muss: Der Brexit ist wesentlich schädlicher für die britische Wirtschaft als ein US-Präsident Trump für die amerikanische.

Trump ist ein Gegner des Freihandels. Er will Strafzölle verhängen, um US-Produkte daheim wieder attraktiver zu machen. Warum sollte er das nicht umsetzen?

Fratzscher: Die Republikaner stehen dem Freihandel generell positiver gegenüber als die Demokraten. Und ohne den Kongress läuft wie gesagt nichts. Schon deshalb wird Trump die meisten seiner Wahlversprechen nicht halten können. Übrigens: Auch Hillary Clinton hat sich gegen TTIP ausgesprochen.

Die USA sind für Deutschland der wichtigste Handelspartner. 2015 lag der Wert der deutschen Exporte bei knapp 114 Milliarden Euro und damit auf einem neuen Rekordniveau. Kommt das jetzt ins Rutschen?

Fratzscher: Auch hier rechne ich nicht mit größeren Einschnitten. Selbst Trump wird bewusst sein, dass Europa und besonders Deutschland ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die USA sind. Amerikanische Unternehmen sind auf deutsche Maschinen und andere deutsche Produkte angewiesen. Da gibt es kaum Alternativen. Solange die US-Wirtschaft nicht in eine Rezession verfällt, womit ich nicht rechne, werden sich die deutschen Exporte weiter robust entwickeln.

Analysten haben bereits errechnet, wieviel Geld eine Wirtschaftspolitik à la Trump jeden Bundesbürger kosten könnte: knapp 35 000 Euro ...

Fratzscher: Das ist ein wildes Horrorszenario, das jeder Grundlage entbehrt. Wirtschaftlich sitzen alle entwickelten Staaten in einem Boot. Die Globalisierung lässt sich nicht kurzerhand zurückdrehen. Das wird auch Trump trotz seiner gegenteiligen Wahlkampfrhetorik merken. Er ist ja selbst Unternehmer. Mit Protektionismus ist auch der US-Wirtschaft nicht geholfen.

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