Mehr Tempo bei der Abschiebung

Berlin/München · Die Bundesregierung will ihre Asylpolitik weiter verschärfen. Das stößt bei der Opposition auf Kritik. Der CSU indes ist das noch nicht genug.

 Ausreisepflichtige sollen künftig schneller das Land verlassen. Dies und andere Verschärfungen wurden gestern vom Kabinett verabschiedet. Foto: dpa

Ausreisepflichtige sollen künftig schneller das Land verlassen. Dies und andere Verschärfungen wurden gestern vom Kabinett verabschiedet. Foto: dpa

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(dpa) Die Bundesregierung will Ausländer ohne Bleiberecht konsequenter abschieben und sogenannte Gefährder besser kontrollieren. Das ist das Ziel eines gestern vom Kabinett verabschiedeten Gesetzentwurfs. Besonders umstritten sind Pläne, Handydaten von Asylbewerbern auszuwerten, um deren Identität zu klären. Eine für gestern Abend erwartete Sammelabschiebung nach Afghanistan stieß auf massive Kritik.

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte die Verschärfung der Abschiebepraxis. Wenn Ausreisepflichtige nicht freiwillig in ihr Heimatland zurückkehrten, müsse die Abschiebung ein "mögliches und richtiges Mittel" bleiben, sagte er. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Gefährder, denen Anschläge und andere schwere Straftaten zugetraut werden, leichter in Abschiebehaft genommen werden können. Sie sollen auch durch elektronische Fußfesseln am Untertauchen gehindert werden können. Die Höchstdauer des Abschiebegewahrsams wird von vier auf zehn Tage verlängert.

Wer falsche Angaben über seine Identität macht, muss mit Einschränkungen seiner Bewegungsfreiheit rechnen. Ebenso muss diesen Ausreisepflichtigen der Widerruf einer Duldung nicht mehr angekündigt werden, auch wenn sie bereits ein Jahr lang geduldet in Deutschland sind.

Zudem soll das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Möglichkeit erhalten, Handys und andere Datenträger von Asylbewerbern auszulesen. De Maizière betonte, ein derartiges Vorgehen sei nicht neu. Die Ausländerbehörden hätten bereits heute solche Befugnisse.

Die beschlossene Verschärfung des Asylrechts löst nach Ansicht von CSU-Chef Horst Seehofer nicht die gegenwärtigen Probleme bei der Zuwanderung. "Das reicht natürlich nicht", sagte er in München. Die CSU würde sich nach wie vor wünschen, dass bereits an den Grenzen über die Asylanträge entschieden werde, "in kürzerer Zeit und rechtsstaatlich einwandfrei".

Viele Verbände und Hilfsorganisationen lehnen die Regierungspläne ab: Die Organisation Pro Asyl kritisierte, mit dem Gesetz drohe eine "Brutalisierung der Abschiebepraxis" und der "gläserne Flüchtling". Der Deutsche Anwaltverein (DAV) nannte den neu geschaffenen Haftgrund für Gefährder "unlogisch und unnötig". Schon jetzt könne die Haft in Ausnahmefällen auf insgesamt 18 Monate verlängert werden. Auch bei den Linken stoßen die Pläne auf große Vorbehalte. "Handys und Computer gehören zu dem besonders schützenswerten Bereich der Privatsphäre", sagte Parteichefin Katja Kipping der Deutschen Presse-Agentur.

Ungeachtet zahlreicher Proteste sollten gestern Abend etwa 50 Afghanen vom Münchner Flughafen aus in ihr Heimatland abgeschoben werden. Das sagte am Morgen eine Sprecherin der Polizei Oberbayern auf Anfrage. Zuvor hatte der Bayerische Rundfunk darüber berichtet. Es ist bereits die dritte Sammelabschiebung von abgelehnten Asylbewerbern seit Ende vergangenen Jahres.

Aus Sicht der Kritiker ist Afghanistan aber kein sicheres Land. Mehrere Bundesländer lehnen daher eine Beteiligung an der Aktion ab. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) sagte: "Sie sehen mich zutiefst enttäuscht von der Position der Bundesregierung."

Zum Thema:

Gericht stoppt Abschiebung Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat eine für gestern Abend geplante Abschiebung eines türkisch-afghanischen Mannes nach Kabul gestoppt. Der Mann mit zwei Pässen war im Jahr 2000 eingereist und hatte erfolglos Asyl beantragt. Mit einer Türkin hat er zwei Kinder, von denen eines schwerbehindert ist. Der 11. Senat machte dabei das Grundrecht auf Schutz von Ehe und Familie geltend.

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